Rz. 32
Die Regelung über die Wirksamkeit der Befreiung in zeitlicher Hinsicht ist der Regelung des § 8 Abs. 2 SGB V nachgebildet. Die Befreiung wirkt nach Abs. 2 Satz 2 (auch für die berechtigten Angehörigen oder Lebenspartner) vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen in Anspruch genommen wurden, andernfalls vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt.
Beginn der Versicherungspflicht nach § 20 Abs. 3: |
1.1. |
Antragsfrist vom |
1.1. bis 31.3. |
Antrag auf Befreiung: |
25.2. |
Pflegeleistungen wurden vom |
10.1. bis 20.2. |
beansprucht. |
|
Wirkung der Befreiung: |
1.3. |
Rz. 33
Die Wirksamkeit der Befreiung mit Rückwirkung vom Beginn der Versicherungspflicht nach § 20 Abs. 3 an bewirkt, dass diese letztlich erst gar nicht entsteht. Dies entspricht, ungeachtet des Zeitpunkts der Befreiungsentscheidung, den gesetzlichen Voraussetzungen des Eintritts der Versicherungspflicht und der Forderung nach einer adäquaten privaten Absicherung für das Befreiungsrecht. Insoweit kann eine vor- oder frühzeitige Antragstellung Unklarheiten über den zuständigen Leistungsträger im Falle des Eintritts von Pflegebedürftigkeit vermeiden.
Rz. 34
Dagegen ist die Verschiebung des Wirksamkeitsbeginns einer Befreiung auf den Beginn des Folgemonats nach Antragstellung, wenn Leistungen in Anspruch genommen wurden, offensichtlich auf die Unklarheiten über den zuständigen Leistungsträger zurückzuführen und soll Rückabwicklungen des Versicherungsverhältnisses vermeiden. Erforderlich ist die (tatsächliche) Inanspruchnahme von Leistungen der Pflegeversicherung. Ob dies durch den freiwillig Krankenversicherten oder seine familienversicherten Angehörigen, die selbst anspruchsberechtigt sind, erfolgt war, ist unerheblich. Die Befreiung wirkt dann immer erst ab Beginn des Kalendermonats, der auf die Antragstellung folgt. Dies gilt unabhängig davon, in und für welche Zeiträume zuvor Leistungen in Anspruch genommen worden waren.
Rz. 35
Auch die in Abs. 2 Satz 3 angeordnete Unwiderruflichkeit der (ausgesprochenen) Befreiung ist der Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB V nachgebildet. Sie verhindert, dass die ausgesprochene Befreiung (rückwirkend oder für die Zukunft) wieder beseitigt wird. Diese ausdrückliche Anordnung der Unwiderruflichkeit gilt daher sowohl für die Fälle des § 46 SGB X als auch des § 47 SGB X im Verhältnis zum Antragsteller als auch zur Pflegekasse und damit auch unabhängig von der Frage, ob die Befreiung einen begünstigenden oder ein nicht begünstigenden Verwaltungsakt darstellt.
Rz. 36
Die angeordnete Unwiderruflichkeit der förmlich ausgesprochenen Befreiung durch einen Befreiungsbescheid betrifft zunächst einmal die Fälle der unveränderten Verhältnisse. Dies dürfte unzweifelhaft während der Zeit der Fall sein, in der die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung als Befreiungsanlass und -tatbestand fortbesteht; also auch bei einem Krankenkassenwechsel. Aufgrund der mit Bußgeld sanktionierten Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des privaten Krankenversicherungsvertrages (Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 121 Abs. 1 Nr. 1) ist auch davon auszugehen, dass die Kündigung des privaten Pflegeversicherungsvertrages durch den Pflegeversicherungsbefreiten oder die Herbeiführung der Kündigung durch Nichtzahlung der Versicherungsprämien nicht dazu führt, dass die Befreiung ihre Wirkung verlieren soll.
Rz. 37
Ansonsten lässt die Regelung nicht erkennen, wann die ausgesprochene Befreiung ihre Wirkung verliert. In der Gesetzesbegründung wird darauf hingewiesen, dass dies der Fall sein soll, wenn z. B. wieder Pflegepflichtversicherung nach § 20 oder wegen Veränderung der Verhältnisse eine Familienversicherung in der sozialen Pflegeversicherung eintritt (BT-Drs. 12/5952 S. 37 f.). Diese Auffassung lässt sich allenfalls daraus begründen, dass für die Pflichtversicherten nach § 20 allgemein keine Befreiungsrechte bestehen und daher das Ausnahmerecht der Befreiung zur Wahl des Pflegversicherungsträgers für freiwillig Krankenversicherte als solches daher auch in diesen Fällen nicht weiter bestehen bleiben soll.
Rz. 38
Folgt man der Auffassung der Gesetzesbegründung über ein Ende der Wirkungen der Befreiung, stellt sich verwaltungsverfahrensrechtlich die Frage, ob die ausgesprochene Befreiung sich infolge der Änderung der Verhältnisse kraft Gesetzes erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X) oder es einer förmlichen Aufhebung des Befreiungsbescheides als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wegen Änderung der Verhältnisse (§ 48 Abs. 1 SGB X) mit Wirkung für die Zukunft bedarf. Für eine Erledigung in sonstiger Weise (§ 39 SGB X) spricht hier, dass die Befreiung von der Pflegeversicherungspflicht nach § 20 Abs. 3 erfolgt und nur erfolgen kann und der private Pflegeversicherungsvertrag (nur) für die Zeit "solange sie krankenversichert sind" aufrecht erhalten werden muss. Dagegen spricht, dass die Befreiung zwar Pflegeversicherungspflicht nach § 20 Abs. 3 voraussetzt, die Wirkung der ausgesprochen...