Rz. 6
Die Abs. 2 bis 4 sollen die Belastungen der Arbeitgeber durch die mit der hälftigen Beitragstragung erhöhten Lohnnebenkosten kompensieren. Abs. 2 sieht zunächst die Aufhebung eines landesweiten Feiertags, der stets auf einen Werktag fällt, vor (sog. "Pflegekompromiss"). Mit Ausnahme des Bundeslandes Sachsen haben daraufhin alle Bundesländer einen Feiertag, konkret den Buß- und Bettag, aufgehoben.
Rz. 7
Für den Fall, dass ein Bundesland die am 31.12.1993 bestehende Anzahl der gesetzlichen landesweiten Feiertage nicht um einen auf einen Werktag fallenden Feiertag vermindert hat, sieht Abs. 3 Satz 1 vor, dass die in Abs. 1 genannten Beschäftigten die Beiträge in Höhe von 1 % allein tragen, wenn der Beschäftigungsort in diesem Bundesland liegt. Nachdem nur das Bundesland Sachsen einen Feiertag nicht abgeschafft hat, tragen nur die in Sachsen beschäftigten Arbeitnehmer die Beiträge i. H. v. 1 % allein. Für beihilfeberechtigte Versicherte beträgt der allein zu tragende Beitragssatz nach Abs. 3 Satz 2 nur 0,5 % (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 28 Abs. 2).
Rz. 8
Hinsichtlich des seit dem 1.7.1996 über den Beitragssatz von 1 % in der sozialen Pflegeversicherung hinaus gehenden Beitragsanteils gilt in Anwendung des Abs. 1 die hälftige Beitragstragung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das gilt nach Abs. 3 Satz 3 jedoch nur, soweit es sich nicht um eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einem monatlichen Arbeitsentgelt innerhalb des Übergangsbereichs nach § 20 Abs. 2 SGB IV handelt, für die Abs. 5 Satz 2 anzuwenden ist. Der Übergangsbereich umfasst Arbeitsentgelte aus mehr als geringfügigen Beschäftigungen, die den in § 20 Abs. 2 SGB IV genannten Betrag nicht überschreiten (sog. "Midi-Jobber"). Soweit nach der zum 1.10.2022 erfolgten Änderung des Abs. 5 in Abs. 3 Satz 3 noch immer auf Abs. 5 Satz 2 verwiesen wird, dürfte es sich um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers handeln. Insoweit wurde der in Abs. 5 zuvor enthaltene Satz 1 ersatzlos gestrichen und der bisherige Satz 2 neu gefasst. Er ist nunmehr der einzige Satz in Abs. 5. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Verweis auf Abs. 5 Satz 2 stattdessen als Verweis auf Abs. 5 zu verstehen ist, da sich der vorherige Regelungsgehalt hinsichtlich des Übergangsbereiches nicht geändert hat.
Rz. 9
Mit Urteil v. 30.9.1999 (B 8 KN 1/98 P R) hat das BSG bestätigt, dass Arbeitnehmer im Freistaat Sachsen durch die höheren von ihnen zu tragenden Beitragsanteile zur sozialen Pflegeversicherung im Vergleich zu Arbeitnehmern im übrigen Bundesgebiet nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt werden. Neben anderen denkbaren Ansätzen (Einschränkung der Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Verminderung der Urlaubstage bzw. deren Vergütung) wurde nach Auffassung des BSG die Aufhebung eines Feiertages lediglich als Wunsch, nicht als Gesetzesbefehl an die Landesregierungen herangetragen. Nach Auffassung des BSG liegt eine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor, da sich die Vor- und Nachteile im Ergebnis ausgleichen.
Ebenso ist es verfassungsgemäß, dass die Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge zahlen, wenn in dem entsprechenden Bundesland ein Feiertag aufgehoben wurde (BSG, Urteil v. 27.1.2000, B 12 KR 29/98 R) bzw. in einem Bundesland, das keinen gesetzlichen Feiertag gestrichen hat, der Arbeitgeber weniger als die Hälfte des Beitrags zur sozialen Pflegeversicherung zu tragen hat (vgl. BVerfG, Beschluss v. 11.6.2003, 1 BvR 190/00 und 1 BvR 191/00).
Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Aufhebung des Buß- und Bettages wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen. Eine mit Art. 3 GG nicht zu vereinbarende Benachteiligung konnte der Senat nicht feststellen. Zwar bestehe eine objektiv-rechtliche Institutionsgarantie, dass Sonntage und staatlich anerkannte Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erholung in angemessener Zahl gesetzlich zu schützen seien. Ein Anspruch darauf, bestimmte kirchliche Feiertage ganztägig als Tage der Arbeitsruhe auszuweisen und Arbeitnehmer von einer in einem Arbeitsvertrag eingegangenen Arbeitsverpflichtung freizustellen, folge aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG jedoch nicht (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss v. 18.9.1995, 1 BvR 1456/95). Eine Verfassungsbeschwerde beim Berliner Verfassungsgerichtshof gegen die entsprechenden Bestimmungen führte ebenfalls nicht zum Erfolg (vgl. BerlVerfGH, Beschluss v. 16.8.1995, VerfGH 1/95).
Rz. 10
Nach Abs. 3 Satz 4 erhöhen sich die Beiträge der Beschäftigten nicht, wenn die Bundesländer im Jahr 2017 den Reformationstag einmalig zu einem gesetzlichen Feiertag erheben. Die Regelung wurde zum 1.1.2015 eingefügt, da die Bundesländer, in denen der Reformationstag kein gesetzlicher Feiertag ist, im Jahr 2017 zum 500-jährigen Jubiläum den Reformationstag einmalig zu einem gesetzlichen Feiertag erheben wollten. Die Regelung stellt klar, dass sich dadurch der Arbeitnehmeranteil zur Pflegeversicherung nicht erhöht (vgl. BT-Drs. 18/1798 S. 39). Nach Ablauf...