BSG-Fundstelle

19.9.2019, B 12 R 25/18 R

(BSGE 129, 95-106; SozR 4-2400 § 7 Nr. 43;USK 2019-62;
Die Beiträge, Beilage 2020, 3-14; Breith. 2020, 305-315)
Sachverhalt
  • Familien-GmbH
  • Gesellschafter: Ehemann (23 % Kapitalanteil), Ehefrau (26 % Kapitalanteil) und Bruder der Ehefrau (51 % Kapitalanteil)
  • alle Gesellschafter sind alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer
  • getrennte Verantwortungsbereiche für Bruder der Ehefrau (Werkstattleiter, After Sales), Ehemann (Leiter Neu- und Gebrauchtfahrzeuge), Ehefrau (Kaufmännische Abteilung/Buchhaltung)
  • Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit, ausnahmsweise mit Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen
  • Ehemann und Ehefrau bürgen für Verbindlichkeiten der GmbH i.H.v. 850.000 EUR bzw. 250.000 EUR
  • alle Gesellschafter bürgen gemeinsam für Verbindlichkeiten i.H.v. 50.000 EUR
  • Ehemann und Ehefrau mit Geschäftsführervertrag (jährliche feste Vergütung, zahlbar in 13 gleichen Monatsraten, Reisekostenerstattung, PKW, Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall)
Entscheidung Abhängige Beschäftigungsverhältnisse
Urteilstenor/Begründung
  • Im Hinblick auf die Versicherungspflicht der Geschäftsführer von Familiengesellschaften besteht kein Vertrauensschutz in die sog. "Kopf-und Seele"-Rechtsprechung.
  • Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren Rechtsprechungsmaßstäben zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften gibt es nicht.
  • Der Ehemann verfügt über keine, die Ehefrau lediglich über eine "unechte" Sperrminorität und beide nicht über die für eine selbstständige Tätigkeit notwendige Rechtsmacht.
  • Die "unechte" Sperrminorität bezieht sich nicht allumfassend auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft, sondern nur auf bestimmte Bereiche und versetzt die Ehefrau damit nicht in die Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheit in Bezug auf ihre Geschäftsführertätigkeit zur Wehr zu setzen, die ihr nicht genehm sind.
  • Aus der Übernahme von Bürgschaften ergibt sich keine unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten bestehende Vergleichbarkeit mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer.
  • Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach dem Geschäftsführervertrag vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt.
  • Die Gewährung einer gewinnabhängigen Tantieme genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen.
  • Eine aus Gründen der Steuerersparnis gewählte gesellschaftsrechtliche Gestaltung ändert nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht.

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