Zusammenfassung
Professionelle Personalentwicklung braucht nicht nur operative Exzellenz, sondern muss ganzheitlich und strategisch gedacht und weiterentwickelt werden, um die notwendigen Kompetenzen für die Zukunft abzusichern und aufzubauen.
In diesem Beitrag erfahren Sie,
- Welche Entwicklungsstufen die Personalentwicklung durchlaufen hat und welche Ausrichtung für die Zukunft zu erwarten ist,
- welche aktuell-operativen und langfristigen Entwicklungen erforderliche Veränderung der strategischen PE untermauern,
- was dies konkret für eine zukunftsfähige Personalentwicklung mit Blick auf Ausrichtung, Rollen, Produkte und Dienstleistungen bedeutet,
- und wie Sie eine erste Lagebewertung für Ihr Unternehmen vornehmen , die Dringlichkeit Ihres Handlungsbedarfs abschätzen und mögliche erste Schritte ableiten können.
1 Entwicklungsstufen und Selbstverständnis der Personalentwicklung – Wo die Reise hingeht
Fachhistorisch betrachtet hat Weiterbildung und Personalentwicklung verschiedene Entwicklungsstufen durchlaufen. Während in den frühen Jahren der systematisch realisierten Profession strukturierte Bildungsangebote primär auf den Ansatz der allgemeinen, meist fachlich-inhaltlichen Wissensvermittlung setzte, ist dieser Ansatz schon bald um die soziale und methodische Wissenserweiterung ergänzt worden. In beiden Fällen allerdings geprägt durch eine primär kognitive Entwicklung in den verschiedenen Stufen des Verstehens und Beurteilens.
Spätestens seit Mitte der 70er Jahre kann es als – zumindest theoretisch – als gesichert gelten, dass erst im Zusammenspiel von "Kopf, Herz und Hand" nachhaltige Entwicklung stattfindet, welche auch mehr als nur eine veränderte Artikulation hervorbringt und schließlich in verändertem Verhalten mündet.
Der Zuwachs an Erkenntnissen rund um das Lernen, weiteres Methoden-Know-how – und u. a. auch das Thema Digitalisierung – hat großartige Evolutionssprünge in der Profession des wirksamen Lernens hervorgebracht.
Professionelle Personalentwicklung der neueren Zeit hat sich bislang in zwei Arten des Selbstverständnisses ausgeprägt:
- Auf der einen Seite die "traditionelle", personenorientierte Personalentwicklung, welche sich an den Potenzialen, Stärken und Schwächen eines Lerners und seiner Kompetenzen orientiert und deren Nutzbarkeit im Unternehmen untersucht.
- Auf der anderen Seite steht die "strategieumsetzende Personalentwicklung", welche vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass nicht mehr der Lernende, sondern die Bedarfe des Unternehmens Ausgangspunkt für Entwicklungsmaßnahmen sind und nach Kandidaten sucht, die eine günstige Entwicklungsprognose aufweisen.
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Gerade der zweitere Ansatz galt lange als "Königsklasse" professioneller Personalentwicklung.
Dieser lang bewährte Ansatz erfährt aktuell eine Disruption. Nach wie vor wird Personalentwicklung eine unternehmerische, betriebswirtschaftliche Aufgabe der personellen Zukunftssicherung sein – allerdings nicht mehr mit ausschließlichem Blick auf die strategischen Bedarfe des Unternehmens, sondern vor allem mit einer Lerner-zentrierten Individualisierung der Personalentwicklung.
Die Perspektive zeigt in die Richtung, dass individuelle Entwicklungspotenziale identifiziert werden und mit maßgeschneiderten Maßnahmen eine "Urbarmachung" individueller Ressourcen zum Nutzen von Mitarbeitern und Organisation im Fokus künftiger PE-Arbeit stehen wird.
Dabei handelt es sich nicht um eine Um- oder Rückkehr von strategischer zu klassischer Personalentwicklung. Es handelt sich vielmehr um eine Fusion der performanceorientierten, systemischen Personal- und Organisationsentwicklung mit der Personalentwicklung, deren Fokus individuelle Stärken, Potenziale und Werthaltungen zum Ausgangspunkt hat. Daraus ergibt sich ein neuartiger Ansatz, welcher bisherige Vorgehensweisen und gelernte Fähigkeiten und Kompetenzen ebenso wie die Funktionseinheit auf neue Beine stellt, eine Art "personenbezogene Entwicklungsmanufaktur".
Ein derart gravierender Eingriff in die bis dato bewährten Arbeitsweisen wirft natürlich die Frage auf: Lohnt dieser Invest in eine Neuausrichtung der PE oder handelt es sich um ein aktuell trendbedingtes Strohfeuer?
2 Warum die Individualisierung der PE mehr als nur eine kurzlebige Reaktion auf aktuelle Trendentwicklungen ist
Aktuell ist allerorten von einem Fachkräftemangel zu hören. Die exakt zu den Anforderungen passenden Kandidaten sind auf dem Arbeitsmarkt schwer zu finden oder gar nicht verfügbar. Gelingt es dennoch Bewerber zu finden, denen man mittels Einarbeitung, weiterer Qualifizierung und kontinuierlicher Entwicklung eine zielführende Wahrnehmung der Verantwortung zutraut, mangelt es häufig an geeignetem Personal, welches eben diese Einarbeitung, Qualifizierung und Entwicklung vornimmt.
Die technisch-digitalen Alternativen zur Unterstützung einer eigenverantwortlichen Entwicklung versprechen derzeit noch mehr als sie tatsächlich leisten und tragen den veränderten Anforderungen an Geschwindigkeit des Lernens noch nicht im erforderlichen Maß Rechnung.
Betracht man die demographische Entwicklung in den reifen Volkswirtschaften, die Halbwertszeit des Wissens, sich immer schneller ändernde (und schlechter prognostizierbare) Anforderungen von Markt und Kun...