Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat. Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Dabei genügt die vertragliche Festlegung einer "Mindestdauer" mit i.Ü. variabler Bandbreite; die Grenzen einer solchen Regelung ergaben sich bislang nicht aus § 12 TzBfG, sondern über die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des BAG durfte der variable Anteil 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestdauer nicht überschreiten. § 12 Abs. 2 TzBfG entspricht diesen Vorgaben. Bei Vereinbarung einer Höchstarbeitszeit darf der variable Anteil dementsprechend höchstens 20 % betragen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Fehlt es an einer solchen ausdrücklichen vertraglichen Festlegung, kann eine davon abweichende Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die Fiktion des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG im betreffenden Arbeitsverhältnis keine sachgerechte Regelung darstellt und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss in Kenntnis der Regelungslücke eine höhere oder niedrigere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart hätten. Für eine solche (konkludente) Vertragsänderung reicht aber das Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten, erst nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegenden und scheinbar willkürlich gegriffenen Zeitraum nicht aus.
Ist die tägliche Dauer der Arbeitszeit nicht festgelegt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer jeweils für mindestens 3 aufeinander folgende Stunden zur Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen. Der Arbeitnehmer ist bei einer solchen Vereinbarung gemäß § 12 Abs. 3 TzBfG zur Arbeitsleistung nur verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens 4 Tage im Voraus mitgeteilt hat und die Arbeit innerhalb des "Referenzrahmens" liegt.
Die Vereinbarung über die Abrufarbeit muss gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 TzBfG zwingend den Zeitrahmen (sog. "Referenzrahmen") festlegen, in welchem der Arbeitgeber auf seine Aufforderung hin die Arbeit stattfinden lassen kann. Dieser Referenzrahmen ist zu unterscheiden von der oben erläuterten Regelung zum Umfang der Abrufarbeit samt ihrem Flexibilitätskorridor: gemeint ist die Festlegung von zeitlichen Referenzstunden (z. B. zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr) und Referenztagen (z. B. zwischen Montag und Donnerstag oder Dienstag und Freitag), innerhalb derer die Arbeit zu erbringen ist. Die Nichteinhaltung des festgelegten Referenzrahmens beim Abruf der Arbeit begründet ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers.
Für ab dem 1.8.2022 neu begründete Arbeitsverhältnisse muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Vereinbarung von Abrufarbeit – neben den allgemeinen Dokumentationspflichten des novellierten Nachweisgesetzes – die folgenden Informationen spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich aushändigen:
- die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat,
- die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
- der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist,
- die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat.
In bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen ist der Nachweis auf Verlangen des Arbeitnehmers entsprechend § 5 Satz 1 NachwG am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen.