Zusammenfassung
Das Territorialitätsprinzip (in der Arbeitswelt auch Beschäftigungslandprinzip genannt) bestimmt, welches Recht auf welche Personen an welchem Ort anwendbar ist. Im Bereich der Sozialversicherung gelten die versicherungsrechtlichen Vorschriften des Staates in dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Die Vorschriften gelten sowohl bei der versicherungsrechtlichen Zuordnung als auch bei der Leistungsgewährung. Auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht ist der räumliche Geltungsbereich der deutschen Arbeitsrechtsgesetzen grundsätzlich auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt, da die Souveränität des Staates durch die Landesgrenzen begrenzt ist; gleichwohl können sich von diesem Grundsatz beschränkte Ausnahmen ergeben.
Sozialversicherung: Das Territorialitätsprinzip ist in § 3 SGB IV geregelt. Der Grundsatz wird durch die Ausstrahlung (§ 4 SGB IV), die Einstrahlung (§ 5 SGB IV) und das über- und zwischenstaatliche Recht (§ 6 SGB IV) durchbrochen.
Arbeitsrecht
1 Allgemeines
Sowohl lokale Unternehmen als auch weltweit tätige Arbeitgeber haben in erster Linie die am Einsatzort jeweils geltenden arbeitsrechtlichen Regelungen zu beachten. Diese ergeben sich aus den nationalen Arbeitsrechtsgesetzen des jeweiligen Landes. Nach dem Territorialitätsprinzip ist der räumliche Geltungsbereich dieser Regelungen grundsätzlich auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt. Aufgrund nationaler wie bilateraler oder multinationaler Regelungen können sich aber Ausnahmen ergeben, die
- eine Einstrahlung (einer ausländischen Rechtsordnung auf das inländische Recht) oder
- eine Ausstrahlung (des inländischen Rechts auf die ausländische Rechtsordnung) vorsehen.
Insbesondere bei nachfolgenden Gesetzen stellt sich bei grenzüberschreitenden Sachverhalten immer wieder die Frage der Anwendbarkeit:
2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Für das KSchG gilt: Arbeitnehmer, die in ausländischen Betriebsstätten eines deutschen Unternehmens beschäftigt sind, werden bei der Ermittlung der Anwendbarkeit nicht mitgezählt, da sie auch nicht vom Anwendungsbereich deutscher Gesetze umfasst sind.
Hat ein ausländisches Unternehmen auch Betriebe in Deutschland, kommt es für die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer nur auf die in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer an, nicht aber auf die Arbeitnehmer, die im Ausland beschäftigt sind.
3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
Für den örtlichen Geltungsbereich des BetrVG gilt, dass der Betriebssitz sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befinden muss. Für einen im Ausland gelegenen Betrieb eines deutschen Unternehmens gilt das BetrVG nicht, selbst wenn mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart worden ist oder diese die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Die in einer ausländischen Betriebsstätte Beschäftigten werden auch nicht von einem deutschen Betriebsrat vertreten.
Für in Deutschland gelegene Betriebsstätten ausländischer Unternehmen gilt das BetrVG, wenn sie entweder die Voraussetzungen für organisatorisch eigenständige Betriebe oder betriebsratsfähige Betriebsteile erfüllen. Diese können dann – unabhängig von der Rechtswahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer – einen Betriebsrat errichten.
4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)
Als Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzgesetzes beschränkt sich der räumliche Geltungsbereich der Bestimmungen des ArbZG auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Anknüpfungspunkt ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer sich während der Arbeitszeit aufhält. Daher gilt das ArbZG auch für ausländische Arbeitnehmer, die (wenn auch nur vorübergehend) von ihrem Arbeitgeber in Deutschland beschäftigt werden. Umgekehrt gilt das ArbZG grundsätzlich nicht für diejenigen deutschen Arbeitnehmer, die im Ausland beschäftigt werden.
In diesem Zusammenhang sei auch die Entgeltfortzahlung erwähnt: Zunächst sind für die Beurteilung eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nach EFZG der Wohnort des Arbeitnehmers und dessen Staatsangehörigkeit nicht maßgeblich. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung dem EFZG erfordert, dass diese Norm auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbar ist und die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Anwendbarkeit der Norm hängt davon ab, ob das konkrete Arbeitsverhältnis dem deutschen Arbeitsrecht unterliegt. Ist deutsches Arbeitsrecht weder per Rechtswahl vereinbart noch nach objektiver Anknüpfung anwendbar, greift § 2 EFZG nicht. Es könnte dann aber eine vergleichbare Regelung nach dem anzuwendenden ausländischen Recht Anwendung finden. Wenn § 2 EFZG anzuwenden ist, so ist zu differenzieren:
- Ist am betreffenden Tag die Arbeit in Deutschland zu verrichten und entfällt hier die Arbeitspflicht nach dem ArbZG, besteht ein Anspruch nach EFZG.
- Ist die Arbeit im Ausland zu verrichten, findet das ArbZG keine Anwendung, da diese Norm nur gesetzliche Feiertage in Deutschland erfasst.
Entfällt die Arbeitspflicht aber aufgrund einer ausländischen gesetzlichen Regelung ist der Arbeitnehmer in gleichem Maße schutzwürdig: Er hält sich aufgrund arbeitgeberseitiger Weisung im Ausland auf, kann aber aufgrund eines (auslä...