Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und Kinderbetreuungskosten bei Betreuung des Kindes im paritätischen Wechselmodell
Leitsatz (redaktionell)
1. Kinderbetreuungskosten können nur von demjenigen abgezogen werden, der sie getragen hat. Dies gilt auch dann, wenn das Kind im paritätischen Wechselmodell von beiden Eltern betreut wird.
2. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann nicht zwischen mehreren Anspruchsberechtigten aufgeteilt werden. Treffen die Berechtigten hinsichtlich des Entlastungsbetrags keine Bestimmung untereinander, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld gezahlt wird.
3. Die alleinige Zuordnung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende lediglich zu einem Elternteil und die Unzulässigkeit einer Aufteilung verstoßen auch im Falle des Wechselmodells (bei annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme des Kindes in beide Haushalte) nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 5, §§ 24b, 64 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind die Berücksichtigung eines Entlastungsbetrages für Alleinerziehende, die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten und eines hälftigen Kinderfreibetrages.
Der ledige Kläger erzielte im Streitjahr 2015 Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus nichtselbstständiger Arbeit. Bis zum 5. September 2015 unterhielt er mit seinem am 8. Februar 2009 geborenen Sohn und dessen Mutter einen gemeinsamen Hausstand. Danach zog die Mutter aus der gemeinsamen Wohnung aus. Der Sohn blieb weiterhin beim Kläger gemeldet. Außerdem erfolgte auch eine Anmeldung des Wohnsitzes des Kindes bei der Kindsmutter. Seit dem Auszug der Kindsmutter aus der gemeinsamen Wohnung wird das sogenannte Wechselmodell praktiziert, wonach der gemeinsame Sohn wechselseitig eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Kläger lebt.
Mit seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger die Gewährung eines Entlastungsbetrages für Alleinerziehende. Außerdem machte er Aufwendungen für Kinderbetreuungskosten für seinen Sohn in Höhe von 690 EUR (½ von 1.180 EUR) geltend. Am 29. November 2016 erging der Einkommensteuerbescheid für 2015 ohne Berücksichtigung des beantragten Entlastungsbetrages für Alleinerziehende und der geltend gemachten Kinderbetreuungskosten.
Gegen den Einkommensteuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein und erweiterte diesen um die Anerkennung des hälftigen Kinderfreibetrages. Der Beklagte wies den Einspruch am 2. November 2018 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 2/3 der Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, als Sonderausgaben abzugsfähig seien. Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen sei, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei. Bei nicht verheirateten dauernd getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern sei derjenige Elternteil zum Abzug von Kinderbetreuungskosten berechtigt, der die Aufwendungen getragen habe und zu dessen Haushalt das Kind gehöre. Nachweislich seien im Jahr 2015 für den Sohn des Klägers Kinderbetreuungskosten in Form von Kindergarten- und Hortgebühren gezahlt worden. Die vorgelegten Rechnungen bzw. der Gebührenbescheid lauteten auf den Kläger und die Kindsmutter. Getragen worden seien diese Kosten jedoch durch Überweisung allein vom Konto der Kindsmutter. Der Kläger habe trotz Aufforderung keine Nachweise darüber vorgelegt, dass er sich an den Kosten beteiligt bzw. der Kindsmutter die Gebühren anteilig erstattet habe.
Bezüglich des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende führte der Beklagte aus, dass nach § 24b Abs. 1 Satz 1 EStG alleinstehende Steuerpflichtige, zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehöre, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zustehe, von der Summe der Einkünfte einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.308 EUR abziehen könne. Die Zugehörigkeit zum Haushalt sei nach § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des alleinstehenden Steuerpflichtigen gemeldet sei. Sei das Kind bei mehreren alleinstehenden Personen gemeldet, stehe der Entlastungsbetrag demjenigen zu, der das Kind tatsächlich in seinen Haushalt aufgenommen habe. Sei das Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte der alleinstehenden Eltern aufgenommen, könnten die Eltern – unabhängig davon, an wen das Kindergeld ausgezahlt werde – untereinander bestimmen, wer den Entlastungsbetrag erhalte. Ohne eine entsprechende Bestimmung werde der Entlastungsbetrag bei demjenigen Elternteil berücksichtigt, an den das Kindergeld ausgezahlt worden sei. Eine Aufteilung des Freibetrages sei nicht möglich. Der gemeinsame Sohn sei in der Wohnung des Klägers gemeldet. Durch das Wechselmodell, wonach ...