Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Annahmeverzugsentgelts. Keine Anrechnung von Entgeltforderungen auf eine Kommanditistenbeteiligung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bruttovergütung, die gem. § 615 Satz 1 BGB im Falle des Annahmeverzugs nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen ist, umfasst den Verdienst, den der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte. Der Anspruch umfasst daher alle Leistungen mit Entgeltcharakter, neben dem Grundgehalt somit auch Provisionen, Umsatzprämien, Urlaubsgeld und Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung.

2. Auf eine Kommanditistenbeteiligung können nur Einkünfte angerechnet werden, die nicht aus der Verwertung der Arbeitskraft resultieren.

 

Normenkette

BGB §§ 241-242, 612 Abs. 1, § 615 S. 1; BUrlG § 7 Abs. 4; KSchG § 11 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Gera (Entscheidung vom 19.11.2020; Aktenzeichen 5 Ca 264/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.01.2024; Aktenzeichen 5 AZR 331/22)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 19.11.2020 - 5 Ca 264/17 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die im Tenor zu Ziffer 2 und zu Ziffer 3 für die Monate Mai bis September 2014 zu zahlenden Zuschüsse zur privaten Krankenversicherung und Pflegeversicherung nicht "netto" geschuldet und dass Zinsen auf die Urlaubsabgeltung (Tenor zu Ziffer 5) erst ab 24.08.2016 zu zahlen sind.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen mit Ausnahme der Ansprüche auf Urlaubsabgeltung (Tenor zu Ziffer 5).

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Zahlung von Annahmeverzug für den Zeitraum Mai bis September 2014 sowie um Urlaubsabgeltungsansprüche aus den Jahren 2013 und 2014.

Die Klägerin wurde bei der Beklagten ab 01.01.1999 zunächst als leitende kaufmännische Angestellte eingestellt. Auf Basis des Geschäftsführervertrages vom 01.08.2002 (Bl. 10 ff. d. A.) war sie ab diesem Zeitpunkt bis zu ihrer Abberufung mit Gesellschafterbeschluss vom 29.10.2013, eingetragen im Handelsregister am 11.11.2013, als Geschäftsführerin tätig. Auch nach ihrer Abberufung war die Klägerin zunächst weiter für die Beklagte tätig. Das Gehalt von zuletzt 7.000,00 € brutto blieb unverändert. Auch die weiteren entgeltlichen Bedingungen des Geschäftsführervertrages vom 01.08.2002, unter anderem die Zahlung monatlicher Zuschüsse zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 443,29 € sowie zur privaten Pflegeversicherung in Höhe von 24,70 € wurden ausweislich der Gehaltsabrechnungen für Januar 2014 bis April 2014 (Bl. 14 bis 17 d. A.) fortgeführt. Nach § 2 Ziffer 2 Satz 2 des Geschäftsführervertrages war der Klägerin ein Urlaubsgeld in Höhe eines halben Monatsgehaltes, fällig mit der Gehaltszahlung Juli, zugesagt. Nach § 4 Ziffer 1 des Geschäftsführervertrages standen der Klägerin jährlich 30 Urlaubstage zu.

Die Klägerin war im hier interessierenden Zeitraum mit dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn A... B..., verheiratet. Die Eheleute legten in einer Trennungsvereinbarung fest, dass sie seit dem 23.07.2013 getrennt leben. Sie betrieben die Auseinandersetzung der Ehe.

Mit Schreiben vom 27.02.2014 (Bl. 205 d.A.) kündigte die Beklagte das bestehende Dienstverhältnis mit Wirkung zum 30.04.2014 und stellte die Klägerin mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei. Mit Schreiben vom 14.07.2014, 22.07.2014 und 29.09.2014 sprach die Beklagte weitere fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigungen aus, welche die Klägerin gerichtlich angriff. Im Kündigungsschutzverfahren (Arbeitsgericht Gera, 2 Ca 112/14) machte die Klägerin geltend, dass zwischen den Parteien nach ihrer Abberufung als Geschäftsführerin ein Arbeitsverhältnis zu den Konditionen des Geschäftsführerdienstvertrages bestand. Mit Urteil vom 29.01.2016 (Bl. 19 ff. d. A.) stellte das Arbeitsgericht Gera fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 27.02.2014, 14.07.2014 und 22.07.2014 nicht bzw. nicht fristlos aufgelöst wurde, und wies die Klage im Übrigen ab. Das Arbeitsgericht hielt die letzte fristlose Kündigung vom 29.09.2014 wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit für wirksam. Nach diesem Urteil endete das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 29.09.2014 mit ihrem Zugang am 01.10.2014. Mit Urteil vom 13.12.2018 wurde die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom Thüringer Landesarbeitsgericht zurückgewiesen (Az. 4 Sa 68/16, Bl. 443 ff. d. A.). Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 13.03.2014 wurde die ABC Gesellschaft für D... und F... GmbH (im Folgenden "ABC GmbH") gegründet und am 15.05.2014 im Handelsregister eingetragen. Alleiniger Gesellschafter war Herr C... D.... Ob es sich bei Herrn D... um den damaligen Lebensgefährten der Klägerin handelt, ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin wurde als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der ABC GmbH im Handelsregister eingetragen. Nach Umfirmierung der ABC GmbH in "ABC G... H... ...

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