Rz. 4

Unter Vorschüssen versteht man Vorauszahlungen des Arbeitgebers auf noch nicht verdienten Lohn.[1] Hierbei erhält der Arbeitnehmer eine Zahlung für eine Forderung, die entweder noch nicht oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist.[2] Der Arbeitgeber ist zur Vorschusszahlung ohne ausdrückliche oder konkludente Parteivereinbarung nicht verpflichtet. Etwas anderes kann in Ausnahmesituationen wie z. B. schwerer Erkrankung, Entbindung, Todesfall oder einer anderweitig nicht behebbaren finanziellen Notlage gelten.[3] Hier folgt aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ein Anspruch auf Zahlung des Vorschusses. Bei Vorschüssen handelt es sich um vorweggenommene Lohntilgungen, die bei der nächsten Lohnabrechnung ohne Aufrechnungserklärung in Abzug gebracht werden können. Da § 394 BGB keine Anwendung findet, kann der Arbeitgeber den Vorschuss auch auf den unpfändbaren Teil der Arbeitsvergütung verrechnen.[4] Handelt es sich dabei um die Bruttoarbeitsvergütung, schließt dies auch die Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung ein, da der Arbeitnehmer auch insofern eine Leistung erlangt hat.[5] Für Handlungsgehilfen ordnet § 87a Abs. 1 Satz 2 HGB einen gesetzlichen Vorschussanspruch an.

 

Rz. 5

Abschlagszahlungen sind Geldleistungen auf den bereits verdienten, aber noch nicht abgerechneten Lohn.[6] Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nur bis zu einer endgültigen Vergütung, die im Rahmen einer Endabrechnung bestimmt wird, zu erbringen sind; insoweit haben sie vorläufigen Charakter und bilden lediglich unselbstständige Rechnungsposten der abzurechnenden Gesamtleistung. So kann sich ein Anspruch auf Rückzahlung ergeben, wenn die als Abschlagszahlungen erbrachten Leistungen nach dem Ergebnis der endgültigen Abrechnung einen Überschuss an Abschlagsbeträgen ergeben.[7] Sie werden häufig bei schwankenden Bezügen erbracht. Anders als beim Vorschuss können Abschlagszahlungen erst nach Eintritt der Fälligkeit der Vergütung verlangt werden. Jedoch ist der Arbeitgeber zu ihrer Erbringung nicht verpflichtet. Ein gesetzlich geregelter Anspruch auf einen Abschlag findet sich nur für Seeleute in § 38 Abs. 2 Satz 3 SeeArbG.

 

Rz. 6

Von Vorschüssen und Abschlagszahlungen abzugrenzen sind Darlehen. Die Unterscheidung erfolgt nach objektiven Merkmalen und nicht nach der von den Parteien gewählten Bezeichnung.[8] Von einem Darlehen ist auszugehen, wenn der gezahlte Betrag wesentlich höher ist als die Leistungsvergütung. Weitere Indizien sind in der Voraussetzung eines besonderen Darlehensantrags sowie in der vollständigen Entgeltzahlung zum nächsten Termin zu sehen.

[1] BAG, Urteil v. 11.2.1987, 4 AZR 144/86, NZA 1987, 485; MünchKomm/Müller-Glöge, 8. Aufl. 2020, § 614 BGB Rz. 14.
[3] Herschel, BB 1954, 98; Staudinger/Richardi/Fischinger, 2019, § 614 BGB Rz. 28.
[4] BAG, Urteil v. 25.9.2002, 10 AZR 7/02, NZA 2003, 617; ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022, § 614 BGB Rz. 21.
[6] BAG, Urteil v. 23.8.2017, 10 AZR 376/16, NZA 2017, 1595, 1597; BAG, Urteil v. 23.8.2017, 10 AZR 97/17, ArbR Aktuell 2018, 15.
[7] BAG, Urteil v. 23.8.2017, 10 AZR 97/17, ArbR Aktuell 2018, 15; BGH, Urteil v. 23.5.2012, VIII ZR 210/11, NJW 2012, 2647.
[8] Jesse/Schellen, Arbeitgeberdarlehen, 15 ff.; MünchKomm/Müller-Glöge, 8. Aufl. 2020, § 614 BGB Rz. 22.

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