Rz. 11
Die Pflicht zur Anhörung besteht bei allen Kündigungen von Arbeitnehmern, soweit sie zur Belegschaft i. S. d. Gesetzes gehören, somit auch bei Betriebsangehörigen, auf deren Arbeitsvertrag ausländisches Recht anzuwenden ist.
Rz. 12
Nicht zu der vom Betriebsrat repräsentierten Belegschaft gehören die leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG. Eine Kündigung dieser Personen ist dem Betriebsrat nur rechtzeitig mitzuteilen (§ 105 BetrVG).
Bei Bestehen eines Sprecherausschusses (bzw. Unternehmenssprecherausschusses nach § 20 SprAuG) ist dieser vor jeder Kündigung eines leitenden Angestellten zu hören (§ 31 Abs. 2 Satz 1 SprAuG), ansonsten ist die Kündigung unwirksam (§ 31 Abs. 2 Satz 3 SprAuG). Ist zweifelhaft, ob ein Arbeitnehmer zu den leitenden Angestellten gehört, so empfiehlt es sich, vorsorglich eine Anhörung sowohl nach § 102 BetrVG als auch nach § 31 Abs. 2 SprAuG durchzuführen. Das gilt auch, wenn der leitende Angestellte unter § 5 Abs. 4 BetrVG fällt. Eine Mitteilung nach § 105 BetrVG ersetzt nicht die Anhörung des Betriebsrats.
Rz. 13
Der Betriebsrat ist auch vor der Kündigung eines Heimarbeitsverhältnisses zu hören, wenn der betroffene Heimarbeiter in der Hauptsache für den Betrieb arbeitet. Bei der Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers bedarf es vor dem Ausspruch der Kündigung keiner Betriebsratsanhörung.
Rz. 14
Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Betriebsinhaber und kündigt dieser das Arbeitsverhältnis wegen fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, ohne den Arbeitnehmer zuvor einem anderen Betrieb seines Unternehmens zuzuordnen, so ist zu dieser Kündigung kein Betriebsrat anzuhören, denn der Arbeitnehmer gehört keinem Betrieb mehr an. Es besteht hier auch keine Zuständigkeit des eventuell beim Arbeitgeber bestehenden Gesamtbetriebsrats.
Rz. 15
Soweit Arbeitnehmer im Auslandseinsatz dem Betrieb zugeordnet werden, ist der Betriebsrat zu beteiligen. Das gilt auch bei dauernder Auslandstätigkeit ohne Integration in einen Auslandsbetrieb. Hinsichtlich der Frage, ob eine Eingliederung in den inländischen Betrieb besteht, ist insbesondere darauf abzustellen, ob die Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers dem Betriebszweck des inländischen Betriebes dient und er dem Direktionsrecht des inländischen Betriebsinhabers unterfällt. Das LAG Niedersachsen führte hierzu aus, dass angesichts der zunehmenden internationalen Verflechtungen, der Globalisierung unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung, der zunehmenden Konzernstrukturen und Matrixstrukturen in Unternehmen die Anforderungen, die an die Ausstrahlung eines inländischen Betriebes an einen ausländischen Arbeitnehmer gestellt werden, im Interesse eines effektiven Arbeitnehmerschutzes herabgesetzt werden müssen. Entscheidend sei unabhängig von der Dauer eines Auslandseinsatzes, ob die Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers dem Betriebszweck des im Inland gelegenen Betriebes dient und darüber hinaus die Weisungsgebundenheit besteht, wobei hieran keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Ist der Arbeitnehmer demgegenüber nach Maßgabe dieser Kriterien in einen ausländischen Betrieb integriert, liegt keine Zuständigkeit des deutschen Betriebsrats vor. Sicherheitshalber sollte in der Praxis dennoch stets eine Anhörung des Betriebsrats des Betriebs erfolgen, in dem der Arbeitnehmer zuletzt in Deutschland gearbeitet hat.
Es gelten aber Besonderheiten, wenn ein zu einem inländischen Arbeitgeber in arbeitsvertraglicher Beziehung stehender Arbeitnehmer in den Betrieb eines anderen Unternehmens im Ausland eingegliedert und die Arbeitgeberstellung auf diese Weise "gespalten" ist. Für einen solchen drittbezogenen Personaleinsatz im Ausland gilt § 14 Abs. 1 AÜG entsprechend, da es für die Zuordnung zum betriebsverfassungsrechtlichen "Vertragsarbeitgeber" ohne Bedeutung ist, ob der Einsatz im In- oder Ausland stattfindet. Demnach ist der beim inländischen "Vertragsarbeitgeber" gegründete Betriebsrat anzuhören.
Rz. 16
Die Insolvenz schränkt die Beteiligungspflicht nicht ein. Der Betriebsrat ist auch zu hören, wenn der Betrieb stillgelegt wird, wobei ihm nur die Absicht der Stilllegung und der in Aussicht genommene Stilllegungszeitpunkt, nicht aber die wirtschaftlichen Hintergründe und Motive mitzuteilen sind.
Rz. 17
Auch für den Fall, dass ein Interessenausgleich mit Namensliste nach § 125 Abs. 1 InsO/§ 1 Abs. 5 KSchG zustande kommt, ist das Verfahren nach § 102 BetrVG nicht entbehrlich, es kann jedoch mit der Erstellung der Namensliste bzw. den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbunden werden. Die Feststellung nach § 126 InsO entbindet nicht von der Anhörungspflicht.