Rz. 79
Der Widerspruch muss dem Arbeitgeber innerhalb der Anhörungsfrist zugehen (vgl. Rz. 45, 47 ff.); bereits vorher ist ein Widerspruchsrecht ausgeschlossen, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zur Kündigung erteilt oder zu ihr abschließend Stellung genommen hat, auch wenn dies nur mündlich erfolgte. Bei lediglich mündlich geäußerten Bedenken kann er die Schriftform noch innerhalb der Wochenfrist nachholen.
Rz. 80
Aus dem Zusammenhang mit der Regelung in Abs. 2 ergibt sich, dass der Widerspruch der Schriftform bedarf und begründet sein muss. Zuständig für die Angabe der Widerspruchsgründe ist der Betriebsratsvorsitzende.
Für die Schriftform gilt nach der Rechtsprechung des BAG § 126 BGB nicht. Wie es im Zusammenhang mit § 99 Abs. 3 BetrVG entschieden hat, ist die eigenhändige Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden nicht erforderlich; es reicht eine (Fern-)Kopie. Dies dürfte dann auch hier gelten. Der Widerspruch eines Betriebsrats per E-Mail ist jedoch unwirksam.
Rz. 81
Nicht erforderlich ist die ausdrückliche Bezeichnung als Widerspruch oder der Hinweis auf die Regelung in Abs. 3. Es muss aber aus der Begründung eindeutig hervorgehen, welcher Art die Gegenvorstellungen des Betriebsrates sind. Nicht notwendig ist, dass der Widerspruchsgrund tatsächlich vorliegt. Der Betriebsrat muss eine konkrete auf den Einzelfall bezogene, mit Tatsachen belegte Begründung geben, aus der sich für einen mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Arbeitgeber ergibt, dass einer der in Abs. 3 abschließend genannten Widerspruchsgründe in Betracht kommt. Die formelhafte Wiederholung des Gesetzeswortlauts oder die Beschränkung auf allgemeine Erwägungen oder Leerformeln genügt nicht. Nicht notwendig ist, dass der Widerspruch schlüssig begründet ist. Es sind hier nach der Rechtsprechung recht enge Maßstäbe anzulegen. Der Arbeitgeber soll jedenfalls in der Lage sein, seine Kündigungsabsicht unter Berücksichtigung der Einwendung des Betriebsrats zu überprüfen, während es für das Gericht möglich sein muss, festzustellen, ob der Widerspruch offensichtlich unbegründet ist.
Beispiele
Ein ordnungsgemäßer Widerspruch soll fehlen, wenn der Widerspruch gegen eine krankheitsbedingte Kündigung in erster Linie mit allgemeinen sozialen Aspekten begründet wird oder der Betriebsrat seinen auf die fortbestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gestützten Widerspruch lediglich damit begründet, dass bestimmte Arbeiten im Betrieb von Subunternehmern aufgrund von Werkverträgen wahrgenommen werden. Der Betriebsrat muss konkret darlegen, auf welchem (freien) Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung in Betracht kommt, d. h. den Arbeitsplatz in zumindest bestimmbarer Weise angeben und den Bereich der Weiterbeschäftigung bezeichnen.
Rz. 82
Erhebt der Betriebsrat Bedenken gegen die Kündigung, so ist seine Erklärung im Regelfall als Widerspruch zu interpretieren, wenn sie auf Widerspruchsgründe gestützt wird, es sei denn, dass sich aus ihr eindeutig ergibt, dass der Betriebsrat die Kündigung trotzdem nicht ablehnt.
Rz. 83
Beanstandet der Betriebsrat die soziale Auswahl (Abs. 3 Nr. 1), so muss er die vergleichbaren Arbeitnehmer angeben, es sei denn, das Gewicht der Sozialdaten stellt bereits ein Indiz dafür dar, dass der Arbeitgeber die sozialen Grunddaten im Verhältnis zueinander fehlerhaft bewertet hat.
Grds. muss sich die Darlegung des Betriebsrats am Vortrag des Arbeitgebers orientieren: Hat der Arbeitgeber seine Auswahlüberlegungen dezidiert – etwa anhand eines Punkteschemas – mitgeteilt, so gebietet die Konkretisierungspflicht des Abs. 3 Satz 1 eine konkrete Stellungnahme, warum die Auswahlüberlegungen des Arbeitgebers nicht ausreichend sein sollen. Die Präzisierung des Arbeitgebers zwingt dann auch den Betriebsrat zur Präzisierung.
Rz. 84
Der Betriebsrat kann den Widerspruch zurücknehmen. Dies führt jedoch nicht zur Beseitigung seiner individualrechtlichen Folgen.