Rz. 651

Nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern bereits der schwerwiegende Verdacht einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung oder zur sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigten Arbeitnehmer bilden. Eine Verdachtskündigung liegt dann vor, wenn und soweit der Arbeitgeber eine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Der Verdacht einer Pflichtverletzung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist.

 

Rz. 652

Der Verdacht muss dringend sein und der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.[1] Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Im Rahmen der Anhörung darf sich der Arbeitgeber nicht nur auf pauschale Wertungen beschränken, sondern muss die für seinen Verdacht maßgeblichen Umstände darlegen, um dem Arbeitnehmer eine konkrete Stellungnahme hierzu zu ermöglichen.[2]

Da der Vertrauensverlust der eigentliche Kündigungsgrund ist, ist die Verdachtskündigung stets eine personenbedingte Kündigung. Denn ein schwerwiegender Verdacht einer Pflichtverletzung kann zum Verlust der vertragsnotwendigen Vertrauenswürdigkeit des Arbeitnehmers und damit zu einem Eignungsmangel führen, der einem verständig und gerecht abwägenden Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht.[3]

[3] BAG, Urteil v. 31.1.2019, 2 AZR 426/18, AP KSchG 1969 § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 38.

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