Rz. 745

Ein gegenüber der Beendigungskündigung milderes Mittel ist mit Blick auf § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG auch die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen. Aus dem ultima-ratio-Prinzip folgt somit der Vorrang der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer auch freie Arbeitsplätze mit einer geringeren Vergütung oder ansonsten schlechteren Arbeitsbedingungen, auf welche er kraft des Direktionsrechts nicht mehr versetzt werden kann, anbieten.

 
Hinweis

Ist im Kündigungszeitpunkt bereits absehbar, dass der Beschäftigungsbedarf auf der anzubietenden freien Stelle nur für einen begrenzten Zeitraum besteht, kommt eine Änderungskündigung mit dem Angebot einer nur befristeten Weiterbeschäftigung des vom Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes betroffenen, nach § 1 KSchG geschützten Arbeitnehmers in Betracht. Die nachträgliche Befristung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Wege einer Änderungskündigung ist durch § 2 KSchG nicht ausgeschlossen.

Deren soziale Rechtfertigung setzt allerdings voraus, dass sich die Befristung gemessen am Maßstab des § 14 Abs. 1 TzBfG ihrerseits als wirksam erweist. Scheidet eine Änderungskündigung aufgrund eines fehlenden Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 TzBfG aus, führt dies allerdings nicht zur Wirksamkeit einer Beendigungskündigung. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer vielmehr auf der Stelle (vorerst) weiterzubeschäftigen und kann dann nach Ablauf des Zeitraums und endgültigem Wegfall der Stelle betriebsbedingt kündigen.[1]

Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil des freien Arbeitsplatzes, bedarf es grundsätzlich keiner weitergehenden Prüfung, ob ihm die Tätigkeit zumutbar ist. Eine Änderungskündigung darf nur in "Extremfällen" unterbleiben. Wenn dem Arbeitnehmer eine Tätigkeit auf dem freien Arbeitsplatz nicht objektiv schlechthin unzumutbar ist, soll grundsätzlich er selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung zu veränderten, möglicherweise erheblich schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptiert oder nicht. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und ein derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter gehabt hätte.[2] Der Arbeitgeber ist allerdings, entgegen der älteren Rechtsprechung des BAG[3], nicht verpflichtet, mit dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Änderungskündigung eine konsensuale Lösung zu suchen. Er kann auch vor Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen, muss sich dann allerdings auf eine Änderungskündigung beschränken.[4]

Entscheidet sich der Arbeitgeber dazu, vor Ausspruch einer Kündigung ein Änderungsangebot zu unterbreiten und lehnt der Arbeitnehmer dieses Angebot ab, führt dies nicht dazu, dass der Arbeitgeber nun direkt zu einer Beendigungskündigung übergehen darf. Um die Rechte des Arbeitnehmers, insbesondere die aus § 4 Satz 1 KSchG resultierende Überlegungsfrist von drei Wochen zu wahren, darf der Arbeitgeber grundsätzlich nur eine Änderungskündigung aussprechen.

Nur wenn der Arbeitnehmer bei der Ablehnung des Vertragsänderungsangebots unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, dass er unter keinen Umständen, auch nicht unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung, bereit sein wird, zu den geänderten Arbeitsbedingungen zu arbeiten, ist eine Änderungskündigung entbehrlich. Denn die Ablehnung der einvernehmlichen Vertragsänderung schließt nicht aus, dass der Arbeitnehmer bereit ist, zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten, wenn sich in einem Änderungsschutzverfahren die Berechtigung der Änderung herausstellt.[5]

 

Rz. 746

Entschließt sich der Arbeitgeber zu einer Änderungskündigung, ist hinsichtlich der Frage, ob der Arbeitnehmer eine ihm angebotene Vertragsänderung billigerweise hinnehmen muss, entscheidend darauf abzustellen, ob sämtliche Änderungen geeignet und erforderlich sind, den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsbedingungen anzupassen.[6]

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