Rz. 798

Der witterungsbedingte Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten kann grds. eine Beendigungskündigung rechtfertigen. Allerdings kann der Arbeitgeber nicht jedem Risiko einer witterungsbedingten Nichtbeschäftigung mit Beendigungskündigungen begegnen. Er muss vielmehr auf der Grundlage der Wetterprognose und ihrer Folgen die unternehmerische Entscheidung treffen, den Betrieb für einen bestimmten Zeitraum einzustellen oder zu beschränken. Prognose und Folgeentscheidungen hat der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess im Einzelnen darzulegen und im Streitfall zu beweisen.

 

Beispiel

Eine "greifbare Prognose" könnte sich darin ausdrücken, dass der Arbeitgeber seinen Kunden mitgeteilt hat, dass er witterungsbedingt für einen bestimmten Zeitraum Leistungen nicht anbieten wird.

 

Rz. 799

Eine Kündigung ist unter diesen Umständen aber nur dann dringend erforderlich, wenn der Zeitraum des voraussichtlichen Arbeitsausfalls nicht nur von kurzer, vorübergehender Natur ist und eine Beschäftigung während dieses Zeitraums auch nicht in anderer Form oder auf anderen Arbeitsplätzen möglich ist.[1] Hier wird insbesondere die Einführung von witterungsbedingter Saison-Kurzarbeit nach § 101 SGB III zu prüfen sein (vgl. zum Verhältnis Kündigung und Kurzarbeit Rz. 718 ff.). Auch die Möglichkeit des Abbaus von Arbeitszeitguthaben hat der Arbeitgeber vorrangig zu berücksichtigen.[2]

Liegen die Kündigungsvoraussetzungen vor, ist der Arbeitgeber auf der Grundlage des Verhältnismäßigkeitsprinzips gesetzlich nicht verpflichtet, statt der Kündigung ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses "anzuordnen" oder die Kündigung mit einem Wiedereinstellungsangebot zu verbinden. Diese Maßnahmen stellen keine gegenüber der reinen Beendigungskündigung mildere Mittel dar, die der Arbeitgeber im Rahmen des § 1 KSchG vorziehen müsste. Mildere, gleich geeignete Mittel sind nur solche, die eine sofortige Weiterbeschäftigung im Anschluss an die Kündigungsfrist – wenn auch unter anderen Bedingungen – ermöglichen.[3] Nach der Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitnehmer aber eine Wiedereinstellung geltend machen, wenn der Betrieb noch während der Kündigungsfrist wieder aufgenommen wird, etwa aufgrund einer unvorhersehbaren Wetteränderung (vgl. Rz. 771 ff.).

 

Rz. 800

Ausnahmen von diesen Grundsätzen können zu beachten sein, wenn die witterungsbedingten Arbeitsausfälle vertraglich oder insbesondere tarifvertraglich geregelt sind. Eine betriebsbedingte Kündigung aus Witterungsgründen ist bspw. nach § 11.2 BRTV-Bau für die Schlechtwetterzeit vom 1.12. bis zum 31.3. ausgeschlossen.

[1] BAG, Urteil v. 7.3.1996, 2 AZR 180/95, zu II 2 b) dd) der Gründe.
[3] APS/Kiel, § 1 KSchG Rz. 526.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge