Rz. 993

Die Existenz eines Interessenausgleichs mit Namensliste hat keine Auswirkungen auf die sonstigen Beteiligungsrechte des Betriebsrats; sie entbindet den Arbeitgeber insbesondere nicht von einer Anhörung des Betriebsrats zu den geplanten Kündigungen nach § 102 BetrVG.[1] Dies folgt bereits daraus, dass der Interessenausgleich nach § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG nur die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ersetzt. Hintergrund ist aber auch ein mögliches Auseinanderfallen der Kompetenzen: Der Interessenausgleich wird ggf. mit dem Gesamtbetriebsrat verhandelt, während der örtliche Betriebsrat für personelle Einzelmaßnahmen zuständig ist.

 

Rz. 994

Der Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigungen ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG zu unterrichten und anzuhören.[2] Dazu gehören insbesondere Informationen über die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall der Arbeitsplätze geführt hat und über die (fehlende) Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung auf freien Stellen im Unternehmen. Soweit der Betriebsrat über Vorkenntnisse aus den Verhandlungen über den Interessenausgleich verfügt, bedarf es keiner erneuten Unterrichtung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zwischen Interessenausgleichsverhandlungen und Anhörung nach § 102 BetrVG ein überschaubarer Zeitraum liegt.[3] Falls dies im Prozess jedoch bestritten wird, muss der Arbeitgeber einen entsprechenden Kenntnisstand des Betriebsrats allerdings umfassend darlegen und beweisen.

 
Hinweis

Der Arbeitgeber kann die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden.[4]

Der Interessenausgleich sollte in diesen Fällen einen ausdrücklichen Hinweis auf die gleichzeitige Durchführung und den Abschluss des Anhörungsverfahrens enthalten. Dies gilt insbesondere mit Blick auf Beginn und Ablauf der Wochenfrist für eine Stellungnahme.

[1] BAG, Urteil v. 28.8.2003, 2 AZR 377/02, AP KSchG 1972 § 102 Nr. 134.
[2] HWK/Quecke, Arbeitsrecht, § 1 KSchG Rz. 431; APS/Kiel, § 1 KSchG Rz. 734.
[3] BAG, Urteil v. 22.1.2004, 2 AZR 111/02, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 11, S. 16.

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