Rz. 34

Nach § 14 Abs. 2 KSchG gelten für die leitenden Angestellten grds. die Regelungen des allgemeinen Kündigungsschutzes mit 2 Ausnahmen: Die Regelung des § 3 KSchG ist nicht anzuwenden; § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt mit einer wichtigen inhaltlichen Modifikation.

3.2.1 Ausschluss von § 3 KSchG

 

Rz. 35

Hält ein gekündigter Arbeitnehmer die Arbeitgeberkündigung für sozialwidrig, so kann er nach § 3 KSchG binnen einer Woche beim Betriebsrat Einspruch einlegen.[1] Diese Möglichkeit gibt es für leitende Angestellte nicht. Dadurch soll verhindert werden, dass das Fehlen der Zuständigkeit des Betriebsrats hinsichtlich leitender Angestellter über die Möglichkeit des Einspruchs nach § 3 KSchG umgangen wird. Der Betriebsrat ist vor der Kündigung eines leitenden Angestellten i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG vom Arbeitgeber nicht nach § 102 BetrVG anzuhören. Ihm muss die beabsichtigte Kündigung lediglich nach § 105 BetrVG rechtzeitig mitgeteilt werden. Nach § 31 Abs. 2 SprAuG ist der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, vor der Kündigung den Sprecherausschuss anzuhören.

 
Hinweis

Für den Ausschluss von § 3 KSchG ist es über den Gesetzeswortlaut hinaus erforderlich, dass der Gekündigte sowohl leitender Angestellter i. S. d. KSchG als auch i. S. v. § 5 Abs. 3 BetrVG ist. Ist der Gekündigte "lediglich" leitender Angestellter im kündigungsschutzrechtlichen Sinne, steht ihm das Einspruchsrecht zu.[2]

[1] Vgl. hierzu ausführlich Thüsing, § 3 Rz. 3 ff.
[2] So z. B. auch APS/Biebl, § 14 KSchG Rz. 28; ErfK/Kiel, § 14 KSchG Rz. 18; KR/Kreutzberg-Kowalczyk, § 14 KSchG Rz. 48; MünchKommBGB/Hergenröder, § 14 KSchG Rz. 22. Gallner/Mestwerdt/Nägele-Pfeiffer, § 14 KSchG Rz. 26.

3.2.2 Modifizierung von § 9 KSchG

 

Rz. 36

Ist die ausgesprochene Arbeitgeberkündigung sozialwidrig, hat das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.[1] Bei leitenden Angestellten bedarf der Auflösungsantrag des Arbeitgebers jedoch keiner Begründung. Dem Arbeitgeber wird damit die Möglichkeit eingeräumt, sich von einem leitenden Angestellten gegen Zahlung einer vom Gericht gleichzeitig mit der Auflösung festzusetzenden Abfindung trennen zu können.[2]

Wenn es zu einer sozial ungerechtfertigten und deshalb unwirksamen Arbeitgeberkündigung kommt, kann angenommen werden, dass das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gestört ist; um den Besonderheiten des zwischen Arbeitgeber und einem leitenden Angestellten regelmäßig bestehenden besonderen Vertrauensverhältnisses Rechnung zu tragen, wird der vom KSchG ansonsten gewährte Bestandsschutz bei leitenden Angestellten zum Abfindungsschutz abgeschwächt.[3] Dabei hat das Arbeitsgericht keinerlei Prüfungskompetenz hinsichtlich der Berechtigung eines vom Arbeitgeber in zulässiger Weise gestellten Antrags.[4] Es muss einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers deshalb auch dann stattgeben, wenn eine Störung des Vertrauensverhältnisses nach seiner Überzeugung gar nicht vorliegt, die Kündigung z. B. allein aus krankheitsbedingten Gründen erfolgte.[5]

 
Hinweis

Die Möglichkeit des begründungslosen Auflösungsantrags hat nur der Arbeitgeber. Ein Auflösungsantrag des leitenden Angestellten bedarf nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG immer der Begründung. Dieser muss darlegen und beweisen, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Feststellung der Sozialwidrigkeit der Kündigung unzumutbar ist.[6]

[1] Hierzu ausführlich Arnold, § 9 Rz. 49–56.
[2] Hierzu Arnold, § 10 Rz. 1428.
[3] So zu Recht APS/Biebl, § 14 KSchG Rz. 29; MünchKommBGB/Hergenröder, § 14 KSchG Rz. 2.
[4] KR/Kreutzberg-Kowalczyk, § 14 KSchG Rz. 50.
[5] KR/Kreutzberg-Kowalczyk, § 14 KSchG Rz. 50.
[6] Hierzu ausführlich Arnold, § 9 Rz. 4248.

3.2.3 Stellung bei personenbedingter Kündigung

 

Rz. 37

I. d. R. können die Arbeitsaufgaben von leitenden Angestellten nicht oder nur schwer auf andere Arbeitnehmer übertragen werden. Eine Vertretung ist aufgrund der Eigenart der Tätigkeit häufig nicht möglich. Hieraus resultieren Besonderheiten bei der krankheitsbedingten Kündigung. Sowohl bei einer langanhaltenden Erkrankung als auch bei häufigen Kurzerkrankungen können die daraus resultierenden Störungen des betrieblichen Ablaufs als Ergebnis der erforderlichen Interessenabwägung eher die Kündigung eines leitenden Angestellten rechtfertigen, als bei anderen Arbeitnehmern.[1] Dies ist die Konsequenz daraus, dass bei der Prüfung, wie sich wiederholte krankheitsbedingte Fehlzeiten eines Arbeitnehmers auf den Betriebsablauf auswirken, nicht auf die Zahl der Arbeitnehmer des Betriebs insgesamt, sondern auf die Gruppe der Arbeitnehmer abzustellen ist, die gleiche Tätigkeiten verrichten wie der gekündigte Arbeitnehmer.[2]

 

Rz. 38

Bei leitenden Angestellten werden i. d. R. auch höhere Anforderungen an die Leistungsfähigkeit gestellt als bei den übrigen Arbeitnehmern. Aus diesem Grund kommt eine personenbedingte Kündigung auch in Betracht, wenn der leitende Angestellte körperlich oder geistig nicht mehr in de...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge