Prof. Dr. Mark Lembke, Dr. Jens-Wilhelm Oberwinter
Rz. 16
Die Bundesagentur für Arbeit ist zur Zulassung von Kurzarbeit – auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen – nicht verpflichtet, hat jedoch nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden und hierbei die Umstände des Einzelfalls angemessen zu berücksichtigen. Der Behörde obliegt dabei nicht nur die Entscheidung über das "Ob", sondern auch über das "Wie" der Zulassung. Da § 19 Abs. 1 KSchG keine Mindestanforderungen oder Schranken im Hinblick auf die Ermessensentscheidung enthält, ist die Bundesagentur für Arbeit auch zur konkreten inhaltlichen Ausgestaltung der Anordnung ermächtigt. Sie kann demnach Kurzarbeit in beliebigem Umfang zulassen und ihre Entscheidung betrieblich, inhaltlich und zeitlich begrenzen. Zeitlich darf dabei lediglich die Dauer der Sperrfrist des § 18 Abs. 1 bzw. Abs. 2 KSchG nicht überschritten werden (1 Monat, bei Verlängerung höchstens 2 Monate). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 KSchG, wonach in der "Zwischenzeit" Kurzarbeit eingeführt werden kann. Eine Zulassung mit rückwirkender Kraft vor Antragstellung ist auf Grundlage des § 19 KSchG ebenfalls nicht möglich. Im Übrigen ist die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Entscheidung jedoch frei. So kann sie z. B.
- die Kurzarbeit nur für einen Teil der Sperrfrist zulassen,
- die Kurzarbeit für den gesamten Betrieb – also auch für die Arbeitnehmer, die nicht in der Massenentlassungsanzeige benannt sind und daher nicht entlassen werden sollen – oder nur für einen Betriebsteil, eine bestimmte Abteilung oder einzelne Gruppen von Arbeitnehmern zulassen,
- die Kurzarbeit durch Festlegung einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit (da eine gesetzliche Mindestarbeitszeit nicht mehr besteht, ist zwingend die untere Grenze der Arbeitszeit festzusetzen) inhaltlich beschränken, sofern ein einschlägiger Tarifvertrag keine abweichende Regelung i. S. d. § 19 Abs. 3 KSchG (vgl. Rz. 31 ff.) enthält,
- nicht aber die Verteilung der Arbeitszeit festlegen.
Rz. 17
Die Zulassungsentscheidung der Bundesagentur für Arbeit ermächtigt den Arbeitgeber, die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend herabzusetzen. Insbesondere sind die Vorschriften des Sonderkündigungsschutzes gegenüber Schwerbehinderten, Betriebsratsmitgliedern, Schwangeren und Eltern in Elternzeit nicht zu berücksichtigen, da von den arbeitsvertraglichen Regelungen gerade nicht aufgrund einer Änderungskündigung, sondern durch Ausübung des Direktionsrechts abgewichen wird. Der Arbeitgeber kann sich bei Einführung der Kurzarbeit unmittelbar auf die Zulassungsentscheidung der Bundesagentur für Arbeit berufen. Die Ermächtigung des Arbeitgebers zur Einführung von Kurzarbeit tritt mit dem Ende der Sperrfrist automatisch außer Kraft. Danach muss der Arbeitgeber alle Arbeitnehmer, deren Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist, und all diejenigen, die nicht entlassen werden sollen, entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelungen weiterbeschäftigen.