1 Allgemeines
Rz. 1
Die jetzige Fassung des § 157 SGB III beruht im Wesentlichen auf einer Übernahme der Regelung aus § 143 SGB III a. F. durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011. Der Gesetzeswortlaut ist lediglich zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern angepasst worden. Die Vorschrift des § 157 SGB III ist von dem Grundgedanken geprägt, dass Arbeitslosengeld als Lohnersatz nicht benötigt wird, wenn zwar schon Arbeitslosigkeit besteht, der Arbeitslose aber noch nicht unter Verdienstausfall zu leiden hat. Dementsprechend setzt § 157 SGB III voraus, dass das Arbeitsverhältnis und das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis nicht identisch sind. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der Betroffene trotz Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses dem Grunde nach einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben kann. Bei § 157 SGB III geht es letztlich um die Vermeidung von Doppelleistungen. Während in den Regelungen der Abs. 1 und 2 den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis der Vorrang eingeräumt wird, weicht insofern § 157 Abs. 3 SGB III hiervon ab, als dort die sog. Gleichwohlgewährung geregelt ist. Danach wird das Arbeitslosengeld auch ausnahmsweise für die Zeit geleistet, in der der Arbeitslose die in § 157 Abs. 1 und 2 SGB III genannten Leistungen nicht erhält. Insofern ist es richtig, dass in dieser Art der Gleichwohlgewährung eine Ausweitung des versicherten Risikos zu sehen ist, da aufgrund der Regelungen des § 157 Abs. 3 SGB III der Leistungsträger nicht nur in Fällen der eigentlichen Arbeitslosigkeit, sondern auch bei Ausfall des Entgelts eintrittspflichtig wird. Im Hinblick auf den Anwendungsbereich ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift auch für Teilarbeitslosengeld gilt. Darüber hinaus besitzt der Ruhenstatbestand für solche Leistungen Relevanz, die – wie bspw. der Gründungszuschuss – etwa einen Anspruch auf Arbeitslosengeld voraussetzen (LSG Hamburg, Urteil v. 14.6.2017, L 2 AL 64/16). Während Abs. 1 der Vorschrift das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs für den Zeitraum, für den der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat, regelt, betrifft § 157 Abs. 2 SGB III die Frage, wie sich der Anspruch oder die Zahlung einer Urlaubsabgeltung auf die Zahlung von Arbeitslosengeld auswirkt. Die sich aus dem Ruhen ergebenden Rechtsfolgen finden sich z. T. in weiteren Büchern des SGB (zur Versicherungspflicht in der GKV vgl. etwa: § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Demgegenüber bestimmt § 157 Abs. 3 SGB III, wie zu verfahren ist, wenn der Arbeitslose trotz entsprechender Ansprüche weder Arbeitsentgelt noch Urlaubsabgeltung erhält.
2 Ruhen bei Zahlung von bzw. Anspruch auf Arbeitsentgelt (Abs. 1)
Rz. 2
Gem. § 157 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat. Dabei bleibt das Stammrecht bestehen, kann aber im Zeitraum des Ruhens nicht geltend gemacht werden. Die Regelung des § 157 Abs. 1 SGB III erfasst also Leistungen des Arbeitgebers für die Zeit vom Ende der tatsächlichen Beschäftigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Der Tatbestand setzt voraus, dass der Arbeitslose zum einen die Anspruchsvoraussetzungen für den Arbeitslosengeldanspruch erfüllt, zum anderen aber auch Vergütungsansprüche für die Zeit der Arbeitslosigkeit hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass für die Anwendung leistungsrechtlicher Bestimmungen ein Beschäftigungsverhältnis bereits dann beendet ist, wenn der Arbeitnehmer der Verfügungsgewalt des Arbeitgebers nicht mehr unterworfen ist, weil etwa der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht weiter beansprucht oder der Arbeitnehmer nicht mehr dienstbereit ist. Im Gegensatz zum beitragsrechtlichen Begriff des Beschäftigungsverhältnisses ist der Arbeitnehmer unter Zugrundelegung des leistungsrechtlichen Begriffs eines Beschäftigungsverhältnisses also bereits dann als arbeitslos anzusehen, wenn aufgrund einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung dieser das Arbeitsverhältnis als beendet ansieht. Leistungsrechtlich ist ein Beschäftigungsverhältnis schließlich dadurch gekennzeichnet, dass der Betreffende nicht mehr beschäftigt wird. Daher ist für das Recht der Arbeitslosenversicherung vom Ende des Beschäftigungsverhältnisses im leistungsrechtlichen Sinne auch dann auszugehen, wenn durch einvernehmliche und unwiderrufliche Freistellung nach einer Kündigung die Pflicht zur Arbeitsleistung endet und der Betreffende in der anderweitigen Verwertung seiner Arbeitskraft keinen Beschränkungen mehr unterworfen ist.