Rz. 75
Das Betriebsverfassungsgesetz definiert selbst nicht, was unter einem Arbeitsbereich zu verstehen ist. "Arbeitsbereich" sind Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine "andere" anzusehen ist (BAG, Beschluss v. 9.4.2019, 1 ABR 25/17, Rz. 21). Keine zustimmungspflichtige Versetzung liegt dagegen vor, wenn dem Arbeitnehmer nur sein bisheriger Arbeitsbereich entzogen und kein neuer zugewiesen wird. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine andere Tätigkeit zu, ist für eine Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG kein Raum. Es sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
Rz. 76
Welche Arbeitsbereiche in einem Betrieb vorhanden sind, ergibt sich aus der jeweiligen Organisation des Betriebs. Arbeitsbereich ist danach der konkrete Arbeitsplatz in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht (BAG, Beschluss v. 29.2.2000, 1 ABR 5/99; BAG, Beschluss v. 22.4.1997, 1 ABR 84/96). Zum räumlichen Bezug und den technischen Aufgaben des Arbeitnehmers können noch weitere Elemente hinzutreten, die die Arbeitsaufgaben inhaltlich-funktional bestimmen und sich etwa aus der mit ihnen verbundenen Verantwortung ergeben (BAG, Beschluss v. 13.3.2007, 1 ABR 22/06). Der Arbeitsbereich umfasst also neben dem Ort der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation (BAG, Beschluss v. 17.6.2008, 1 ABR 38/07).
Allerdings führt nicht jede Zuweisung einer neuen Tätigkeit automatisch dazu, dass ein anderer Arbeitsbereich im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zugewiesen wird, weil jede einem Arbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit im Arbeitsablauf Änderungen unterworfen ist. Erforderlich ist vielmehr, dass die eingetretene Änderung über solche Änderungen hinausgeht, die sich im normalen Schwankungsbereich halten. Qualitativ muss die Änderung zur Folge haben, dass die Arbeitsaufgabe eine andere wird (BAG, Beschluss v. 28.8.2007, 1 ABR 70/06).
Für die Frage, ob sich der Arbeitsbereich ändert und damit eine Versetzung vorliegt, ist also maßgebend, dass sich die Tätigkeiten des Arbeitnehmers vor und nach der Maßnahme so voneinander unterscheiden, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden muss (BAG, Beschluss v. 09.04.2019, 1 ABR 25/17, Rz. 21; BAG, Beschluss v. 8.11.2016, 1 ABR 56/14; Beschluss v. 13.3.2007, 1 ABR 22/06; BAG, Beschluss v. 26.10.2004, 1 ABR 45/03). Dies kann sich aus dem Wechsel des Inhalts der Arbeitsaufgaben und der mit ihnen verbundenen Verantwortung ergeben, kann aus einer Änderung der Art der Tätigkeit, d. h. der Art und Weise folgen, wie die Arbeitsaufgabe zu erledigen ist, und kann mit einer Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein (BAG, Beschluss v. 17.6.2008, 1 ABR 38/07).
Eine Versetzung liegt z. B. vor, wenn ein Arbeitnehmer, der in der Lackiererei der Arbeitgeberin als Springer zum Einsatz kommt, im Wege des Weisungsrechts fortan Lackierarbeiten an einem festen Arbeitsplatz ausführen soll (LAG Hamm, Beschluss v. 7.11.2019, 13 TaBV 44/19).
Änderungen, die sich z. B. aus der technischen Gestaltung bzw. der Neuorganisation des Arbeitsablaufs oder einem Austausch von Maschinen ergeben, sind keine Versetzungen.
Rz. 77
Eine Versetzung liegt vor, wenn ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen wird
- für eine voraussichtlich längere Zeit als einen Monat,
- für eine voraussichtlich kürzere Zeit, wenn sich die Arbeitsumstände erheblich ändern.
Bei der ersten Alternative wird die Erheblichkeit einer Änderung der Arbeitsumstände gesetzlich unwiderlegbar vermutet.