Rz. 21
Ein Betriebsübergang hat individualrechtliche und betriebsverfassungsrechtliche Auswirkungen. Die individualrechtlichen Auswirkungen ergeben sich im Wesentlichen aus § 613a BGB. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, tritt dieser nach § 613a BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, werden diese zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen grundsätzlich nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnorm eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden (§ 613a Abs. 1 S. 3 BGB). Diese Ablösung der bisherigen Tarifverträge setzt beiderseitige Tarifgebundenheit voraus, also dass sowohl der neue Arbeitgeber als auch die betroffenen Arbeitnehmer an die neuen Tarifverträge in persönlicher Hinsicht gebunden sein müssen (BAG, Urteil v. 21.2.2001, 4 AZR 18/00).
Ein ausdrückliches Zustimmungserfordernis der Arbeitnehmer zum Übergang der Rechte und Pflichten sieht § 613a BGB nicht vor. Die Zustimmung des Arbeitnehmers gilt bereits dann als erteilt, wenn dieser in Kenntnis des Betriebsübergangs ohne Widerspruch und ohne zu kündigen die Arbeit fortsetzt.
§ 613a Abs. 5 und Abs. 6 BGB setzen die Richtlinie 2011/23/EG vom 12.März 2001 um, welche eine detaillierte Informationspflicht des Arbeitgebers gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern vorsieht. Gegenstand der Unterrichtung müssen der (geplante) Zeitpunkt des Übergangs, der Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen sein. Außerdem hat die Unterrichtung in Textform (§ 126b BGB) zu erfolgen.
Insofern wurde auch das ehemals allein durch die Rechtsprechung eingeräumte Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ausdrücklich in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB gesetzlich normiert: Der Arbeitnehmer kann innerhalb eines Monats nach Zugang der vollständigen Unterrichtung schriftlich (§ 126 BGB) widersprechen. Der gesetzlichen Schriftform steht dabei gem. § 126 Abs. 3 BGB i. V. m. § 126a BGB die elektronische Form gleich, d. h. der Arbeitnehmer kann seinen Widerspruch, der sowohl gegenüber dem alten Arbeitgeber als auch gegenüber dem neuen Inhaber erklärt werden kann, gegebenenfalls auch per E-Mail erklären. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass eine gewöhnliche E-Mail nicht den Anforderungen des § 126a BGB genügen würde, da dieser eine qualifzierte elektronische Signatur vorschreibt.
Nach der Rechtsprechung des BAG (BAG, Urteil v. 30.10.2003, 8 AZR 491/02) kann ein Arbeitnehmer, wenn er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber wirksam gem. § 613a Abs. 6 S. 1 BGB widersprochen hat, diesen Widerspruch, welcher als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung anzusehen ist, nicht einseitig nach Zugang beim Erklärungsadressaten widerrufen oder mit einem Vorbehalt versehen. Überdies ist nach erklärtem Widerspruch eine zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Arbeitnehmer vereinbarte Aufhebung des Widerspruchs dem Erwerber gegenüber unwirksam.
Von besonderer Bedeutung ist § 613a Abs. 4 BGB. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs des Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt. Diese Vorschrift trägt wesentlich zur Sicherung der bestehenden Arbeitsverhältnisse bzw. -plätze bei.
Rz. 22
Die betriebsverfassungsrechtlichen Auswirkungen sind gesetzlich nicht näher geregelt. Der bisherige Arbeitgeber hat den Betriebsrat nur dann über einen bevorstehenden Betriebsübergang zu unterrichten, wenn dies zur Durchführung konkreter Aufgaben erforderlich ist (BAG, Beschluss. v. 05.02.1991, 1 ABR 24/90). Bleibt die Identität des übergegangenen Betriebs erhalten, hat dies keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung des in diesem Betrieb gewählten Betriebsrats, wenn das BetrVG weiterhin anwendbar ist. Der Betriebsrat bleibt im Amt und der neue Arbeitgeber tritt auch betriebsverfassungsrechtlich in die Stellung des bisherigen Inhabers ein. Ändert sich die Identität des Betriebs, entsteht also ein neuer Betrieb (z. B. infolge einer Verschmelzung oder durch Verselbstständigung eines Betriebsteils), besteht nach § 21a Abs. 2 BetrVG ein Übergangsmandat des Betriebsrats des ursprünglich größten Betriebs. Die Größe des Betriebs wird dabei an der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer gemessen. Wird ein Betriebsteil übertragen und in einen neuen Betrieb eingegliedert, bleibt der Betriebsrat des a...