Für den Sozialplan im Insolvenzverfahren gelten nach der Insolvenzordnung folgende Besonderheiten:
5.2.1 Aufstellung mit Insolvenzverwalter
Rz. 173
Statt des Arbeitgebers ist der Insolvenzverwalter Partner bei der Sozialplanaufstellung.
5.2.2 Ermessensgrenzen der Einigungsstelle
Rz. 174
Die gemäß § 112 Abs. 5 BetrVG geltenden Ermessensgrenzen für den Spruch der Einigungsstelle gelten grundsätzlich auch in der Insolvenz, allerdings modifiziert.
So kommt es auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit der im Sozialplan vorgesehenen Maßnahmen für das Unternehmen nicht mehr an. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Abschluss eines Insolvenzplans und die Fortführung des Unternehmensträgers beabsichtigt ist. Soll das Unternehmen dagegen zerschlagen oder liquidiert werden, treten an die Stelle der Interessen des Unternehmens die der Insolvenzgläubiger; im Falle der Zerschlagung und Abwicklung treten die Interessen der Arbeitnehmer mit den Interessen der Insolvenzgläubiger in Konkurrenz; deshalb ist bei der vorzunehmenden Abwägung ausschließlich auf ihre Interessen (das der Insolvenzgläubiger), nicht aber auf die Interessen des Unternehmens abzustellen.
5.2.3 Sozialplan nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
5.2.3.1 Begrenzung des Sozialplanvolumens
Rz. 175
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist gemäß § 123 Abs. 1 InsO das Volumen des Sozialplans auf 2 ½ Monatsverdienste der von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer begrenzt. Hierbei handelt es sich um eine absolute Grenze mit der Folge, dass ein Sozialplan, der sie überschreitet, insgesamt, d. h. sowohl gegenüber den übrigen Gläubigern als auch gegenüber dem Schuldner unwirksam ist.
Rz. 176
Darüber hinaus darf für Sozialplanforderungen nicht mehr als 1/3 der Masse verwendet werden, die ohne Sozialplan für die Insolvenzgläubiger zur Verteilung zur Verfügung stünde, § 123 Abs. 2 Satz 2 InsO). Hierbei handelt es sich um eine relative Grenze mit der Folge, dass bei Überschreiten nicht der Sozialplan insgesamt unwirksam ist, sondern die einzelnen Forderungen entsprechend zu kürzen sind (§ 123 Abs. 2 Satz 3 InsO). Abweichungen von der relativen Begrenzung können in einem Insolvenzplan geregelt werden (§ 123 Abs. 2 Satz 2 InsO).
5.2.3.2 Masseverbindlichkeit
Rz. 177
Bei Verbindlichkeiten aus einem Sozialplan handelt es sich um Masseverbindlichkeiten (§ 123 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 55 InsO). Die Zwangsvollstreckung in die Masse ist nicht zulässig.
Der Insolvenzverwalter soll mit Zustimmung des Insolvenzgerichts gemäß § 123 Abs. 3 Satz 1 InsO Abschlagszahlungen auf die Sozialplanforderungen zahlen, sooft hinreichend Barmittel in der Masse vorhanden sind.
5.2.4 Sozialplan vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
5.2.4.1 Widerruf
Rz. 178
Ist ein Sozialplan vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch nicht früher als 3 Monate vor dem Eröffnungsantrag aufgestellt worden, so kann er gemäß § 124 Abs. 3 InsO sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Betriebsrat widerrufen werden. Der Insolvenzverwalter hat insbesondere dann den Widerruf zu erklären, wenn der in Rede stehende Sozialplan die absolute und die relative Grenze des § 123 Abs. 1, 2 InsO übersteigt. Im Falle des Widerrufs können die betroffenen Arbeitnehmer bei der Aufstellung eines Sozialplans im Insolvenzverfahren berücksichtigt werden (§ 124 Abs. 2 InsO).
Rz. 179
Bereits gewährte Leistungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistet worden sind, können auch nach Widerruf des Sozialplans, aufgrund dessen sie gezahlt worden sind, nicht zurückgefordert werden (§ 124 Abs. 3 Satz 1 InsO). Insoweit gilt zugunsten der begünstigten Arbeitnehmer ein Bestandsschutz. Allerdings sind die bereits gewährten Leistungen bei der Aufstellung eines neuen Sozialplans bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Sozialplanforderungen nach § 123 Abs. 1 InsO bis zur Höhe der absoluten Grenze von 2 ½ Monatsverdiensten abzusetzen (§ 124 Abs. 3 Satz 2 InsO). Die Vorableistungen schmälern mithin die für einen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufzustellenden Sozialplan vorhandenen Mittel.
5.2.4.2 Insolvenzforderung
Rz. 180
Bei Ansprüchen aus Sozialplänen, die innerhalb von 3 Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wurden, handelt es sich um bloße Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO (LAG Köln, Urteil v. 2.3.2001, 12 Sa 1467/00).