Rz. 8
Unter bestimmten Voraussetzungen können außerhalb des regelmäßigen Turnus Betriebsratswahlen abgehalten werden. Das Gesetz nennt in § 13 Abs. 2 BetrVG sechs Fallgruppen:
- Wesentliche Änderung der Zahl der Beschäftigten im Betrieb (Nr. 1).
- Sinken der Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl (Nr. 2).
- Rücktritt des Betriebsrats (Nr. 3).
- Erfolgreiche Anfechtung der Betriebsratswahl (Nr. 4).
- Auflösung des Betriebsrats durch gerichtliche Entscheidung (Nr. 5).
- Nichtbestehen eines Betriebsrats (Nr. 6).
In den Fällen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BetrVG soll die Betriebsratswahl unverzüglich stattfinden, die in § 16 BetrVG genannten Fristen finden daher dann keine Anwendung.
Rz. 9
Die gesetzliche Regelung der Tatbestände einer außerordentlichen Betriebsratswahl ist abschließend. Eine solche Wahl darf nur durchgeführt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, anderenfalls ist sie nichtig. Ein bereits im Amt befindlicher Betriebsrat kann daher nicht abgewählt werden.
3.1 Wesentliche Veränderung der Belegschaftsstärke
Rz. 10
Eine außerordentliche Betriebsratswahl findet statt, wenn mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tag der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um 50, gestiegen oder gesunken ist. Entscheidend ist die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer. Die Veränderung der Belegschaftsstärke muss eine doppelte Voraussetzung erfüllen: Die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer muss um die Hälfte gestiegen oder gesunken sein und dabei muss es sich um mindestens 50 Arbeitnehmer handeln (Unerheblich ist, ob die Veränderung in der Belegschaftsstärke zu einer anderen Betriebsratsgröße gem. § 9 BetrVG führen würde.).
Hat ein Betrieb am Wahltag 80 regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer und sind am Stichtag 24 Monate seit dem Tag der Wahl 122 regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer betriebsangehörig, ist die Anzahl der Arbeitnehmer zwar um die Hälfte gestiegen. Da die erforderliche Zahl von mindestens 50 aber nicht erreicht wurde, finden keine Neuwahlen statt.
Rz. 11
Die Überprüfung und ggf. Neuwahl finden innerhalb der Amtszeit eines Betriebsrats nur einmal nach 24 Monaten statt. Spätere oder frühere Änderungen der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer sind bedeutungslos. Zur Bestimmung des Stichtags ist der Wahltag bzw. bei mehreren Wahltagen der letzte Wahltag entscheidend, nicht der Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses oder des Beginns der Amtszeit. Für die Fristberechnung gelten die §§ 186 ff. BGB. Der Tag der Wahl selbst wird bei der Berechnung des Fristbeginns nicht mitgezählt, § 187 Abs. 1 BGB.
Fällt der letzte Wahltag auf den 31. März, so kommt es auf die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer mit Ablauf des 31. März des übernächsten Jahres, und zwar einen Sekundenbruchteil nach 24 Uhr, an. Nicht mitgezählt werden diejenigen, die zum 31. März aus dem Betrieb ausscheiden; ebenso wenig diejenigen, die sich erst im Laufe des 1. April bewerben, sofort eingestellt werden und sofort mit der Arbeit anfangen. Mitgezählt werden hingegen diejenigen Arbeitnehmer, die den Arbeitsvertrag vor Ablauf des 31. März bereits geschlossen haben und mit denen vereinbart wurde, dass Arbeitsbeginn der 1. April ist – unabhängig davon, ob sie um 0 Uhr oder erst um 7 Uhr im Betrieb zu erscheinen haben.
Tritt der beschriebene Fall der Belegschaftsänderung ein, so führt der Betriebsrat dennoch zunächst seine Geschäfte fort und bestellt den Wahlvorstand.
Rz. 12
Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es darüber hinaus auf die "regelmäßig beschäftigten" Arbeitnehmer an. Nicht mitgezählt werden daher lediglich vorübergehend Beschäftigte, z. B. saisonbedingt eingestellte Aushilfskräfte, sofern ihrer Tätigkeit kein Dauerarbeitsplatz zugrunde liegt. Keine Berücksichtigung finden auch Personen, die – zuvor arbeitslos – zur Vertretung eines Arbeitnehmers, der sich beruflich weiterbildet, befristet eingestellt werden (§ 231 Abs. 2 SGB III). Allerdings werden diejenigen Mitarbeiter, die nur vorübergehend und nicht auf Dauer ausfallen, bei der Berechnung mitgezählt.
Zu den regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern zählen auch die nach § 7 Satz 2 BetrVG zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers. Voraussetzung ist, dass sie regelmäßig im Einsatzbetrieb tätig sind.
Entscheidend ist die Gesamtzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, nicht die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Auch auf Änderungen in der Zusammensetzung der Belegschaft (z. B. Änderungen im Verhältnis des Geschlechts in der Minderheit) kommt es nicht an, sondern nur auf Änderungen der Gesamtzahl.
Unerheblich ist schließlich auch, ob die Veränderung der Belegschaftsstärke zu einer Veränderung der Zahl der Betriebsratsmitglieder nach § 9 BetrVG führt. Die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder richtet sich bei der Neuwahl nach der dann aktuellen Belegschaftsstärke gemäß § 9 BetrVG.
Bei einem Betriebsrat mit einer 4-jährigen Amtszeit ist eine Neuwa...