Rz. 49
Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ist leitender Angestellter, wer regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besonderer Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst (BAG, Urteil v. 5.6.2014, 2 AZR 615/13).
Dies erfordert die Wahrnehmung typischer unternehmerischer (Teil )Aufgaben, sodass grundsätzlich Tätigkeiten aus dem Bereich der wirtschaftlichen, technischen, kaufmännischen, organisatorischen, personellen und wissenschaftlichen Leitung des Unternehmens in Betracht kommen. Voraussetzung für die Wahrnehmung einer unternehmerischen (Teil-)Aufgabe ist, dass dem leitenden Angestellten rechtlich und tatsächlich ein eigener und erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht. Er muss mit weitgehender Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung seinen Tätigkeitsbereich wahrnehmen und kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben – sogenannte Linienfunktion (BAG, Urteil v. 6.12.2001, 2 AZR 733/00).
Rz. 49a
Aber auch in einer Stabsfunktion erfüllt der leitende Angestellte eine unternehmerische bedeutsame Aufgabe dadurch, dass er planend und beratend tätig wird und kraft seines besonderen Sachverstandes unternehmerische Entscheidungen auf eine Weise vorbereitet, die es der eigentlichen Unternehmensführung nicht mehr gestattet, an seinen Vorschlägen vorbeizugehen (BAG, Urteil v. 5.3.1974, 1 ABR 19/73). Aufgrund weitreichender technischer, wirtschaftlicher und sozialer Veränderungen ist der eigentliche Arbeitgeber kaum mehr in der Lage, sämtliche Unternehmerfunktionen selbst auszuüben. Es bedarf der gezielten Vorbereitung durch besonders qualifizierte Personen, die Sachverhalte strukturieren, Probleme analysieren und darauf aufbauend Vorschläge unterbreiten und damit die unternehmerische Entscheidung maßgeblich bestimmen. Auf diese Weise erlangen sie einen erheblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens (BAG 19.11.1974, 1 ABR 20/73). Daher sind sie dem Kreis der leitenden Angestellten zuzuordnen, auch wenn der unternehmerische Einfluss von Angestellten in Stabsfunktionen auf das Innenverhältnis zum Unternehmer beschränkt ist. Ihren Entscheidungen kommt im Gegensatz zu denjenigen eines Angestellten in sog. "Linienfunktionen" keine unmittelbare Außenwirkung zu (BAG, Beschluss v. 25.3.2009, 7 ABR 2/08).
Je tiefer die Entscheidungsstufe in der Unternehmenshierarchie liegt, auf der der Angestellte unternehmens- oder betriebsleitende Aufgabenstellungen erfüllt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wesentliche unternehmerische Entscheidungsspielräume auf den höheren Entscheidungsstufen bereits verbraucht wurden.
Wann das der Fall ist, ist einzelfallabhängig. Der maßgebliche Einfluss fehlt jedenfalls dann, wenn der Angestellte nur bei der reinen arbeitstechnischen, vorbestimmten Durchführung unternehmerischer Entscheidungen eingeschaltet wird, etwa im Rahmen von Aufsichts- oder Überwachungsfunktionen (BAG, Urteil v. 6.12.2001, 2 AZR 733/00).
Rz. 49b
Die Eigenschaft als leitender Angestellter ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben einheitlich zu ermitteln, da ein Arbeitnehmer in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben nicht in einem Betrieb leitender Angestellter sein könne und im anderen Betrieb nicht. Die Qualifizierung als leitender Angestellter hat nach der Rechtsprechung des BAG für alle Betriebe einheitlich zu erfolgen (BAG, Beschluss v. 25.10.1989, 7 ABR 60/88). Ob das auch der Fall ist, wenn ein Arbeitnehmer in einer unternehmensübergreifenden Matrixstruktur nur teilweise Funktionen als leitender Angestellter wahrnimmt, ist derzeit offen. Es ist strikt nach den Unternehmen getrennt zu überprüfen, ob ein Arbeitnehmer in den jeweiligen Unternehmen Aufgaben eines leitenden Angestellten ausübt (so LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 28.5.2014, 4 TaBV 7/13, AZ beim BAG 1 ABR 40/14).