Rz. 1
Durch § 50 BetrVG wird die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Abgrenzung zur Zuständigkeit der im Unternehmen bestehenden einzelnen Betriebsräte geregelt. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen der originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs.1 Satz1 BetrVG und der Zuständigkeit kraft Auftrags nach § 50 Abs. 2 BetrVG.
Die Zuständigkeitsverteilung zwischen beiden Mitbestimmungsorganen ist dabei zwingend (BAG, Beschluss v. 14.11.2006, 1 ABR 4/06). Dies bedeutet, dass die Abgrenzung der beiderseitigen Kompetenzen weder durch Tarifvertrag (BAG, Beschluss v. 9.12.2003, 1 ABR 49/02) noch durch Gesamtbetriebsvereinbarung (BAG, Beschluss v. 28.4.1992, 1 ABR 68/91) oder durch Vereinbarung zwischen Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat (BAG, Beschluss v. 30.8.1995, 1 ABR 4/95) verändert werden kann. Nach § 50 Abs.2 BetrVG ist vielmehr nur eine Übertragung der Aufgaben im Einzelfall möglich.
Rz. 2
Der Gesamtbetriebsrat ist ein selbstständiges Organ der Betriebsverfassung und steht gleichrangig neben den einzelnen Betriebsräten des Unternehmens. Aus § 50 Abs. 1 Satz 2 BetrVG folgt, dass er den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet ist. Er kann diesen keine Anordnungen erteilen, es ist daher beispielsweise nicht möglich, dass er verbindlichen Richtlinien für die gleichförmige Behandlung mitbestimmungspflichtiger Angelegenheiten im Unternehmen erlässt, er kann vielmehr sondern nur eine freiwillige Koordinierung anstreben. Der Gesamtbetriebsrat ist den einzelnen Betriebsräten aber auch nicht untergeordnet, da die in den Gesamtbetriebsrat entsandten Mitglieder kein imperatives Mandat innehaben. Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat stehen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten gleichberechtigt nebeneinander.
Rz. 3
§ 50 Abs.2 BetrVG ermöglicht eine Übertragung von Aufgaben der örtlichen Betriebsräte auf den Gesamtbetriebsrat, dagegen ist umgekehrt eine Delegation von Zuständigkeiten des Gesamtbetriebsrats an die örtlichen Betriebsräte grundsätzlich nicht möglich (BAG, Beschluss v. 14.11.2006, 1 ABR 4/06). Unterbleibt die gesetzlich vorgeschriebene Errichtung eines Gesamtbetriebsrats oder bleibt ein solcher untätig, können die örtlichen Betriebsräte im Zuständigkeitsbereich des Gesamtbetriebsrats gleichwohl keine Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber abschließen. Insoweit besteht keine Auffangzuständigkeit der lokalen Betriebsräte. Eine Besonderheit besteht beim Fehlen eines Konzernbetriebsrats. Fällt eine Angelegenheit an sich in die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats, kann ein Konzernbetriebsrat jedoch nicht errichtet werden (z. B. weil die Konzernspitze im Ausland liegt), existiert in der Regel ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats.
Rz. 4
Eine Zuständigkeit für Betriebe ohne Betriebsrat besteht seit der Novellierung der Vorschrift im Jahr 2001 im Rahmen des § 50 Abs. 1 Satz 1 HS 2 BetrVG. Als betriebsratslos gelten aber nur betriebsratsfähige Betriebe ohne Betriebsrat, dagegen nicht Betriebe, die den Schwellenwert des § 1 BetrVG nicht erreichen.. Der Gesamtbetriebsrat wird dabei nicht zum "Ersatzbetriebsrat" und ersetzt ihn daher nicht in Angelegenheiten, die allein den betriebsratslosen Betrieb betreffen (BAG, Beschluss v. 9.12.2009, 7 ABR 46/08).
Falls ein Beteiligungsrecht von der Belegschaftsstärke im Betrieb abhängt (z. B. § 95 Abs. 2 BetrVG), besteht eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nur für Betriebe mit dieser Belegschaftsstärke (BAG, Urteil v. 8.6.1999, 1 AZR 831/98).
Rz. 5
Verhandlungspartner des Gesamtbetriebsrats ist in Angelegenheiten, für die der Gesamtbetriebsrat originär zuständig ist, die Unternehmensleitung oder von dieser beauftragte Personen mit entsprechenden Entscheidungsbefugnissen. Handelt der Gesamtbetriebsrat aufgrund einer Beauftragung gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG, kommen als Verhandlungspartner sowohl die Unternehmensleitung, oder als auch die Betriebsleitungen in Betracht, die aber wiederum über die erforderliche Entscheidungsbefugnis verfügen müssen.