2.1 Allgemeine Voraussetzungen

 

Rz. 5

Gem. § 60 Abs. 1 BetrVG n. F. (= neue Fassung seit dem 18.6.2021 mit Inkrafttreten des BRModG, s. o. 1.) ist eine JAV zu wählen, wenn in einem Betrieb i. d. R. mindestens 5 Arbeitnehmer beschäftigt sind, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden. Entscheidend ist, dass im Betrieb üblicherweise 5 oder mehr jugendliche oder auszubildende Arbeitnehmer beschäftigt werden; darauf, dass gerade im Zeitpunkt der Einleitung der Wahl oder am Wahltag diese Zahl erreicht ist, kommt es dagegen nicht an.[1] Sinkt allerdings die Zahl der jugendlichen oder auszubildenden Arbeitnehmer dauerhaft unter 5, endet das Amt der JAV.

 

Rz. 6

Der Begriff "Betrieb" in § 60 BetrVG ist in demselben Sinne zu verstehen wie im Hinblick auf die Errichtung des Betriebsrats. Auf die Kommentierung zu § 1 BetrVG wird daher verwiesen.

 

Rz. 7

Weitere Voraussetzung für die Errichtung einer JAV ist, dass in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht.

 

Rz. 8

Sind die im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt, muss eine JAV gewählt werden. Der Betriebsrat ist verpflichtet, in diesem Fall den Wahlvorstand zur Durchführung der Wahl der JAV zu bestellen (vgl. dazu auch § 80 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG).

[1] So u. a. Richardi/Annuß, § 60 BetrVG, Rz. 6.

2.2 Die Voraussetzungen im Einzelnen

2.2.1 Personelle Voraussetzung

 

Rz. 9

Voraussetzung für die Wahl der JAV ist, dass i. d. R. mindestens 5 jugendliche oder auszubildende Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Jugendlicher Arbeitnehmer ist, wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Wer "Arbeitnehmer" ist, bestimmt sich nach der allgemeinen Regelung des § 5 BetrVG.

Darüber hinaus sind alle zu ihrer Berufsausbildung im Betrieb Beschäftigten zu berücksichtigen. Darauf, wie alt diese auszubildenden Arbeitnehmer sind, kommt es seit 2021 nicht mehr an.

2.2.2 Betriebsübergreifende Ausbildung

 

Rz. 10

Werden Auszubildende in reinen Ausbildungsbetrieben beschäftigt, sind sie nach der Rechtsprechung des BAG keine Arbeitnehmer i. S. d. BetrVG (vgl. BAG, Beschluss v. 20.3.1996, 7 ABR 46/95). Die Bildung einer JAV nach § 60 ist daher in solchen Betrieben, auch, wenn die erforderliche Zahl von 5 Auszubildenden weit überschritten wird, nicht möglich. Gleiches gilt für Einrichtungen der betrieblichen Rehabilitation. Das BAG hat darüber hinaus in einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 (BAG, Beschluss v. 13.6.2007, 7 ABR 44/06[1]) klargestellt, dass Personen, deren Berufsausbildung oder Beschäftigung selbst Gegenstand des Betriebszwecks der betriebsverfassungsrechtlichen Einheit ist, keine Arbeitnehmer i. S. d. § 5 BetrVG sind, da sie nicht in die Betriebsorganisation eingegliedert sind. Damit sind auch sie keine Arbeitnehmer i. S. d. § 5 BetrVG mit der Folge, dass die Bildung einer JAV ausscheidet. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlung der Berufsausbildung nicht den alleinigen oder überwiegenden Betriebszweck darstellt, sondern daneben vom Arbeitgeber noch weitere arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden. Für die Eingliederung und damit für die Arbeitnehmereigenschaft der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten kommt es nach dem oben zitierten Beschluss des BAG nur darauf an, ob ihr Ausbildungsberuf von den betriebsangehörigen Arbeitern und Angestellten ausgeübt wird. Soweit das nicht der Fall ist, fehlt es auch an einer Eingliederung und mithin an der Arbeitnehmereigenschaft gem. § 5 BetrVG; die Bildung einer JAV scheidet auch in diesem Fall aus. Allerdings wählen nach § 51 Abs. 1 BBiG in der seit 1.4.2005 gültigen Fassung[2] die Auszubildenden, deren praktische Berufsausbildung in einer sonstigen Berufsbildungseinrichtung außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsbildung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 BBiG) mit i. d. R. mindestens 5 Auszubildenden stattfindet und die nicht wahlberechtigt zum BR nach § 7 BetrVG, zur JAV gem. § 60 BetrVG oder zur Mitwirkungsvertretung nach § 36 des Neunten Sozialgesetzbuchs sind (außerbetriebliche Auszubildende), eine besondere Interessenvertretung.

 

Rz. 11

Wird der Auszubildende in mehreren Betrieben eines Unternehmens ausgebildet (z. B. in einem Konzern mit Verbundausbildung i. S. d. § 10 Abs. 5 BBiG), stellt sich die Frage, welchem Betrieb der Auszubildende zuzuordnen ist und in welchem Betrieb eine JAV in diesem Fall zu wählen ist.

 
Praxis-Beispiel

Der Konzern K besteht aus den 5 Betrieben B1, B2, B3, B4 und B5. Betrieb B1 hat mit den Auszubildenden A1, A2 und A3 einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen, wonach A1, A2 und A3 zum Außenhandelskaufmann ausgebildet werden. Während ihrer Ausbildungszeit sollen sie in allen 5 Betrieben des Konzerns K Ausbildungsstationen durchlaufen. Einen gleichlautenden Vertrag hat Betrieb B2 mit den Auszubildenden A4 und A5 abgeschlossen. Die Betriebe B3, B4 und B5 haben keine eigenen Verträge mit Auszubildenden, bilden aber A1, A2, A3, A4 und A5 in einzelnen Ausbildungsabschnitten vor Ort in ihren Betrieben aus.

Welchen Betrieben sind die 5 Auszubildenden A1, A2, A3, A4 und A5 zuzuordnen? In welchem Betrieb ist eine JAV zu wählen?

 

Rz. 11a

Die Regelungen des BetrVG enthalten auf diese Fragen keine eindeutige Antwort, auch Recht...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge