2.1.1 Arbeitnehmer unter 18 Jahren

 

Rz. 3

Nach § 61 Abs. 1 i. V. m. § 60 BetrVG sind alle jugendlichen Arbeitnehmer unter 18 Jahren (aktiv) wahlberechtigt. Entscheidend ist das Alter am Tag der Wahl, bei einer sich über mehrere Tage hinziehenden Wahl kommt es auf das Alter am letzten Wahltag an.

 
Praxis-Beispiel

Arbeitnehmer A vollendet am 10.10.2024 sein 18. Lebensjahr. Die Wahl zur JAV findet am 10.10.2024 statt. A ist nicht wahlberechtigt, weil er am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet.

 
Praxis-Beispiel

Arbeitnehmer A vollendet am 10.10.2024 sein 18. Lebensjahr. Die Wahl zur JAV findet vom 1. bis 9.10.2024 statt. A ist wahlberechtigt, weil er am letzten Wahltag (9.10.) das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

 

Rz. 4

Zwar sind Jugendliche unter 18 Jahren nach den Vorschriften des BGB nur beschränkt geschäftsfähig und bedürfen für Geschäfte grundsätzlich der Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter (vgl. §§ 106 ff. BGB). Zur Ausübung des Wahlrechts nach § 61 BetrVG ist eine besondere Ermächtigung des Erziehungsberechtigten allerdings nicht erforderlich.[1]

 

Rz. 5

Die Wahlberechtigung setzt weiter voraus, dass der jugendliche Arbeitnehmer Beschäftigter des Betriebs ist. Er muss also in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und zur Belegschaft des Betriebs gehören.[2] Darüber hinaus muss der Jugendliche in die Wählerliste eingetragen sein, um sein Wahlrecht wahrnehmen zu können (vgl. dazu §§ 38, 2 Abs. 3 WO). Weitere Voraussetzungen müssen nicht erfüllt sein.

Zu den jugendlichen Arbeitnehmern, die in einem Ausbildungsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen, können neben den eigentlichen Auszubildenden auch Praktikanten und Werkstudenten gehören. Voraussetzung ist, dass sie tatsächlich auf gewisse Dauer im Betrieb tätig sind und einen, einem Auszubildenden vergleichbaren, vertieften Einblick in den Betrieb und dessen Ablauf erhalten. Praktikanten und Werkstudenten, die dagegen nur sehr kurze Zeit, z. B. zur Absolvierung eines schulischen Betriebspraktikums für eine Woche einen nur allgemeinen Einblick ins Arbeitsleben erhalten, um sich bei ihrer Berufswahl besser orientieren zu können, sind in aller Regel nicht in den Betrieb eingegliedert und nicht wahlberechtigt. Sogenannte Betriebspraktika für Schüler stellen nach der Rechtsprechung (s. z. B. BAG, Urteil v. 8.5.1990, 1 ABR 7/89) keine Berufsausbildung dar, die teilnehmenden Schüler sind nicht wahlberechtigt. Gleiches gilt für Werkstudenten, die Gelegenheit erhalten, ihre Studien-, Diplom- oder Doktorarbeit anzufertigen. Erhalten sie zu diesem Zweck Einblicke in einen Betrieb, stellt dies ebenfalls keine Berufsausbildung dar mit der Folge, dass sie nicht wahlberechtigt sind. Etwas anderes gilt dagegen für Studierende, die im Rahmen sog. dualer Studiengänge sowohl mit einer (Fachhoch-)Schule als auch mit einem Unternehmen Verträge abschließen, wonach ein Wechsel zwischen Studien- und Ausbildungszeiten im Unternehmen vorgesehen ist. Sie erhalten nicht nur einen allgemeinen Überblick über die betriebliche Tätigkeit, sondern fundierte Einblicke in die unternehmerische Praxis, sodass sie als wahlberechtigt anzusehen sind.

[1] GK-BetrVG/Oetker, § 61 Anm. Rzn. 9 ff., 13.
[2] Fitting/Schmidt u. a., § 61 BetrVG Rz. 5.

2.1.2 Auszubildende

 

Rz. 6

Wahlberechtigt sind darüber hinaus alle im Betrieb zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Darauf, ob sie das 25. Lebensjahr vollendet haben oder nicht, kommt es seit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes vom 14.6.2021 (s. o. § 1, Rz. 1) nicht mehr an. Auch derjenige, der das 25. Lebensjahr bereits vollendet hat, bleibt sowohl wahlberechtigt als auch wählbar, solange er zur Berufsausbildung beschäftigt wird. Die beiden Voraussetzungen (andauernde Berufsausbildung und Alter unter 25 Jahren) müssen nicht mehr kumulativ vorliegen. Maßgebender Zeitpunkt für beide Voraussetzungen ist der Wahltag, bei mehrtägigen Wahlen der letzte Wahltag.

 
Praxis-Beispiel

Auszubildender A beendet seine Ausbildung am 8.10.2024. Am 9.10.2024 finden die Wahlen zur JAV statt. A ist nicht wahlberechtigt, weil er sich zum Zeitpunkt der Wahl – am Wahltag – nicht mehr in der Ausbildung befindet.

 
Praxis-Beispiel

Auszubildender A, der am 10.10.2024 sein 25. Lebensjahr vollendet, beendet seine Ausbildung am 8.10.2024 Die Wahl zur JAV beginnt am 1.10.2024 und endet am 7.10.2024. A ist wahlberechtigt, weil er sich am letzten Wahltag (7.10.) noch in der Ausbildung befindet.

 

Rz. 7

Weitere Voraussetzung für die Wählbarkeit ist auch hier die Zugehörigkeit zum Betrieb sowie die Eintragung in die Wählerliste. Sonstige Voraussetzungen bestehen nicht. Das Wahlrecht der über 16 Jahre alten, zu ihrer Berufsausübung beschäftigten Arbeitnehmer zur JAV schließt ihr Wahlrecht zum Betriebsrat nach § 7 BetrVG nicht aus. Sie dürfen sich mithin an beiden Wahlen beteiligen, sind aber nicht zur JAV wählbar, wenn sie bereits Mitglied des Betriebsrats sind (vgl. § 61 Abs. 2 Satz 2 BetrVG).

Werden Auszubildende in einem Konzern im Rahmen einer Verbundausbildung gem. § 10 Abs. 5 BBiG in mehreren konzernange...

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