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§ 75 BetrVG verbietet jede unterschiedliche Behandlung der Betriebsangehörigen wegen ihres Geschlechts. Das Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts und der Grundsatz der Gleichbehandlung von Mann und Frau sowie für Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, sind in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG verfassungsrechtlich verankert.[1] Darüber hinaus sind die europäischen Richtlinien, u. a. Richtlinie des Rats über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen[2], die durch das AGG in nationales Recht transformiert worden ist, gewährleistet. Diese Grundsätze erhalten durch § 75 BetrVG Verbindlichkeit für die Behandlung von Betriebsangehörigen. Dieses Diskriminierungsverbot, das bereits in § 75 Abs. 1 Satz 1 a. F. enthalten war, wird flankiert von weiteren Regelungen im BetrVG, die der Förderung und Realisierung der Gleichstellung der Geschlechter dienen sollen.

 
Praxis-Beispiel

Nach § 80 Abs. 1 Nrn. 2a und b BetrVG ist der Betriebsrat verpflichtet, sich aktiv für die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, beruflichen Bildung und dem beruflichen Aufstieg – auch im Rahmen der betrieblichen Personalplanung – einzusetzen und Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben zu fördern.

In den vergangenen Jahren hat es zahlreiche neue Gesetze gegeben, um dem Gebot der Gleichstellung zu genügen. Für den Bereich der Bundesverwaltung und der Bundesgerichte ist durch das Bundesgleichstellungsgesetz[3] die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen detailliert geregelt. Im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft soll eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen durch das gleichnamige "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst" vom 30.4.2015, in Kraft getreten zum 1.5.2015[4], erreicht werden. Für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, gilt seit 2016 eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, werden verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festzulegen. Das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit soll mit dem Auskunftsanspruch des "Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen" (= Entgelttransparenzgesetz (EntTG)), das zum 6.7.2017 in Kraft getreten ist, durchgesetzt werden. Im Juni 2023 ist die EU-Entgelttransparenzrichtlinie[5] in Kraft getreten, die bis Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen ist. Sie sieht verpflichtende Transparenzmaßnahmen für Arbeitgeber vor und stärkt die Rechte der Beschäftigten zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots.

§ 75 BetrVG verbietet die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen in allen betrieblichen Bereichen. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist nur in Ausnahmefällen zulässig, z. B. dann, wenn das Geschlecht wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist (s. § 8 Abs. 1 AGG). Das ist der Fall, wenn die Tätigkeit ohne dieses Merkmal, bzw. ohne Fehlen dieses Merkmals entweder gar nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann[6], weil z. B. die Berufsausübung dem anderen Geschlecht unmöglich ist, wie etwa als Schauspielerin für eine weibliche Rolle, oder als Mannequin, etc.). Nach der Rechtsprechung des BAG ist diese Ausnahmeregelung aber eng auszulegen und ihre Voraussetzungen müssen vom Arbeitgeber dargelegt und bewiesen werden.[7]

[1] BVerfG, Urteil v 10.10.2017, 1 BvR 2019, NJW 2017, 3643
[2] Richtlinie Nr. 75/117/EWG ABl. L 45 S. 19.
[3] Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) v. 24.5.2015, BGBl. I S. 643.
[4] BGBl. I Nr. 17, S. 642.
[5] EU/2023/970.

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