Meilensteine der Frauenförderung
Nach wie vor dominieren die Männer in Deutschlands Vorstandsetagen. Aber im vergangenen Jahr gelang vergleichsweise vielen Frauen der Sprung in die oberste Führungsebene. Ihr Anteil in den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen liegt aktuell bei 17,5 Prozent - ein Höchststand. Experten deuten dies als erste Erfolge des zweiten Führungspositionengesetzes (FüPoG II).
Meilensteine der Frauenförderung in Wirtschaft und Arbeitsleben: ein Überblick
Das FüPoG II ist nur ein weiterer Baustein in einer Reihe von Maßnahmen, die getroffen wurden, um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Anlässlich des Weltfrauentags blicken wir zurück: Was hat sich in den vergangenen 15 Jahren getan in der Frauenförderung von Politik und Wirtschaft? Das zeigt unser chronologischer Überblick der wichtigsten Meilensteine.
2006: Weltwirtschaftsforum nimmt Gleichstellung in den Blick
Das Weltwirtschaftsforum veröffentlichte 2006 zum ersten Mal seinen Global Gender Gap Report. Der seither jährlich erstellte wissenschaftliche Bericht analysiert in mittlerweile 153 Ländern den Gender-Gap, also die Lücke in der Gleichstellung der Geschlechter. Der Report ist in die vier Bereiche Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Politik untergliedert und ordnet dabei die Staaten jeweils nach Rang.
Seit 2006 wurden zwar deutliche Fortschritte erzielt, ginge es aber in der bisherigen Geschwindigkeit weiter, würde es weltweit noch 99,5 Jahre bis zur Gleichstellung der Geschlechter dauern, wie es in der neusten Ausgabe des Berichts ( Global Gender Gap Report 2020) heißt. Im Bereich Wirtschaft würde es - isoliert betrachtet - sogar 257 Jahre bis zur Gleichstellung dauern. Bei der Teilhabe und den Chancen von Frauen im Arbeitsleben liegt Deutschland im weltweiten Vergleich nur auf Rang 48.
2007: "Women Matter" – oder: Steigern weibliche Führungskräfte den Unternehmenserfolg?
Welchen Einfluss haben weibliche Führungskräfte auf den Unternehmenserfolg? Zu dieser Frage sorgte die Unternehmensberatung McKinsey im Jahr 2007 mit einer Studie für viel Aufmerksamkeit und Diskussionsstoff. "Women Matter" hieß die Untersuchung und sie belegte einen Zusammenhang zwischen der Performance eines Unternehmens und dem Frauenanteil in der Führungsetage. Der Studie zufolge seien Unternehmen, in denen am meisten Frauen in der obersten Führungsetage vertreten sind, am erfolgreichsten – sowohl in organisatorischer als auch in finanzieller Hinsicht.
Die Hypothese, dass Frauen in Führungspositionen sich positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken, ist weiterhin populär. Wissenschaftlich betrachtet konnte allerdings bis heute empirisch kein konkreter Zusammenhang zwischen "Mixed Leadership" und Unternehmensperformance nachgewiesen werden. Eine Meta-Studie der Universität Konstanz 2013 (siehe Personalmagazin 4/2013) ergab: Von 25 Studien, in denen der Zusammenhang zwischen Gender Diversity in der Führungsebene und dem Unternehmenserfolg empirisch untersucht wurde, konnten zwar elf positive Zusammenhänge feststellen. In neun Studien trat aber kein Zusammenhang auf und in weitere fünf Studien hing die Beteiligung von Frauen in Führungsteams sogar negativ mit dem ökonomischen Erfolg der untersuchten Organisation zusammen. Eine weitere Meta-Analyse von Professor Torsten Biemann (Universität Mannheim) und Professor Heiko Weckmüller (Universität Koblenz) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Wirkung von Frauen in Führungspositionen auf den Unternehmenserfolg sehr klein und kontextabhängig ist.
2008/2009: Nürnberger Resolution
2008 initiierte der Verein "Erfolgsfaktor Frau e.V." die sogenannte Nürnberger Resolution, die die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wirtschaft zum Ziel hat. Die Nürnberger Resolution stellte die folgenden vier Forderungen auf:
- Entsprechend dem norwegischen Modell soll im Aktiengesetz festgelegt werden, dass die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften bis zum Jahr 2013 jeweils mindestens zu 40 Prozent mit Frauen besetzt sein müssen.
- Es sollen Qualifikationsstandards für männliche und weibliche Aufsichtsratsmitglieder definiert und entsprechend gesetzlich verankert werden.
- Eine zentrale Datenbank, in die sich alle potenziellen Aufsichtsratsmitglieder eintragen können, soll aufgebaut und weiterentwickelt werden.
- Es soll ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft unter anderem zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen verabschiedet werden.
Am 17. März 2009 wurde die Resolution in Berlin an Politiker übergeben.
2010: Als erster Dax-Konzern verkündet die Telekom eine interne Frauenquote
Im März 2010 wagte die Deutsche Telekom als erster Dax-Konzern einen zukunftsweisenden Schritt: Sie führte eine Frauenquote ein. Bis Ende 2015 sollten 30 Prozent der oberen und mittleren Führungspositionen im Unternehmen mit Frauen besetzt sein, kündigte der Konzern an. Mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung ist die Telekom Vorreiter.
Weitere 14 Unternehmen mit Sitz in Deutschland, darunter KPMG, Siemens, BSH und die Allianz, unterzeichneten im Mai 2010 in München eine Selbstverpflichtungserklärung zu mehr Frauen in Führungspositionen, das sogenannte "Münchner Memorandum für Frauen in Führung". Bei der Gründung erarbeiteten die Unterzeichner einen 15-Punkte-Plan, der alle Themenfelder aufgreift, an denen sie intern in ihren Unternehmen arbeiten und zu denen sie sich extern über die Unternehmensgrenzen hinweg austauschen.
In der Juniausgabe 2010 griff das Personalmagazin die damalige Debatte um die Frauenquote auf.
Ebenfalls 2010 erschien das erste "Managerinnen-Barometer" des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) in Berlin. Seither untersucht das DIW Berlin jährlich die Repräsentation von Frauen in Vorständen und Geschäftsführungen sowie in Aufsichts- und Verwaltungsräten der größten Unternehmen in Deutschland. Das DIW Managerinnen-Barometer erfasst mittlerweile insgesamt mehr als 500 Unternehmen in verschiedenen Kategorien, darunter die – gemessen an ihrem Umsatz – 200 größten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, die DAX-30-, MDAX-, SDAX- und TecDAX-Unternehmen sowie 60 Beteiligungsunternehmen des Bundes. Das aktuelle DIW-Managerinnen-Barometer 2021 finden Sie hier.
2011: Selbstverpflichtung der Dax-Konzerne und "Berliner Erklärung"
Rund ein Jahr nach der freiwilligen Selbstverpflichtung der Telekom zogen die anderen Dax-Konzerne nach. Am 30. März 2011 unterzeichneten alle 30 DAX-Unternehmen die gemeinsame Erklärung "Frauen in Führungspositionen", in der sie zusagen, ihre Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen zu intensivieren. Die Unternehmen hielten darin fest, wie die Frauenförderung in den Unternehmen weiter ausgebaut werden soll - jeweils spezifisch und individuell nach den Rahmenbedingungen des Unternehmens. In der Erklärung dokumentiert jedes Unternehmen den Status Quo seiner Frauenanteile in den verschiedenenen Führungsebenen und formuliert konkrete Ziele. Die selbst gesetzten Ziele sowie die Entwicklung der Frauenanteile in den Unternehmen werden in einem Statusbericht dokumentiert, der jährlich veröffentlicht wird.
Im Dezember 2011 wurde in Berlin die sogenannte Berliner Erklärung ins Leben gerufen. Die Berliner Erklärung ist ein überparteiliches Bündnis von Mitgliedern des Deutschen Bundestags, das sich für einen Anteil von mindestens 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten deutscher Unternehmen einsetzt.
2012: Gesetzentwurf zur Einführung einer Frauenquote scheitert
Im September 2012 beschloss der Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Einführung einer verbindlichen Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen. Danach sollte der Frauenanteil ab 2018 mindestens 20 Prozent und ab 2023 mindestens 40 Prozent betragen. Im April 2013 wurde der Gesetzentwurf jedoch durch den Bundestag abgelehnt.
2013: Große Koalition nimmt Frauenquote in den Koalitionsvertrag auf
Bei den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2013 vereinbart die Große Koalition die Einführung einer Frauenquote für Aufsichtsräte. Die Eckpunkte im Koalitionsvertrag: Börsennotierte Unternehmen, die 2016 ihre Aufsichtsräte neu besetzen, sollen mindestens 30 Prozent Frauen in ihren Aufsichtsräten haben. Ab 2015 sollen die Unternehmen selbst Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, oberster Management-Ebene und den Vorständen festlegen und öffentlich machen.
2014: Debatten, Debatten, Debatten
Das Jahr 2014 war in Sachen Frauenquote und Frauenförderung geprägt von unzähligen Debatten. Verfechter ("Vier Gründe für die Frauenquote") und Gegner der gesetzlichen Frauenquote meldeten sich immer wieder öffentlich zu Wort. Die Regierung hangelte sich Schritt für Schritt durch das Gesetzgebungsverfahren: Kündigten Bundesjustizminister Heiko Maas und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig Anfang Januar noch an, das Gesetz zur Frauenquote schon in in den ersten 100 Tagen auf den Weg zu bringen, so dauerte es schließlich doch bis zum Jahresende bis sich die Koalitionsspitze geeinigt hatte und das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschloss.
2015: Die Gesetzliche Frauenquote ist da
Am 6. März 2015 stimmte auch der Bundestag dem Gesetzentwurf zu. Damit trat zum 15. Mai 2015 das "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen" (kurz FüPoG) offiziell in Kraft. Das Gesetz verpflichtet große Unternehmen in Deutschland ab 1. Januar 2016, Aufsichtsräte mindestens mit 30 Prozent Frauen zu besetzen. (Lesen Sie hierzu auch das Titelthema von Personalmagazin Ausgabe 11/2015). Effektiv gilt die vorgegebene 30-Prozent-Quote für 108 börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen (mit mehr als 2.000 Mitarbeitern). Für weitere etwa 3.500 Unternehmen gilt die Pflicht, sich eine beliebige - selbst gewählte - Zielvorgabe zu setzen. Die Zielgrößen mussten die betroffenen Unternehmen bis 30. September 2015 festlegen. Zum Stichtag machten aber nur wenige Unternehmen ihre Zielgrößen öffentlich. Viele Unternehmen setzen sich auch gar keine Steigerung zum Ziel, sondern nur das Halten des bisherigen Frauenanteils.
2016: Erste Bilanz zur Frauenquote, weitere Gesetzesinitiativen
Mitte 2016 zog die Bundesregierung eine erste positive Bilanz zur Frauenquote. So stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der vom Gesetz betroffenen Unternehmen binnen sechs Monaten um 3,86 Prozentpunkte auf 25,83 Prozent. Eine interaktive Übersicht darüber, wie die Quote wirkt, findet sich auf den Internetseiten des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ). Nach einem Jahr, also bis Januar 2017, konnte die Frauenquote in den vom Gesetz betroffenen Aufsichtsräten sogar auf rund 27 Prozent gesteigert werden, wie das DIW-Managerinnen-Barometer 2017 zeigt. Die positive Bilanz bezieht sich allerdings nur auf die Entwicklung in den Aufsichtsräten. In den Vorständen deutscher Unternehmen sieht es in punkto Frauenanteil weiterhin düster aus, bei den 160 Dax-, MDax-, SDax und TecDax-Unternehmen liegt er 2017 bei 6,7 Prozent. Die im "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen" geforderte Zielgrößensetzung zeigt nur wenig Wirkung: 110 der 160 Unternehmen hatten sich keine konkrete Größe oder die Zielgröße Null gesetzt und planten somit, bis zum Stichtag 30. Juni 2017 keine Frauen im Vorstand zu haben.
2017: Entgelttransparenzgesetz schafft Auskunftsanspruch
Zum 6. Juli 2017 ist das Entgelttransparenzgesetz in Kraft getreten. Um insbesondere Frauen ein Mittel an die Hand zu geben, ihren Anspruch auf gleiches Entgelt wie die männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen zu begründen, können sie seit 6. Januar 2018 Auskunft über die Entgeltstrukturen im Unternehmen verlangen. Weiter verpflichtet das Entgelttransparenzgesetz Arbeitgeber, ab 2018 in ihren Lageberichten auch über den Stand der Gleichstellung zu informieren.
Weitere Informationen zum Entgelttransparenzgesetz finden sie in unserer News "Lohngleichheit: Entgelttransparenzgesetz sorgt für Auskunfts- und Berichtspflichten".
2019: Frauenanteil übersteigt 10-Prozent-Marke, erste Vorstandsvorsitzende in einem Dax-Unternehmen
Der Frauenanteil in den Vorständen der größten deutschen Unternehmen übersteigt 2019 erstmals die 10-Prozent-Marke. In den jährlichen Analysen der Frauenanteile von DIW, Fidar und EY zeigen sich außerdem erstmals Hinweise, dass die Geschlechterquote für Aufsichtsräte ihre gewünschte "Strahlkraft" auf die Vorstände entfaltet: Diejenigen Unternehmen, die der Quotenregelung für Aufsichtsräte unterliegen, haben auch einen höheren Frauenanteil auf Vorstandsebene als Unternehmen, die nicht der Geschlechterquote für Aufsichtsräte unterliegen. Insgesamt bleiben die Zahlen aber weit hinter den Erwartungen zurück.
Im Oktober 2019 beruft SAP Jennifer Morgan als CEO. Sie ist damit die erste Vorstandsvorsitzende eines Dax-Unternehmens. Morgan soll den Softwarekonzern in einer Doppelspitze gemeinsam mit Christian Klein führen. SAP wird mit dieser Personalie als "Vorreiter" und "Paradebeispiel" gefeiert. Doch nach nur sechs Monaten muss Jennifer Morgen gehen. Sie habe sich mit dem Aufsichtsrat einvernehmlich darauf verständigt, das Unternehmen zum 30. April 2020 zu verlassen, teilte SAP mit. Klein soll das Unternehmen künftig alleine führen. In einer Pressekonferenz begründete SAP die Entscheidung mit der aktuellen Situation, die "schnelles, entschlossenes Handeln" und eine klare Führungsstruktur verlange. (Lesen Sie dazu auch unsere News "Das Dilemma der Vorstandsfrauen").
2020: Die Stimmung "kippt"
Im Lauf des Jahres 2020 ist zu beobachten, dass sich der Ton in der Debatte um Frauenquoten ändert. Unter den Hashtags "#ichwill" und "#jetztreichts" machen fünf prominente Frauen, darunter Janina Kugel, ihren Unmut laut, dass zahlreiche Vorstände weiterhin reine Männerclubs sind. Die Wut haben insbesondere diejenigen Unternehmen angeheizt, die sich die Zahl Null als Zielvorgabe für Vorstandsfrauen gaben. Viele Frauen, die sich bislang gegen eine gesetzliche Frauenquote für Führungspositionen ausgesprochen hatten, weil sie unter anderem befürchteten, den davon profitierenden Frauen würde sonst der Makel der "Quotenfrau" anhängen, befürworten nun eine gesetzliche Quotenregelung für Vorstände. Die Debatte um ein zweites Führungspositionengesetz, das das 2015 in Kraft getretene FüPoG I ergänzt, nimmt Fahrt auf.
2021: Die Frauenquote für Vorstände kommt
Am 12. August 2021 trat das zweite Führungspositionengesetz (FüPoG II) in Kraft. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass in Vorständen von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit in der Regel mehr als 2.000 Beschäftigten, die mehr als drei Mitglieder haben, mindestens ein Mitglied eine Frau und ein Mitglied ein Mann sein muss. Unternehmen müssen zudem in Zukunft begründen und darüber berichten, warum sie sich das Ziel setzen, keine Frauen in den Vorstand zu berufen. Unternehmen, die keine Zielgröße festlegen oder keine Begründung für die Zielgröße Null angeben, können effektiver sanktioniert werden.
2022: Der Frauenanteil in Führungspositionen erreicht Höchststand; EU beschließt europaweite Frauenquote für Aufsichtsräte
Das DIW Managerinnen-Barometer verzeichnete im Januar 2022 139 Vorständinnen – 38 mehr als ein Jahr zuvor. Damit stieg der Frauenanteil in den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen auf knapp 15 Prozent. Das entspricht einem Plus von mehr als drei Prozentpunkten. Eine im Vergleich zu den vergangenen Jahren sehr starke Steigerung gab es beim Anteil von Frauen unter den Vorstandsvorsitzenden. In der Gruppe der Top-200-Unternehmen hat sich dieser Anteil im Vorjahresvergleich verdoppelt und lag im vierten Quartal 2021 bei acht Prozent (14 Frauen statt sieben im Jahr zuvor).
Auch in anderen Bereichen hat die Gleichstellung in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht, wie der Gleichstellungsreport des Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung aufzeigt. Im Bereich Bildung haben die Frauen die Männer demnach sogar überholt. Die Erwerbstätigenquote von Frauen stieg seit den 90er Jahren von 57 auf 79 Prozent. Auch der Gender Pay Gap schrumpft - zwar langsam aber kontinuierlich. Unklar sei jedoch, so die WSI-Forscher, ob die Pandemie den langfristig positiven Trend beim Thema Gleichstellung negativ beeinflussen werde (siehe auch: Auswirkungen von Corona auf die drei Gender Gaps).
Auch auf EU-Ebene tut sich einiges: Im Oktober 2022 beschließt die EU eine europaweite Frauenquote für Aufsichtsräte.
2023: Wegweisendes Urteil zu Equal Pay
Noch immer sind Frauen auf den obersten Führungsebenen deutlich unterrepräsentiert und das typische Dax-Vorstandsprofil hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Sieben Dax-40-Unternehmen sind nach wie vor ganz ohne Frau im Vorstand. Sorgen bereitet der Wirtschaft außerdem der niedrige Frauenanteil in Tech-Jobs. Trotz aller Bemühungen steigt der Frauenanteil in MINT-Berufen kaum.
Positive Signale gibt es hingegen in Sachen Gender Pay Gap. Im Februar 2023 fällte das BAG ein wegweisendes Urteil zur geschlechtergerechten Vergütung: Es entschied, dass "schlechter verhandelt" kein Grund für eine schlechtere Bezahlung von Frauen sein dürfe.
2024: Enttgelttransparenzrichtlinie könnte neue Ära der Gleichstellung bei der Bezahlung einläuten
Der Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten erreicht neue Höchststände. Doch die Studien zeigen auch: Unternehmen tun häufig nicht mehr als das, wozu sie gesetzlich verpflichtet sind. Expertinnen und Experten befürchten, dass sich so schleichend die Zielgröße von einer Frau im Vorstand als neue soziale Norm etablieren könnte. Positive Entwicklungen zeigt der Gleichstellungsindex des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) - nach ernüchternden Ergebnissen im Vorjahr.
Die Bemühungen, den Gender Pay Gap zu schließen, werden fortgesetzt. Unter dem dem Banner "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" tritt im Juni 2023 die Entgelttransparenzrichtlinie der Europäischen Union in Kraft. Das ambitionierte Unterfangen verpflichtet Unternehmen bereits am 100 Mitarbeitenden dazu, EInblick in ihre Gehaltsstrukturen zu geben und soll rechtliche Sanktionen ermöglichen. Bis 2026 haben die Mitgliedsstaaten Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
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