Report zum Profil und Karrieremuster von Dax-Vorständen

54 Jahre, männlich, deutsch sowie lange Unternehmens- und Branchenzugehörigkeit – noch immer sind Dax-Vorstände mehrheitlich Monokulturen. Der zehnte Dax-Vorstandsreport von Odgers Berndtson dämpft die Hoffnungen auf einen schnellen Kulturwandel in den Vorstandsgremien.

Mit der Aufstockung des Leitindex Dax von 30 auf 40 Unternehmen ist die Zahl der Vorstandsmitglieder auf insgesamt 252 gestiegen – darunter 48 Frauen und 204 Männer. Die Frauenquote hat sich dadurch nur wenig verändert. Sie liegt 2022 bei 19 Prozent und damit etwas höher als im Vorjahr (17 Prozent).

Demnach bleiben die Vorstandsgremien auch nach der Ankündigung und dem Inkrafttreten des Zweiten Führungspositionengesetzes (FüPoG II) homogen. Mehr als die Mindestquote erfüllen die wenigsten Unternehmen. Immerhin sieben DAX-Unternehmen erreichen auf Vorstandsebene einen Frauenanteil von mehr als 30 Prozent. "Für einen wirklichen Wandel braucht es einen Anteil von 30 bis 40 Prozent", sagt Klaus Hansen, Partner und Gesellschafter bei Odgers Berndtson.

Neue Dax-Unternehmen sorgen für wenig Veränderung

Am weitesten davon entfernt sind MTU Aero Engines und Sartorius. Die Dax-Unternehmen haben aktuell keine Frau im Vorstand, obwohl sie unter die Regelung fallen. So sind sie verpflichtet, beim nächsten Wechsel ein Frau in den Vorstand zu berufen. Auch die Dax-"Neulinge" sorgen für wenig Veränderung: "Unternehmen wie Hello Fresh, Zalando oder auch Delivery Hero stehen trotz eines jüngeren Vorstands noch lange nicht für einen Kulturwandel", erklärt Hansen. Die politischen Regulierungen erreichen laut Hansen ihr Ziel, Diversität aus eigenem Antrieb sei hingegen eine Seltenheit. Tatsächlich sind es traditionelle Konzerne und diejenigen, die sich bereits seit längerem den ESG-Kriterien verschrieben haben, die den Weg zu mehr Vielfalt im Top-Management eingeleitet haben.

Geschrumpfte Gremien können Quoten relativieren

Von einer höheren Frauenquote auf mehr weibliche Mitbestimmung zu schließen, bleibt indes schwierig. Ein Bespiel macht das deutlich: Erstmals sank 2022 die Größe der Vorstandsgremien auf durchschnittlich fünf Personen (Vorjahr 6,4). Ein Unternehmen mit einer Vorständin würde durch die Reduzierung des Gremiums demnach seine Frauenquote von knapp 17 auf 21 Prozent steigern. Mehr Mitsprache oder Verantwortung für die Vorständin wären dadurch jedoch nicht zwangsläufig.

Dax40: Drei Bundesländer stellen die meisten Vorstände

In den bevölkerungsreichen Bundesländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern werden nach wie vor mit Abstand die meisten Vorstände rekrutiert. Hier sind auch die Universitäten beheimatet, an denen die heutigen Vorstandsmitglieder mehrheitlich studiert haben – darunter die Universität zu Köln (9), die TU Darmstadt (9) oder die RWTH Aachen (6). Eine neue, wichtige Karriereschmiede – vor allem bei der jüngeren Vorstandsgeneration – ist die WHU Otto Beisheim School of Management (8) im rheinlandpfälzischen Vallendar. Aus ostdeutschen Bundesländern kommen kaum Vorstände. "Die Homogenität, die sich in den Vorstandsgremien zeigt, basiert auf traditionellen Netzwerken. Gute Vorstandskandidaten verfügen über diese Netzwerke und den dazugehörigen Habitus – die Eintrittskarte in den obersten Managementstock", sagt Hansen. (Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag: "Köln, Aachen, Mannheim: Wo deutsche DAX-Vorstände studieren").

Internationalisierung unter Dax-Vorständen erreicht ein Allzeithoch

Gleichzeitig werden die Dax-Vorstandsgremien internationaler. Der Anteil ausländischer Vorstandsmitglieder liegt bei 37 Prozent und damit auf einem Allzeithoch. Vor allem Frauen aus dem Ausland werden gern rekrutiert. Mittlerweile hat knapp jede zweite Frau im Dax-Vorstand eine internationale Herkunft. Bei den Männern sind es 34 Prozent. Die meisten ausländischen Vorstandsmitglieder stammen aus den USA, dem UK und Frankreich, gefolgt von weiteren europäischen Ländern – und nur in Einzelfällen aus Südamerika oder Asien. Aus Afrika hat es bislang niemand in den Vorstand eines Dax-Konzerns geschafft.

Dax-Vorstände: leichte Verjüngung, Chemiebranche sieht alt aus

Bezüglich des Durchschnittsalters der Dax-Vorstandsmitglieder ist 2022 eine leichte Verjüngung im Vergleich zum Vorjahr zu sehen. Frauen in den Vorstandsgremien sind im Schnitt 52 Jahre alt, Männer rund 54 Jahre. Auch das Alter bei Einberufung in den Vorstand ändert sich nicht wesentlich durch die Vergrößerung: Sowohl Männer als auch Frauen sind dann knapp 49 Jahre alt. Im Branchenvergleich ist die Chemiebranche weiterhin die älteste: Hier sind die Vorstände im Schnitt 56 Jahre alt. Der Versandhandel ist mit einem Durchschnittsalter von 42 Jahren die jüngste Branche im Dax.

Wirtschaftswissenschaften als Sprungbrett für eine Vorstandskarriere

Der berufliche Werdegang der Dax-Vorstände ist dagegen bei Frauen und Männern ähnlich: 57 Prozent der Top-Managerinnen und -manager studierten Wirtschaftswissenschaften. Allein bei den Frauen sind es sogar 62 Prozent (Männer 55 Prozent). Mittlerweile haben die Frauen die Männer sogar beim MBA-Abschluss überholt: Jede vierte Dax-Vorständin hat heute einen MBA. Bei den Männern ist es nur knapp jeder fünfte. Der Anteil an Doktortiteln bei den Dax-Vorständen ist 2022 leicht gestiegen auf 31 Prozent. Sein Stellenwert ist aber in den vergangenen zehn Jahren um elf Prozent gesunken.  (Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag: Immer mehr DAX-Vorstände haben einen MBA).

Diversity: Dax-Personalressort in weiblicher Hand

Für umgekehrte Geschlechterverhältnisse sorgt, wie schon im Vorjahr, das Ressort Personal. Dort sind zwei Drittel der HR-Vorstände weiblich. Jedoch bleiben sie im Schnitt nur fünf Jahre im Amt. Frauen in männlich dominierten Vorstandspositionen wie CEO, CFO oder CIO kommen hingegen durchschnittlich auf eine siebenjährige Amtszeit. Etwa die Hälfte der CHROs stammt auf dem eigenen Unternehmen, zwei von drei aus der eigenen Branche.

Den neuen DAX40-Vorstandsreport von Odgers Berndtson finden Sie hier zum Download.


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Schlagworte zum Thema:  Vorstand, Diversity, Studium