Gender Pay Gap erstmals wieder gesunken
Der Gender Pay Gap ist die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdiensts der Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer. Laut Statistischem Bundesamt haben Frauen im Jahr 2024 durchschnittlich 22,24 Euro pro Stunde verdient. Der Bruttostundenverdienst von Männer betrug dagegen 26,34 Euro. Zur Berechnung des Gender Pay Gaps stehen zwei Indikatoren mit unterschiedlicher Aussagefunktion zur Verfügung: Der unbereinigte Gender Pay Gap und der bereinigte Gender Pay Gap.
Unbereinigte vs. bereinigte Entgeltlücke
Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht allgemein den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer beziehungsweise Arbeitnehmerinnen miteinander. Mithilfe des unbereinigten Gender Pay Gaps wird auch der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen verursacht wird, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen misst den Verdienstabstand von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien.
Laut Statistischem Bundesamt sind 63 Prozent der Verdienstunterschiede strukturbedingt erklärbar – also unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird und sie seltener Führungspositionen erreichen. Die verbleibenden 37 Prozent des Verdienstunterschieds entsprechen dem bereinigten Gender Pay Gap.
Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Gender Pay Gap
Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamts haben Frauen im Jahr 2024 in Deutschland 16 Prozent weniger verdient als Männer - das ist der unbereinigte Gender Pay Gap. Demnach verdienten Frauen mit durchschnittlich 22,24 Euro brutto in der Stunde 4,10 Euro weniger als Männer. Im Vergleich zum Vorjahr ist der unbereinigte Gender Pay Gap damit um zwei Prozentpunkte gesunken. Das war der stärkste Rückgang seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2006.
Alle Informationen zur Erhebungsmethodik lesen Sie auf der Seite des Statistischen Bundesamtes. Der bereinigte Gender Pay Gap liegt laut Statistischem Bundesamt bei sechs Prozent.
Diese Angabe beruht seit 2022 auf der neuen monatlichen Verdiensterhebung. Zuvor lag dem Bericht die Verdienststrukturerhebung (VSE) von 2018 zugrunde, die nur alle vier Jahre durchgeführt wurde. Mit dem Wechsel der Datenquelle musste auch Erhebungsmethodik angepasst werden. Deshalb sind die Ergebnisse ab dem Jahr 2022 nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.
Gender Pay Gap um zwei Prozentpunkte gesunken
Der Rückgang des unbereinigten Gender Pay Gaps ist laut Statistischem Bundesamt vor allem auf die stärkere Entwicklung der Bruttomonatsverdienste von Frauen zurückzuführen. Im Jahr 2024 stiegen die Bruttomonatsverdienste der Frauen gegenüber 2023 um rund acht Prozent von durchschnittlich 2633 Euro auf 2851 Euro. Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst von Männern stieg schwächer um rund fünf Prozent von 3873 Euro auf 4078 Euro. Die durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeiten von Frauen und Männern erhöhten sich nur geringfügig. Sowohl Frauen als auch Männer arbeiteten im Jahr 2024 mit 122 beziehungsweise 149 Stunden im Durchschnitt etwa eine Stunde mehr pro Monat als im Jahr 2023.
Teilzeitbeschäftigung als einer der Gründe für Gender Pay Gap
Im Jahr 2023 waren noch 24 Prozent der Verdienstlücke (1,06 Euro) darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Berufen und Branchen tätig sind. 2024 sank dieser Anteil auf 21 Prozent (0,87 Euro). Das könnte laut Statistischem Bundesamt darauf hindeuten, dass Frauen inzwischen verstärkt in besser bezahlten Berufen und Branchen arbeiten.
Ein weiterer Faktor, um den Verdienstunterschied zu erklären, ist der Beschäftigungsumfang: Frauen sind häufiger in Teilzeit beschäftigt, was in der Regel mit geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einhergeht. Dies macht rund 19 Prozent des Verdienstunterschieds (0,79 Euro) aus. Aktuelle Zahlen zur Erwerbstätigkeit liegen aus dem Jahr 2023 vor: 73,0 Prozent aller Frauen gingen einer bezahlten Arbeit nach und 80,5 Prozent aller Männer. Eine wesentliche Ursache für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern ist die hohe Teilzeitquote von Frauen. Mit 50 Prozent ging jede zweite Frau einer Teilzeitarbeit nach. Bei den Männern lag die Teilzeitquote mit 13 Prozent deutlich niedriger. Sowohl bei Frauen als auch bei Männern hat die Teilzeitbeschäftigung seit dem Jahr 2013 leicht zugenommen.
Gender Pension Gap als Folge des Gender Pay Gap
Auch der Gender Pension Gap ist 2024 gesunken. So erhielten Frauen im vergangenen Jahr im Schnitt 25,6 Prozent weniger Rente als Männer (2023: 26,9 Prozent). Der Gender Pension Gap gibt den relativen Unterschied der Alterseinkünfte zwischen Frauen und Männern an.
Der Gender Pension Gap ist meist höher als der Gender Pay Gap. Das liegt daran, dass der Gender Pay Gap den Ist-Zustand angibt, also den tatsächlichen Verdienstabstand zwischen den Geschlechtern in der Gegenwart. Verringern sich die Lohnunterschiede, verringert sich auch der Gender Pay Gap unmittelbar. Der Gender Pension Gap informiert jedoch über das tatsächliche Rentengefälle heutiger Rentner und Rentnerinnen, die nicht mehr erwerbstätig sind und daher auch nicht direkt von heutigen Lohnangleichungen profitieren. Erst bei zukünftigen Rentnerinnen wird sich das geringere Lohngefälle aus der eigenen Erwerbsbiografie in einem geringeren Gender Pension Gap ausdrücken können.
Einfluss der Branche auf den Gender Pay Gap
Die unbereinigte Entgeltlücke unterscheidet sich auch nach Branchen. Im Bereich Wasserversorgung und Abfallentsorgung ist der durchschnittliche Bruttostundenlohn von Frauen um zwei Prozent höher als der von Männern, im Bergbau ist er für Männer und Frauen gleich hoch. In allen anderen Wirtschaftszweigen verdienen Männer im Durchschnitt mehr als Frauen. Den höchsten Gender Pay Gap gibt es im Bereich der Finanz- und Versicherungsleistungen sowie bei der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (26 Prozent bzw. 25 Prozent). In 12 von 18 untersuchten Branchen liegt der Gender Pay Gap im zweistelligen Prozentbereich. Auffällig ist, dass der Gender Pay Gap gerade in der "frauentypischen" Branche des Gesundheits- und Sozialwesens mit 19 Prozent sogar über dem Durchschnitt liegt.
Auffällig ist zudem, dass mit steigender Unternehmensgröße auch der Gender Pay Gap wächst. So liegt der unbereinigte Gender Pay Gap in Unternehmen mit zehn bis 49 Beschäftigten bei zwölf Prozent, in Unternehmen ab 500 Beschäftigten beträgt er 18 Prozent.
Nach wie vor fällt der unbereinigte Gender Pay Gap in Ostdeutschland deutlich geringer aus als in Westdeutschland. Im Westen war er im Jahr 2024 mit 17 Prozent mehr als dreimal so hoch wie im Osten (fünf Prozent). Der bereinigte Gender Pay Gap lag im Westen bei sechs Prozent und im Osten bei acht Prozent.
Gender Gap im Europa-Vergleich
Deutschland hat eine der größten Verdienstlücken zwischen Frauen und Männern in Europa. Im Vergleich von 27 EU-Ländern liegt Deutschland auf Platz 24 und hat damit im Vergleich zum Vorjahr einen Platz gut gemacht. Schlusslichter im aktuellen Vergleich von Eurostat, dem die Daten von 2022 zugrunde liegen, sind Estland (21,3 Prozent) und Österreich (18,4 Prozent). In Luxemburg verdienten Frauen 0,7 Prozent mehr als Männer. Spitzenreiter - das heißt die Länder mit den kleinsten Entgeltlücken - sind nach Luxemburg Italien (4,3 Prozent), Rumänien (4,5 Prozent) und Belgien (5,0 Prozent).
Gender Pay Gap schließt sich langsam
Im langfristigen Vergleich sinkt der unbereinigte Gender Pay Gap laut Zahlen des Statistischen Bundesamts. Zu Beginn der Messung im Jahr 2006 betrug der geschlechterspezifische Verdienstabstand noch 23 Prozent. 2019 sank der Wert erstmalig unter 20 Prozent. Zwischen 2020 und 2023 verharrte der Wert unverändert bei 18 Prozent. 2024 ist er nun erstmals wieder gesunken.
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