2.1 Begriff der Ausschreibung

 

Rz. 3

Unter Ausschreibung ist die schriftliche Aufforderung an sämtliche Arbeitnehmer oder eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern zu verstehen, sich um bestimmte, im Einzelnen näher bezeichnete Arbeitsplätze zu bewerben (BAG, Beschluss v. 23.2.1988, 1 ABR 82/86[1]). Das Gesetz nennt nicht, wie die Ausschreibung im Einzelnen durchzuführen ist. Aus Gründen der Rechtsklarheit und -sicherheit erscheint es aber sinnvoll, wenn zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber eine Vereinbarung über die Einzelheiten der innerbetrieblichen Stellenausschreibung getroffen wird. Form und Inhalt einer Ausschreibung stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers, solange darüber nicht eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat getroffen worden ist. Kann der Betriebsrat aber einen bestimmten Inhalt nicht verlangen, erweist sich auch nicht jede – aus seiner Sicht unvollständige – Ausschreibung als Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 23.3.2010, 7 TaBV 2511/09). Im juristischen Schrifttum ist umstritten, ob eine solche Vereinbarung als Betriebsvereinbarung[2] oder als Vereinbarung sui generis zu qualifizieren ist[3]. Der Streit ist indes allein theoretischer Natur, da eine derartige Vereinbarung jedenfalls nicht erzwungen werden kann. Der Spruch der angerufenen Einigungsstelle kann also ausschließlich nach § 76 Abs. 6 BetrVG verbindlich werden. Etwas anderes gilt hingegen, wenn die Vereinbarung gleichzeitig Auswahlrichtlinien gemäß § 95 Abs. 1 BetrVG enthält. Diese liegen aber erst dann vor, wenn der Arbeitgeber z. B. verpflichtet werden soll, innerbetrieblichen Bewerbern bei gleicher Qualifikation oder einer bestimmten Betriebszugehörigkeit den Vorrang zu geben[4]. Insoweit sind hinsichtlich der Erzwingbarkeit die Vorgaben des § 95 Abs. 2 BetrVG zu beachten.

[1] NZA 1988, 551.
[2] So wohl Fitting, § 93 Rz. 9.
[3] So GK-BetrVG/Kraft, § 93 Rz. 14.
[4] GK-BetrVG/Kraft, § 93 Rz. 15.

2.2 Erfasste Arbeitsplätze

 

Rz. 4

Der Betriebsrat kann die Ausschreibung neu geschaffener oder vorhandener frei gewordener Arbeitsplätze allgemein oder nur für bestimmte Arten von Tätigkeiten verlangen. Die Ausschreibung von Arbeitsplätzen, die für die Dauer ihres Besetzungsverfahrens interimsmäßig kürzer als einen Monat mit internen oder externen Arbeitnehmern besetzt werden, ist nicht geboten[1]. Der Betriebsrat kann aber anregen, dass freie Arbeitsplätze auch als Teilzeitarbeitsplätze oder z. B. als Telearbeitsplätze[2] ausgeschrieben werden. Ihm steht aber kein qualifiziertes Mitbestimmungsrecht in der Frage zu, ob ein Arbeitsplatz Teilzeit geeignet ist (ArbG Hannover, Beschluss v. 13.1.2005, 10 BV 7/04[3]). Erklärt sich der Arbeitgeber hierzu aber bereit, muss er hierauf in der Ausschreibung ausdrücklich hinweisen (§ 93 Satz 3 BetrVG). Die Gesetzesformulierung macht deutlich, dass die Forderung des Betriebsrats lediglich generell, also für alle freien Arbeitsplätze oder gruppenbezogen gestellt werden kann, nicht aber von Fall zu Fall für konkrete einzelne Arbeitsplätze (LAG Köln, Beschluss v. 1.4.1993, 10 TaBV 97/92[4]). Der Betriebsrat kann demnach die Ausschreibung nicht anlässlich eines konkreten Einzelfalls verlangen. Insbesondere ist es ihm verwehrt, nach Einleitung einer personellen Maßnahme gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG durch den Arbeitgeber unter Hinweis auf die – nicht verlangte – Ausschreibung, die Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG zu verweigern[5].

 

Rz. 4a

Die Frage, ob eine erforderliche Ausschreibung nachgeholt und in einem laufenden Beschlussverfahren zu berücksichtigen ist, ist umstritten (vgl. LAG Bremen, Beschluss v. 5.11.2009, 3 TaBV 16/09, für die Gegenauffassung LAG Berlin, Beschluss v. 26.9.2003, 6 TaBV 609/03). Der Betriebsrat kann jedenfalls die Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG wegen fehlender Ausschreibung verweigern, selbst wenn aufgrund der erforderlichen Qualifikation nicht mit internen Bewerbern zu rechnen ist[6]. Veränderungen tatsächlicher Art sind aber jedenfalls bis zum Schluss der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen (BAG, Beschluss v. 16.1.2007, 1 ABR 16/06[7]) und Gegenstand eines Verfahrens auf Ersetzung der Zustimmung zu einer Einstellung oder Versetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist die Frage, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Verfahrensgegenstand ist also nicht, ob die Maßnahme zum Zeitpunkt der Antragstellung, sondern ob sie zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung durch den Arbeitgeber zulässig war. Eine fehlende Ausschreibung kann jedenfalls dann mit heilender Wirkung bis zum Schluss der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht nachgeholt werden, wenn der Arbeitgeber die Einstellung vorläufig durchgeführt hat und sich auf die erneute Ausschreibung kein interner Bewerber gemeldet hat (LAG Berlin, Beschluss v. 26.9.2003, 6 TaBV 609/03).

 

Rz. 4b

Es bedarf keiner neuerlichen Ausschreibung, wenn eine bereits ausgeschriebene Stelle über einen längeren Zeitraum zunächst nicht t...

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