Rz. 114

Die Zustimmung des Betriebsrats kann gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigert werden, wenn die personelle Einzelmaßnahme gegen ein Gesetz, eine sonstige Rechtsvorschrift, eine behördliche Anordnung, eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung verstößt. Entscheidende Voraussetzung für das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats ist, dass die Maßnahme als solche gegen eine der genannten Vorschriften verstößt. Diese müssen die Einstellung oder sonstige Maßnahme als solche untersagen. Hingegen genügt es nicht, wenn einzelne Vertragsbedingungen einer Norm zuwiderlaufen (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 54/03[1]).

 
Praxis-Beispiel

Zustimmungsverweigerungsgrund auf Einzelfall bezogen

Ein Unternehmen der Metallindustrie in Baden-Württemberg konnte gem. § 7 Manteltarifvertrag für 18 % aller Beschäftigten als regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche (anstatt 35 Stunden) vereinbaren. Der Betriebsrat hatte seine Zustimmung zur Einstellung eines weiteren Mitarbeiters mit 40 Stunden verweigert, weil die Quote bereits ausgeschöpft war. Die Verweigerung war jedoch nicht berechtigt, weil die Einstellung selbst nicht gegen den Tarifvertrag verstieß. Es ist Sache des Arbeitgebers, durch welche Maßnahmen er die Quote erreichen will. Das BAG stellt zutreffend fest, dass der Arbeitgeber durch die tarifvertragliche Bestimmung nicht bei einzelnen personellen Maßnahmen gebunden ist.[2]

 

Rz. 114a

Hingegen genügt es nicht, wenn einzelne Vertragsbedingungen einer Norm zuwiderlaufen (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 54/03), da das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle ist. Der Arbeitgeber ist daher bei der befristeten Einstellung von Arbeitnehmern weder aus § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BetrVG (Rz. 19) noch aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat mitzuteilen, ob die Befristung mit oder ohne Sachgrund sowie ggf. mit welchem erfolgen soll. Es gibt auch keinen entsprechenden Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (BAG, Beschluss v. 27.10.2010, 7 ABR 86/09[3]).

[1] NZA 2005, 424.
[3] NZA 2011, S. 418.

5.1.1 Mangelnde Unterrichtung

 

Rz. 114b

Der Betriebsrat ist nicht berechtigt, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern. Darin liegt kein Gesetzesverstoß nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 BetrVG. Dieser setzt voraus, dass die beabsichtigte personelle Maßnahme selbst gesetzwidrig ist (Beschluss v. 1.6.2011, 7 ABR 138/09; BAG, Beschluss v. 12.1.2011, 7 ABR 15/09[1]). Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtung läuft die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG allerdings (noch) nicht.

[1] NZA-RR 2011, S. 574.

5.1.2 Untertarifliche Bezahlung

 

Rz. 115

Der Betriebsrat kann deshalb die Zustimmung zu einer Einstellung nicht allein deshalb verweigern, weil untertarifliche Bezahlung oder ein Entgelt unterhalb des in § 1 Abs. 2 MiLoG festgesetzten Mindestlohns vorgesehen ist. Zur Vermeidung der damit möglicherweise verbundenen Gesetzesverletzung ist es nicht erforderlich, dass die Einstellung unterbleibt. Der Arbeitnehmer kann mögliche Tarifansprüche nach der Einstellung gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen (BAG, Beschluss v. 28.3.2000, 1 ABR 16/99[1]). Gleiches gilt, wenn der Betriebsrat meint, die einzelvertragliche Vereinbarung der für die Eigenkündigung des Arbeitnehmers geltenden Kündigungsfrist sei tarifvertragswidrig (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 54/03[2]).

[1] NZA 2000, 1294.
[2] NZA 2005, 424.

5.1.3 Keine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft

 

Rz. 116

Ein Zustimmungsverweigerungsgrund besteht aber dann, wenn der Arbeitgeber die Einstellung eines Bewerbers davon abhängig macht, dass dieser nicht Gewerkschaftsmitglied ist. Ein solches Auswahlkriterium verstößt gegen das nach Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Recht des Arbeitnehmers, Mitglied einer Gewerkschaft zu sein. Der Verstoß berechtigt den Betriebsrat, die Zustimmung zur Einstellung zu verweigern (BAG, Beschluss v. 28.3.2000, 1 ABR 16/99[1]).

[1] NZA 2000, 1294.

5.1.4 Arbeitszeitverlängerung

 

Rz. 117

Der Betriebsrat kann einer Eingruppierung seine Zustimmung nicht deshalb verweigern, weil der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine längere als die bisher im Betrieb übliche Wochenarbeitszeit oder gesetzes- und/oder tarifwidrige – individuelle Arbeitszeitverlängerungen vereinbart hat (BAG, Beschluss v. 27.10.2010, 7 ABR 36/09[1]). Die Festlegung der Dauer der Wochenarbeitszeit ist auch keine nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtige Aufstellung eines Entlohnungsgrundsatzes (BAG, Beschluss v. 30.10.2001, 1 ABR 8/01[2]).

[1] NZA 2011, 527.
[2] NZA 2002, 919.

5.1.5 Einstellung von Leiharbeitnehmern

 

Rz. 118

Ebenso kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Übernahme eines Leiharbeitnehmers nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gleichstellungsgebot in § 8 Abs. 1 AÜG verweigern. Das mit dem Gleichstellungsgebot verbundene gesetzliche Ziel verlangt nicht danach, dass im Verletzungsfall eine Beschäftigung des Leiharbeitnehmers ganz unterbleibt. Vielmehr widerspräche es gerade dem Sinn und Zweck des AÜG, wenn die E...

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