Rz. 65
Besonderheiten können bei Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug auftreten, sei es, weil der Arbeitnehmer ausländischer Staatsangehöriger ist, sei es, weil es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, dessen Pflichten der Arbeitnehmer im Ausland zu erfüllen hat.
Territorialprinzip
Dabei gilt als Grundregel, dass die Geltung des MuSchG sich als staatliches Arbeitsschutzrecht nach dem Territorialitätsprinzip richtet: es gilt für jedes Arbeitsverhältnis, bei dem die Arbeitnehmerin ihren Arbeitsplatz in Deutschland hat – egal ist, ob es sich um in- oder ausländische Arbeitgeber handelt. Es geht als zwingendes Arbeitsschutzrecht auch ausländischem Vertragsrecht vor. Für Fälle der Arbeitnehmerentsendung nach Deutschland ergibt sich das auch aus § 2 Nr. 6 AEntG.
Selbst wenn im Arbeitsvertrag ausländisches Recht vereinbart worden ist, gilt das MuSchG, solange die Arbeitnehmerin in Deutschland eingesetzt ist, z. B. für Grenzgängerinnen. Das MuSchG ist zwingendes Recht i. S. d. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 der VO (EG) 593/2008 (Rom I VO) und geht daher ausländischem Recht vor. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Arbeitnehmerin ausländischer Nationalität ist: solange sie im Inland eingesetzt wird, ist das MuSchG zu beachten.
Rz. 66
Anders stellt sich die Rechtslage dann dar, wenn ein deutscher Arbeitgeber eine ausländische Arbeitnehmerin einstellt, die ihre Arbeitsleistung in ihrem Heimatland zu erbringen hat.
Tätigkeit im Ausland
Das Unternehmen X GmbH mit Sitz in Frankfurt stellt eine ungarische Mitarbeiterin als Vertriebsbeauftragte für Ungarn ein. Hier kann ungarisches Recht vereinbart werden; wenn die Parteien keine Regelung getroffen haben, welches Recht gelten soll, richtet sich das Arbeitsverhältnis ebenfalls nach Art. 8 Abs. 2 und 3 der VO (EG) 593/2008 (Rom I VO) nach ungarischem Arbeitsrecht, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung dauerhaft in Ungarn erbringen soll. Da der Arbeitsort in Ungarn liegt, richtet sich der Mutterschutz nach ungarischem Recht, das allerdings, da auch hier die RL 85/92/EWG gilt, EU-Standards einzuhalten hat.
Rz. 67
So kann im Übrigen auch ein deutscher Arbeitgeber mit einem deutschen Arbeitnehmer, der ausschließlich im Ausland eingesetzt wird, das ausländische Recht vereinbaren. Wird keine Vereinbarung getroffen, so ist in einem solchen Fall aber deutsches Recht anzuwenden. Ist aus diesem Grund oder weil es entsprechend vereinbart worden ist, auf das Arbeitsverhältnis deutsches Recht anzuwenden, gilt bei einer dauerhaften Auslandstätigkeit das MuSchG nicht ohne Weiteres, sondern nur dann, wenn die jeweiligen Vorschriften Eingriffsnormen i. S. d. Rom I VO sind. Das ist für § 20 MuSchG der Fall, muss aber für jede Norm einzeln geprüft werden und ist nicht unumstritten. Die Auffassung, dass eine zwingende Wirkung i. S. v. Art. 9 Rom I VO den individualschützenden Normen des § 1 nicht zugesprochen werden können, trägt aber dem Umstand nicht Rechnung, dass auch Regelungen wie die Beschäftigungsverbote und die mit ihr verbundene Entgeltsicherung nicht nur dem Schutz der einzelnen Arbeitnehmerin dienen, sondern auch der Gesundheit des ungeborenen Kindes und insoweit auch einem öffentlichen Interesse daran, dass die Gesellschaft nicht damit belastet wird, die Folgen gesundheitsgefährdender Arbeitseinsätze von werdenden Müttern zu tragen.
Rz. 68
Ist die deutsche Arbeitnehmerin durch einen ausländischen Arbeitgeber hingegen für eine Tätigkeit im Ausland, insbesondere dem Land des Arbeitgebers, eingestellt, gilt regelmäßig das Recht des ausländischen Staates.
Rz. 69
Umgekehrt lässt ein nur vorübergehender Einsatz einer an sich in Deutschland tätigen Arbeitnehmerin im Ausland im Wege der vorübergehenden Entsendung die Geltung des deutschen MuSchG nicht entfallen.