Rz. 40

Die Freistellung aus Gründen eines Beschäftigungsverbotes ist kein Urlaub. Daher kann der Arbeitgeber nicht einseitig Urlaub anordnen, um ein Beschäftigungsverbot damit zu umgehen.[1] Das Beschäftigungsverbot nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 ist ein eigenständiges Rechtsinstrument der bezahlten Freistellung, weil der Arbeitgeber auf keine andere Weise eine unverantwortbare Gefährdung ausschließen kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Urlaubsanspruch ein durch das Bundesurlaubsgesetz bedingter Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, von den nach dem Arbeitsverhältnis entstehenden Arbeitspflichten befreit zu werden, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts, berührt wird.[2] Die zur Erfüllung des Anspruchs erforderliche Erklärung des Arbeitgebers muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaubsgewährung erklärt wird. Anderenfalls ist nicht bestimmbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs die geschuldete Leistung bewirkt (§ 362 Abs. 1 BGB) oder als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme verzichtet (§ 615 BGB).[3]

 

Rz. 41

Der Arbeitgeber kann das Beschäftigungsverbot auch unter Anrechnung von Zeitausgleich aus dem Stundenkonto durchsetzen, indem er (einseitig) Freizeitausgleich anordnet.[4] Dies gilt auch dann, wenn er ihr zuvor nicht eine konkrete anderweitige Tätigkeit zugewiesen hat. Eine Freistellung ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer überhaupt nicht mehr zur Arbeitsleistung verpflichtet ist.[5] Ein Arbeitszeitkonto dient gerade dazu, schwankenden Beschäftigungsbedarf auszugleichen und insoweit dem Arbeitgeber einen Teil des Betriebsrisikos abzunehmen.[6]

 

Rz. 42

Das Beschäftigungsverbot hebt die Arbeitspflicht der Arbeitnehmerin nicht generell auf. Die konkrete, arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung kann lediglich wegen nicht auszuschließender Gefährdung nicht erbracht werden. Der Arbeitgeber darf vielmehr der Arbeitnehmerin, die von einem Beschäftigungsverbot nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 betroffen ist, eine zumutbare Ersatztätigkeit zuweisen. Dies ergibt sich aus der Reihenfolge der in § 13 Abs. 1 angeordneten Abwehrmaßnahmen. Wenn ein milderes Mittel in Betracht kommt, bleibt die ultima ratio des Beschäftigungsverbotes ohne Anwendung. Daher ist in der betrieblichen Praxis auf die sprachliche Differenzierung zu achten: ein Beschäftigungsverbot und kein Freistellungs- oder Urlaubsanspruch. Erst aus dem Verbot einer Beschäftigung ergibt sich eine (bezahlte) Freistellung als logische Konsequenz.

 

Rz. 43

Eine Kürzung des Erholungsurlaubs wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote ist nicht zulässig. Dies ergibt sich aus den unterschiedlichen Zielsetzungen und Gründen der Arbeitsfreistellung. Der Urlaub nach Bundesurlaubsgesetz dient der Erholung und nicht der Verhinderung von Arbeitsleistung, um einer Gefährdungslage zu begegnen.

[1] BAG, Urteil v. 15.12.2015, 9 AZR, 52/15, MDR 2016 S. 532.
[2] Vgl. BAGE 45, 184, 187, AP Nr. 14 zu § 3 BUrlG Rechtsmissbrauch, zu II 2b der Gründe; 54, 59, 62, AP Nr. 19 zu § 11 BUrlG, zu 2b der Gründe; 59, 154, 161, AP Nr. 22 zu § 11 BUrlG, zu I 2b der Gründe.
[4] § 43 Abs. 1 TVöD-BT-V.

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