Rz. 3
Die eigentliche Bedeutung der Vorschrift liegt daher in dem besonderen deutlich längeren Zeitraum für die Inanspruchnahme des Urlaubs nach Satz 2.
Dieser Regelung ist § 17 Abs. 2 BEEG nachgebildet. Sie hat 2 Anwendungsbereiche:
- Der Urlaub bleibt der Arbeitnehmerin bei Mutterschaft und Inanspruchnahme der Schutzfristen auch dann erhalten, wenn er bis zum 31.3. des Folgejahres, dem Ende des Übertragungszeitraums wegen der Schutzfristen nicht genommen werden kann.
- Wichtiger ist aber, dass der Urlaub auch dann nicht verfällt, wenn die Arbeitnehmerin im Anschluss an die Schutzfristen Elternzeit in Anspruch nimmt und der Urlaub deswegen nicht genommen werden kann, wie sich aus dem Zusammenspiel mit § 17 Abs. 2 BEEG ergibt. Da häufig direkt im Anschluss an die Schutzfrist von der Mutter Elternzeit in Anspruch genommen wird, ist die Bedeutung der Vorschrift eher gering, denn in diesem Fall regelt sich die Frist für die Inanspruchnahme des übertragenen Urlaubs nach § 17 Abs. 2 BEEG.
Übertragung der Urlaubsansprüche
Eine Arbeitnehmerin hat im Jahr 2022 noch 20 Arbeitstage Urlaub, den sie nicht mehr nehmen kann, bevor Ende November die Schutzfristen nach § 3 Abs. 1 und 2 MuSchG beginnen. Die Schutzfrist endet am 15.3.2023. Anschließend beansprucht sie nahtlos Elternzeit bis zum 31.10.2025. Wird der Urlaub aus dem Jahr 2022 vollständig übertragen?
Lösung
Der Urlaub aus 2022 wird nach § 24 Satz 2 in die Jahre 2023 und 2024 ohne Begrenzung auf den Übertragungszeitraum übertragen. Dann wird er durch die Inanspruchnahme der Elternzeit weiter übertragen nach § 17 Abs. 2 BEEG bis zum Ende des Jahres 2026.
Für die Übertragung des Urlaubs bedarf es keines Grundes und auch keines Antrags; er wird von Gesetzes wegen "automatisch" übertragen. Es ist auch gleichgültig, ob die Arbeitnehmerin nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit nach Ablauf der Schutzfrist nach der Geburt den Urlaub im laufenden Urlaubsjahr noch hätte nehmen können. Durch die Übertragung verlängert sich der Zeitraum, in dem der Urlaub nicht verfällt, um ein weiteres Kalenderjahr.
Verlängerte Inanspruchnahmezeit
Befindet sich die schwangere Arbeitnehmerin in der Mitte des Jahres 2022 in den Schutzfristen und nimmt dann die Tätigkeit Ende September wieder auf, so könnte sie problemlos den Urlaub des Jahres 2022 noch nehmen. Gleichwohl gilt auch hier das verlängerte "Urlaubsjahr" bis zum 31.12.2023. Sollte die Arbeitnehmerin den Urlaub bis zum 31.12.2023 wegen Krankheit nicht nehmen können, überträgt er sich sogar noch bis zum 31.3.2024. § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG findet auch für den verlängerten Inanspruchnahmezeitraum des § 24 Satz 2 Anwendung.
Rz. 4
Auch dann, wenn sich mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote aneinander anschließen, findet § 24 Satz 2 Anwendung. Der Urlaub, der während des ersten Beschäftigungsverbots entsteht, verfällt nicht am 31.3. des Folgejahres nach § 7 Abs. 3 BUrlG, sondern ist zugleich Urlaub vor dem Beginn des zweiten Beschäftigungsverbots und überträgt sich daher ohne Weiteres an das Ende des zweiten Beschäftigungsverbots, selbst wenn dieses nahtlos an das erste anschließt.
Aneinanderreihung von Beschäftigungsverboten
Eine schwangere Arbeitnehmerin unterliegt seit dem 1.12.2020 einem betrieblichen Beschäftigungsverbot nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG. Nach Ablauf der Schutzfrist nach der Entbindung unterliegt sie nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG einem weiteren betrieblichen Beschäftigungsverbot, weil sie stillt. Danach wird sie wieder schwanger und stillt nach Ablauf der Schutzfrist nach der Entbindung auch das zweite Kind bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2024.
Ihr jährlicher Urlaubsanspruch beträgt 30 Tage, sie verlangt nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Urlaubsabgeltung. Ihr stehen aus dem Jahr 2020 noch die Urlaubstage zu, die sie bis zum Beginn der Schutzfrist nicht genommen hat.
Für die Jahre 2021 bis 2024 steht ihr für jedes Jahr der volle Urlaubsanspruch zu, also 4 x 30 Tage. Es sind also diese 120 Tage zuzüglich des Urlaubs aus 2020 abzugelten.
Der Urlaub ist auch nicht verfallen, denn jeweils nach Ende eines Beschäftigungsverbots ist der bis dahin noch offene Urlaub innerhalb dieses Jahres und des folgenden Kalenderjahres zu nehmen. Er kann aber nicht genommen werden, da sich sofort wieder ein neues – anderes Beschäftigungsverbot – anschließt, sodass der Urlaub nach dem Ende eines Beschäftigungsverbots zugleich Urlaub vor einem (neuen) Beschäftigungsverbot ist und sich daher an das Ende des weiteren Beschäftigungsverbots überträgt.
§ 24 Satz 2 gilt für alle Formen des Erholungsurlaubs, nicht nur für den gesetzlichen Urlaubsanspruch, sondern auch für tariflichen oder einzelvertraglich vereinbarten Urlaub. Er erfasst auch Erholungsurlaub, der an besondere Voraussetzungen anknüpft wie besondere Erschwernisse oder auch den Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX. Ebenso gilt er für Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr, die bis zum 31.3. des Folgejahres übertragen worden sind. Umg...