Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Grundsätzlich bedürfen Ausländer zur Aufnahme einer Arbeitnehmertätigkeit in Deutschland eines Aufenthaltstitels, der zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Die Ausländerbehörde fällt eine gebündelte aufenthaltsrechtliche Entscheidung, die zugleich den Zugang zum Arbeitsmarkt regelt ("one-stop-government"). Die Agentur für Arbeit wird dabei in einem verwaltungsinternen Zustimmungsverfahren beteiligt.
Die Entwicklung der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine führt angesichts der Flüchtlingswelle aus der Ukraine zum Eingreifen verschiedener Sondervorschriften im Hinblick auf die Aufnahme und Beschäftigung ukrainischer Staatsangehöriger. Ausgangspunkt ist dabei der EU-Ratsbeschluss gemäß der Richtlinie 2001/55/EG (sog. "Massenzustrom-Richtlinie") über die Gewährung vorübergehenden Schutzes für Vertriebene aus der Ukraine. Zum Tragen kommt damit nach deutschem Recht insbesondere die Spezialregelung des § 24 AufenthG, der die Massenzustrom-Richtlinie der Europäischen Union umsetzt.
Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2023/2409 ist der vorübergehende Schutz auf den höchstmöglichen Zeitraum von 3 Jahren (bis zum 4.3.2025) erstreckt worden. Zwischenzeitlich hat der Rat auf Vorschlag der EU-Kommission die Schutzdauer bis zum 4.3.2026 verlängert.
Auf Basis dieser allgemeinen Regelungen legt die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung die Aufenthaltserleichterungen für ukrainische Flüchtlinge fest. Die oben angesprochene Verlängerung erfasst alle Aufenthaltserlaubnisse gem. § 24 Abs. 1 AufenthG, die am 1.2.2024 gültig waren. Es handelt sich rechtlich um eine Fiktion, sodass es keines Verlängerungsantrags bedarf.
Konkret bedeutet dies:
- Von den Ausnahmeregelungen werden ukrainische Staatsbürger sowie deren Familienangehörige, nicht-ukrainische Staatsangehörige und staatenlose Personen mit einem internationalen oder nationalen Schutzstatus sowie ihre Familienangehörigen, Personen mit einem Daueraufenthaltsrecht in der Ukraine, sofern sie nicht in ihr Heimatland zurückkehren können, erfasst. Weitere Personengruppen können nach nationalem Recht in den Katalog aufgenommen werden.
- Voraussetzung ist, dass Angehörige der genannten Gruppen sich bis zum 24.2.2022 in der Ukraine aufgehalten haben und bis zum 4.12.2025 in die Bundesrepublik einreisen bzw. eingereist sind. Gleiches gilt für ukrainische Staatsangehörige, die am 24.2.2022 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine hatten, wenn sie bis zum 31.12.2024 in das Bundesgebiet eingereist sind.
- Angehörige dieser Personengruppen sind für 90 Tage ab dem Zeitpunkt der Einreise vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit, solange keine ablehnende Entscheidung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels getroffen wurde.
- Angehörige dieser Personengruppen müssen keinen Asylantrag stellen und es besteht auch keine Wohnpflicht in einer Gemeinschaftsunterkunft.
- Ukrainische Staatsbürger bzw. die o. g. weiteren Berechtigten erhalten auf Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde eine sog. "Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz" im Wege einer zunächst für ein Jahr gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG, diese kann auf bis zu 3 Jahre verlängert werden. Aufenthaltserlaubnisse, die am 1.2.2024 gültig sind, gelten automatisch bis zum 4.3.2025 fort.
- Sie sind in der Wahl ihres Aufenthaltsorts frei.
- Eine Registrierung ist insbesondere zur Inanspruchnahme staatlicher Unterstützungsleistungen sowie zur Beantragung einer Arbeitserlaubnis erforderlich.
- Auf der Grundlage dieser Aufenthaltserlaubnis ist die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit uneingeschränkt möglich.
- Das Eingehen eines Beschäftigungsverhältnisses ist von einer entsprechenden Erlaubnis der Ausländerbehörde abhängig – diese soll großzügig erteilt und auch ohne Vorliegen eines konkreten Beschäftigungsangebots in den Aufenthaltstitel eingetragen werden.
Unabhängig davon konnten und können ukrainische Staatsangehörige mit einem biometrischen Pass nach EU-Recht bereits seit 2017 visumfrei nach Deutschland einreisen und sich hier für 90 Tage vorübergehend aufhalten. Danach ist aktuell eine Verlängerung des Aufenthalts für weitere 90 Tage möglich.
Kein Anspruch besteht für einen kriegsbedingt aus der Ukraine vertriebenen Drittstaatsangehörigen, dessen Ehegatte selbst in der Ukraine geblieben ist – der Anspruch besteht nur, wenn auch der ukrainische Ehegatte aus dem Land vertrieben wurde.
Die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach § 2 Abs. 1 UkraineAufenthÜV gilt nur für den Zeitraum von 90 Tagen ab der erstmaligen Einreise – sie erlaubt kein "Pendeln" zwischen dem Bundesgebiet und dem Herkunftsland mit mehrfachen Unterbrechungen für insgesamt 90 Tage Aufenthalt im Bundesgebiet.
Neben dem Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG ist es möglich, "reguläre" Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu beantragen. Dies betrifft etwa die Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft nach §§ 18a, 18b AufenthG. Eine solch...