BMF, Schreiben v. 27.5.2020, III C 4 – S 6400/19/10001 :006 (DOK 2020/0529125), BStBl I 2020, 547
Als Versicherungsnehmer wird grundsätzlich die Person bezeichnet, die im eigenen Namen mit einem Versicherer einen Versicherungsvertrag schließt und aus diesem sowohl berechtigt als auch verpflichtet ist.
In der Praxis kommt es allerdings vor, dass sich bei Versicherungsverhältnissen, in die wie etwa im Bereich der maritimen Wirtschaft mehrere Personen einbezogen sind, aus den (Versicherungs-)Vertragsunterlagen nicht eindeutig ergibt, welche der dort genannten Personen der Versicherungsnehmer ist. Dieses Problem, das bei englischsprachigen Versicherungsverträgen als sog. Co-assured-Thematik diskutiert wird, tritt vor allem durch die Verwendung von im deutschen Rechtskontext ungebräuchlichen oder ungenauen Begriffen auf. Da die Frage der Versicherungsnehmereigenschaft Bedeutung hat für die Feststellung der Steuerbarkeit von Versicherungsentgeltzahlungen und für die Bestimmung des Steuerschuldners und um in diesen Fällen die Auslegung vertraglicher Abreden und die Würdigung sonstiger Umstände eines Sachverhalts zu erleichtern, sollen im Folgenden u. a. potenzielle Vertragselemente dargestellt werden, die für bzw. gegen die Annahme der Versicherungsnehmereigenschaft einer konkret in Rede stehenden Person sprechen.
Indizien für die Versicherungsnehmereigenschaft der in Rede stehenden Person sind:
- Der Abschluss des Versicherungsvertrags im eigenen Namen,
- die Bezeichnung als Policyholder, Member o. ä.,
- gegenüber dem Versicherer bestehende vertragliche Verpflichtung zur Zahlung des Versicherungsentgelts,
- vertragliche Verpflichtung, die Versicherungsteuer im eigenen Namen anzumelden und zu entrichten, alleiniger Anspruch auf die Versicherungsleistung,
- Anmeldung und Entrichtung der Versicherungsteuer unter der eigenen Versicherungsteuernummer.
Demgegenüber lässt die schlichte Einbeziehung der fraglichen Person in den Versicherungsschutz als bloßer Mitversicherter keinen Schluss auf die Rolle eines Versicherungsnehmers zu.
Indizien, die gegen die Versicherungsnehmereigenschaft einer Person sprechen:
- Der Abschluss des Versicherungsvertrages im fremden Namen (Handeln lediglich als Vertreter),
- die Bezeichnung als Co-assured,
- keine originäre Verpflichtung gegenüber dem Versicherer zur Zahlung des Versicherungsentgelts, sondern allenfalls bloße Haftung für den Entgeltbetrag,
- kein oder lediglich anteiliger Anspruch auf die Versicherungsleistung im Versicherungsfall.
Im Gegensatz dazu geben folgende Umstände keinen belastbaren Aufschluss über die Person des Versicherungsnehmers bzw. sind in diesem Zusammenhang versicherungsteuerrechtlich nicht relevant:
- Motiv für den Abschluss des Versicherungsvertrags,
- wessen Interesse versichert wird (Hinweis auf die Versicherung für fremde Rechnung i. S. des VVG)
- Behandlung einer Person als faktischer Ansprechpartner für den Versicherer.
Während der Abschluss des Versicherungsvertrages im eigenen oder im fremden Namen jeweils eine eindeutige Bestimmung der Person des Versicherungsnehmers erlaubt, sind die weiteren genannten Kriterien keiner formelhaften Anwendung in dem Sinne zugänglich, dass bei Erfüllung eines einzelnen Kriteriums die Versicherungsnehmereigenschaft zwingend zu bejahen bzw. zu verneinen ist; entscheidend ist hier immer eine Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls.
Halten sich bei einem konkreten Sachverhalt die für eine Person als Versicherungsnehmer sprechenden Aspekte mit denen die Waage, die das Gegenteil nahelegen („Non liquet”-Situation), ist nicht von der Versicherungsnehmereigenschaft der in Rede stehenden Person auszugehen.
Normenkette
VersStG § 1
Fundstellen
BStBl I, 2020, 547