In der Praxis der Vertrauensarbeitszeit kommt der Einhaltung der werktäglichen Höchstarbeitszeit sowie der Erfüllung der Aufzeichnungspflicht besondere Bedeutung zu. Der Arbeitgeber muss deshalb im Rahmen seiner Verantwortung dafür sorgen, dass Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit die gesetzlichen Bestimmungen beachten und die gebotenen Aufzeichnungen vornehmen.

Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 ArbZG sind die Arbeitszeiten aufzuzeichnen, die über die werktägliche Arbeitszeit gemäß § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehen. Gemäß § 3 Satz 1 ArbZG beträgt die werktägliche Arbeitszeit 8 Stunden, Werktage sind die Tage Montag bis Samstag, ausgenommen gesetzliche Feiertage. Eine am Wortlaut orientierte Erfassung der Arbeitszeit würde also eine Aufzeichnung der oberhalb von 8 Stunden geleisteten Arbeitszeitdauer an den Tagen Montag bis Samstag sowie die Aufzeichnung aller Arbeitszeiten an Sonn- und Feiertagen erfordern.

 
Hinweis

Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung

Der Arbeitgeber ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aufgrund der Organisationspflichten im Arbeitsschutzgesetz aber über die Aufzeichungspflicht des § 16 Abs. 2 ArbZG hinaus[1] verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete gesamte Arbeitszeit erfasst werden kann.[2]

Mit Urteil vom 14.5.2019 hält es der EuGH zur Umsetzung der Vorgaben der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) sowie Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union für geboten, dass die Mitgliedstaaten der EU die Arbeitgeber verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die vom Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.[3] Insbesondere gehe es darum, so der EuGH, Arbeitnehmern, Behörden und Gerichten die Prüfung der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorgaben zu Höchstarbeitszeiten sowie täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten zu ermöglichen. Die konkreten Modalitäten eines solchen Systems seien von den Mitgliedstaaten zu bestimmen.

Ausgleichspflicht für Überschreitungen der Höchstarbeitszeit

Neben der Gewährleistung der Einhaltung der arbeitstäglichen Grenzen der Arbeitszeit (Höchstarbeitszeit als täglicher Spitzenwert, Ruhepausen, Ruhezeiten) muss der Arbeitgeber innerhalb des arbeitszeitgesetzlichen Ausgleichszeitraums[4] dafür sorgen, dass eine Arbeitszeit von durchschnittlich 8 Stunden/Werktag (bzw. 48 Stunden/Woche) nicht überschritten wird.

Nach der oben zitierten Rechtsprechung des BAG[5] ist der Arbeitgeber aber aufgrund seiner allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Organisationspflichten verpflichtet, die Arbeitszeit so zu dokumentieren, dass die Einhaltung der arbeitszeitgesetzlichen Bestimmungen nachprüfbar ist. Deshalb sollte im Sinne eines "Arbeitszeitschutzkontos" auch die Einhaltung des maximal zulässigen Gesamtarbeitszeitvolumens (durchschnittlich 8 Stunden/Werktag bzw. 48 Stunden/Woche innerhalb von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen) nachvollziehbar sein. Die vom Arbeitnehmer erfasste Arbeitszeitdauer müsste also fortlaufend mit der durchschnittlich zulässigen Arbeitszeit abgeglichen werden. Die Einhaltung der zulässigen Arbeitszeit ist dabei als gleitender Durchschnitt zu verstehen (z. B. Saldierung der jeweils in den letzten 24 Wochen geleisteten Arbeitszeit und Errechnung eines Durchschnittswerts; dieser muss stets unter dem Wert "8" liegen).

Sofern im Betrieb nur an 5 Tagen pro Woche gearbeitet wird oder eine individuelle 4-Tage-Woche umgesetzt ist, vermindert sich das gesetzliche zulässige Arbeitszeitvolumen nicht: Es bleibt stets bei durchschnittlichen 8 Stunden/Werktag (Mo – Sa) zulässiger Arbeitszeit. Dies gilt auch für Teilzeitbeschäftigte; jedoch sind eventuelle Nebentätigkeiten als Arbeitnehmer einzubeziehen.[6]

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Urlaubs- und Krankheitstage sowie gesetzliche Feiertage, an denen die Arbeitszeit aufgrund des gesetzlichen Beschäftigungsverbots ausfällt, nicht als Ausgleichstage infrage kommen.[7]

Dokumentationspflichten aufgrund weiterer gesetzlicher Bestimmungen

Aus den Bestimmungen des Mindestlohngesetzes können sich zusätzliche Dokumentationspflichten hinsichtlich der geleisteten Arbeitszeit ergeben. Für Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit bleibt es jedoch in der Regel bei der arbeitszeit- und arbeitsschutzgesetzlichen Erfassungspflicht, da die erweiterten Dokumentationspflichten des Mindestlohngesetzes[8] sich insbesondere auf geringfügig Beschäftigte und Beschäftigte bestimmter Branchen im Mindestlohnbereich beziehen. Für diese Arbeitnehmer ist Vertrauensarbeitszeit jedoch vergleichsweise selten.

Auskunftsanspruch des Betriebsrats

Unabhängig von den gesetzlichen Aufzeichnungspflichten kann der Betriebsrat zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben einen eigenständigen betriebsverfassungsrechtlichen Auskunftsanspruch[9] gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Dieser Auskunftsanspruch kann sich je nach Ausgestaltung des betrieblichen Arbeitszeitmodells auch auf die tatsächlichen Ar...

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