Maren Rixen, Anna-Lena Glander
Eine rechtliche Verpflichtung zur Einführung von Hinweisgeber-Verfahren bestand in Deutschland in speziellen Branchen bereits in der Vergangenheit, im Übrigen aber erst seit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Hinweisgeberschutzrichtlinie im Jahr 2019 bzw. des HinSchG am 2.7.2023.
Ziel des Gesetzes
Insgesamt ist Ziel des Gesetzes, den Hinweisgeberschutz in Deutschland in Einklang mit den europäischen Vorgaben, insbesondere gemäß den Anforderungen der HinSch-RL, wirksam und nachhaltig auszubauen und zu verbessern. Wer im Zusammenhang mit seiner (zukünftigen) beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt hat und diese an die vorgesehenen Meldestellen meldet oder offenlegt, soll in Zukunft besser geschützt werden. Benachteiligungen von Hinweisgebern sollen ausgeschlossen und betroffenen Personen (sowohl hinweisgebenden Personen als auch Mitarbeitern von Hinweisgeberstellen und von Hinweisen betroffenen Personen) Schutz und Rechtssicherheit gegeben werden.
Einrichtung von internen Meldestellen
Vor diesem Hintergrund verpflichtet das HinSchG auch die Mehrzahl der Unternehmen und Behörden in Deutschland zur Einrichtung von sog. internen Meldestellen: Alle Beschäftigungsgeber (das heißt natürliche und juristische Personen des privaten Rechts, rechtsfähige Personengesellschaften und sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen, die regelmäßig mindestens 50 Beschäftigte beschäftigen) sind seit Inkrafttreten des Gesetzes verpflichtet, eigene Meldestellen einzurichten und zu betreiben, an die sich (zumindest) Beschäftigte mit Informationen über Verstöße wenden können.
Kleinere private Beschäftigungsgeber mit regelmäßig 50 bis zu 249 Beschäftigten mussten nicht sofort tätig werden, für sie gilt die Pflicht zur Einrichtung und zum Betreiben einer internen Meldestelle seit dem 17.12.2023. Dabei versucht der Gesetzgeber gemäß der Gesetzesbegründung, den Beschäftigungsgebern größtmögliche Freiräume bei der Erfüllung der an sie gestellten Anforderungen zu belassen.
Z. B. kann der interne Meldekanal (optional) so gestaltet werden, dass er – über den genannten Personenkreis der Beschäftigten und Leiharbeitnehmer hinaus – auch natürlichen dritten Personen offensteht, die (wie z. B. Geschäftspartner) mit dem jeweiligen Beschäftigungsgeber oder mit der jeweiligen Organisationseinheit lediglich in beruflichem Kontakt stehen. Auch sieht die Begründung des HinSchG die Möglichkeit der gemeinsamen Betreibung von Hinweisgeberstellen durch mehrere kleine private Beschäftigungsgeber oder auch eine zentrale Meldestelle bei einer Konzerngesellschaft, wie der Konzernmutter, vor. Damit stellt sich das Gesetz allerdings gegen die Auslegung der EU-Kommission, die getrennte Meldestellen für jedes einzelne Konzernunternehmen verlangt. Insoweit bleibt abzuwarten, wie die EU auf das deutsche Gesetz (wie auch andere nationale Umsetzungsgesetze der Mitgliedstaaten, die vergleichbare Regelungen für gemeinsame Meldestellen vorsehen) reagiert.
Einrichtung von externen Meldestellen
Des Weiteren sieht das Gesetz externe, behördliche (unabhängige) Meldestellen vor. Dies sind beispielsweise die externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz bzw. die weitere Meldestelle des Bundes (für Meldungen, die die externe Meldestelle des Bundes betreffen), ggf. externe Meldestellen des jeweiligen Bundeslandes oder ggf. speziell zuständige externe Meldestellen (beispielsweise beim Bundeskartellamt oder der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Auch sind externe Meldestellen auf Unionsebene vorgesehen, beispielsweise die externen Meldekanäle der Kommission sowie des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF).
Meldeverfahren
Im Ergebnis sieht das HinSchG das folgende Meldeverfahren vor:
Hinweisgebende Personen sollen die Meldung an die interne Meldestelle gegenüber der externen behördlichen Meldestelle bevorzugen, wenn intern wirksam gegen Verstöße vorgegangen werden kann. Beschäftigungsgeber sollen auch Anreize dafür schaffen, dass sich Hinweisgeber zuerst an die internen Meldestellen wenden, da der Gesetzgeber sonst einen großen Ansturm auf die externen Meldestellen befürchtet.
Der Gang von hinweisgebenden Personen an die Öffentlichkeit, die sog. "Offenlegung", soll hinweisgebenden Personen gemäß den Regelungen des Gesetzes in Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR indes nur ausnahmsweise, z. B. bei drohenden Gefahren oder Untätigkeit der externen Meldestelle, erlaubt sein; nur in diesen bestimmten Fällen werden die hinweisgebenden Personen gesetzlich geschützt.