Was Frauen wirklich wollen (und können)
Bundesweit rund 3.100 Frauen hat die "Agentur ohne Namen" in Kooperation mit "Wirtschaftsweiber e.V." befragt, um deren Wünsche an einen (potenziellen) Arbeitgeber zu erheben. Der Fragebogen bestand aus insgesamt 80 Fragen aufgeteilt auf die folgenden acht Themenblöcke: Allgemeine Kriterien der Arbeitgeberwahl, Unternehmensstrategie und –organisation, Arbeitszeiten, Vergütung, Arbeitgeberimage, Unternehmenskultur, Familienfreundlichkeit sowie Unterstützung und Beratung für Frauen. Die Ergebnisse der Umfrage widerlegen einige gängige Mythen.
Mythos 1: Für Frauen spielt das Gehalt keine Rolle
Für 93 Prozent der befragten Frauen ist die Gehaltsentwicklung wichtig oder sehr wichtig. Noch wichtiger ist ihnen allerdings, die Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Vergütung. 94 Prozent wollen ein klares Commitment zum Equal Payment von ihrem Arbeitgeber.
Mythos 2: Frauen wollen gar keine Karriere machen
Tatsächlich ist sogar für rund zwei Drittel (65 Prozent) der befragten Frauen Karriere wichtig oder sehr wichtig. Nur für knapp sieben Prozent ist Karriere unwichtig. Allerdings nimmt der Stellenwert von Karriere bei Frauen über vierzig signifikant ab.
Mythos 3: Frauen wollen nicht in Führung gehen
Vier von fünf Frauen finden Aufstiegsmöglichkeiten wichtig oder sehr wichtig. Für fast drei Viertel der Frauen sind Frauen in Führungspositionen und Führungspositionen in Teilzeit wichtige Kriterien für die Attraktivität von Arbeitgebern. Und 61 Prozent der Befragten wünschen sich frauenspezifische Angebote, um die Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen zu erhöhen.
Mythos 4: Frauen wollen Familienfreundlichkeit
Überraschenderweise landete kein Kriterium aus dem Themenblock Familienfreundlichkeit unter den Top-10-Kriterien bei der Arbeitgeberwahl der befragten Frauen. Insbesondere wurde deutlich, dass Frauen ein familienfreundliches Unternehmen nicht auf Kinderbetreuung reduzieren. Weniger als die Hälfte der Befragten hält betriebliche Kinderbetreuung für wichtig. Dagegen wurde allgemein die Unterstützung in Pflegenotfällen als wichtigster Punkt in diesem Themenblock beurteilt.
Mythos 5: Alle Frauen sind gleich
Die Umfrage zeigt, dass im Hinblick auf die Wünsche an den (potenziellen) Arbeitgeber deutliche Unterschiede zwischen den Frauen bestehen, und zwar regional (Ost-/Westdeutschland), altersbezogen und positionsbezogen (Berufseinsteigerinnen vs. Führungskräfte). Beispielsweise beurteilen westdeutsche Frauen eine Frauenquote bei der Stellenbesetzung signifikant häufiger mit "wichtig" als ostdeutsche Frauen. Auch älteren Frauen (41- bis 50-Jährige) ist eine Frauenquote bei der Stellenbesetzung signifikant wichtiger (nämlich 31 Prozentpunkte) als jüngeren Frauen (26- bis 30-Jährige). Und Frauen in Führungspositionen legen deutlich mehr Wert auf eine klar definierte Führungskultur (24 Prozentpunkte mehr) und firmeninterne Frauennetzwerke (26 Prozentpunkte mehr) als Berufseinsteigerinnen.
Auch um Vorstandsfrauen ranken sich Mythen
Mit drei weiteren Mythen - in diesem Fall speziell über Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen - räumt Bettina Büchel, Professorin am IMD in Lausanne, in einem Artikel auf. Sie zeigt, dass Frauen weder den falschen Führungsstil haben noch zu wenig Managementerfahrung und dass Risikofreude nicht unbedingt die Chance auf einen Vorstandsposten erhöht.
Die Annahmen über den Führungsstil
Büchel führt eine Studie der Cranfield University an, um den weit verbreiteten Mythos, dass Frauen nicht den richtigen Führungsstil haben, zu widerlegen. Die Studie zeigt, dass Frauen, die einmal in den Vorstand eines FTSE-100-Unternehmens berufen wurden, öfter als Männer mehrere Amtszeiten überdauern oder weitere, zusätzliche Ressorts übernehmen (15 Prozent der Frauen im Vergleich zu elf Prozent der Männer). So schlecht kann ihr Führungsstil also nicht sein.
Die Annahmen über die Erfahrung
Viele männliche Vorstände führen den niedrigen Frauenanteil in Vorständen auf einen Mangel an Managementerfahrung zurück oder werfen den Frauen vor, nicht lange genug in der Pipeline gewesen, also zu schnell aufgestiegen, zu sein. Weibliche Vorstände hingegen sagen, dass genau solche männliche Stereotype der Grund seien, warum so wenige Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten zu finden sind. Was war also zuerst da - das Huhn oder das Ei? Diese Antwort bleibt Büchel in ihrem Artikel jedoch schuldig.
Die Annahmen über die Risikoneigung
Bereits seit Längerem ist bekannt, dass Frauen besonders häufig für riskante Aufgaben herhalten müssen und daher in für das Unternehmen schwierigen Zeiten bei der Besetzung von Vorstandsposten den Männern bevorzugt werden. Daneben führt Büchel eine neuere Studie aus dem Jahr 2014 an, die gezeigt hat, dass Frauen, die einen Karrierepfad in den Vorstand hinein verfolgen, risikoscheuer sind als normale Frauen. Risikofreudigkeit erhöht also nicht die Chance auf eine Vorstandsposition.
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