Wenn Unternehmen im Bewerbungsprozess lügen

2.095 Personen nahmen im November 2023 an einer Online-Umfrage von Yougov Deutschland im Auftrag der Jobplattform Monster teil. Das Ergebnis ist ernüchternd: 32 Prozent sagten, dass sie bereits während ihres Bewerbungsverfahrens angelogen wurden. Aber nur 27 Prozent sind der Ansicht, dass Unwahrheiten im Bewerbungsprozess ein No-Go sind. Ist das eine Einladung für Unternehmen, weiterhin die Unwahrheit zu sagen?
Catfishing: Vortäuschen falscher Tatsachen
Monster hat die Lügen im Bewerbungsverfahren mit dem Begriff "Catfishing" bezeichnet. "Catfishing" kommt ursprünglich aus der Fischerei und ist seit einigen Jahren vor allem im Online-Dating und sozialen Netzwerken ein gängiger Begriff. Dort bezeichnet dieser das Vortäuschen einer falschen Identität. Auf den Unternehmenskontext bezogen heißt das, dass Arbeitgeber vorgeben etwas zu sein, was sie nicht sind, um Bewerberinnen und Bewerber für sich zu gewinnen. Wie sich das auf die spätere Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung auswirken wird, kann man sich denken.
Häufige Lügen zu Überstunden und Stellenbeschreibungen
Ob "Catfishing" oder einfach Lügen: Am häufigsten sagen Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren die Unwahrheit in Bezug auf Überstunden und die im Job mögliche Work-Life-Balance (elf Prozent) sowie zur Stellenbeschreibung und Teamkultur beiziehungsweise dem Führungsstil im Unternehmen (jeweils elf Prozent). Aber auch bei den Karriere- und Aufstiegschancen (neun Prozent) und den Gehaltsschritten (neun Prozent) werden relativ häufig falsche Versprechen gegeben.
Weniger häufig – aber immer noch zu oft – versuchen Unternehmen zu verschleiern, dass sie bei der räumlichen und technischen Ausstattung (fünf Prozent) sowie den im Unternehmen möglichen Arbeitsmodellen hinterherhinken (sieben Prozent). Weitere sechs Prozent machen falsche Angaben zu Benefits, Boni und Provisionen. Sieben Prozent der Befragten haben erlebt, dass die im Bewerbungsverfahren angesprochenen Werte des Unternehmens – zum Beispiel Diversity, Inklusion und Nachhaltigkeit – nicht mit der tatsächlichen Arbeitskultur übereinstimmen.
Männliche Bewerber werden häufiger angelogen
Überraschenderweise werden Männer im Bewerbungsverfahren häufiger angelogen als Frauen. Insgesamt 36 Prozent der männlichen Befragten gaben an, schon einmal von einem Unternehmen falsche Angaben erhalten zu haben. Bei den Frauen waren es 29 Prozent.
Ein Blick auf regionale Unterschiede macht deutlich, dass Arbeitgeber in Berlin offenbar besonders häufig lügen. In der Tendenz gab etwas mehr als die Hälfte der Befragten aus Berlin an, schon einmal im Bewerbungsverfahren belogen worden zu sein. In Bayern waren es lediglich 31 Prozent.
So reagieren Bewerberinnen und Bewerber auf Catfishing
Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen in der Regel schnell, wenn ihnen im Bewerbungsprozess Informationen falsch mitgeteilt oder verschwiegen wurden. Dennoch sagen nur 27 Prozent, dass Lügen im Bewerbungsverfahren für sie ein Grund sind, das Arbeitsverhältnis nicht anzutreten oder schnell zu beenden. 32 Prozent der Befragten geben an, dass Unwahrheiten im Bewerbungsprozess nicht so schlimm sind, wenn ihnen der Job ansonsten gefällt. Sie würden sich zunächst mit der Tatsache abfinden, dass die versprochenen Aspekte nicht mit der Realität übereinstimmen. Den perfekten Arbeitsplatz gebe es sowieso nicht, meinen sie.
19 Prozent sagen, dass sie das Gespräch mit der Personalabteilung oder dem Management suchen würden, wenn sich im Job herausstellt, dass es im Bewerbungsprozess falsche Versprechungen oder Falschdarstellungen gab.
Warum Unternehmen Company Catfishing vermeiden sollten
Arbeitgeber, die neue Mitarbeitende mit falschen Informationen anlocken, sind sich der Langzeitfolgen nicht bewusst. Es besteht nicht nur die Gefahr, dass die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch vor Arbeitsantritt oder in den ersten Wochen ihren Job "hinschmeißen". Sondern das Lügen im Bewerbungsprozess hat in den meisten Fällen auch ein schlechtes Arbeitsklima, sinkende Mitarbeiterzufriedenheit und Schäden für das Arbeitgeberimage zur Folge. Zudem gilt: Wer sich im Bewerbungsprozess getäuscht sieht, kommuniziert dies häufig auch in Social Media oder auf Arbeitgeberbewerbungsplattformen.
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