Remote Work: So arbeiten virtuelle Unternehmen zusammen

Wie schaffen es über 900 Menschen weltweit, zusammenzuarbeiten - in einem Unternehmen ohne einen einzigen Standort? Mit dieser Frage beschäftigt sich Nadia Vatalidis täglich. Als Personalchefin eines "Remote-only"-Unternehmens weiß sie, worauf es ankommt, wenn Mitarbeitende sich so gut wie nie persönlich begegnen. Davon können auch Unternehmen mit hybriden Arbeitsmodellen lernen, ist sie überzeugt.

Eine große Hürde, vor der viele Arbeitgeber stehen, bevor sie hybride oder vollständig ungebundene Arbeitsmodelle einführen: Die Angst vor einer geschwächten Unternehmenskultur. Dabei sind die alltäglichen, meist auch eher oberflächlichen Begegnungen in der Büroküche nicht unbedingt ausschlaggebend für eine starke und gut gelebte Kultur. Sie ergibt sich vielmehr aus dem Zusammenspiel vieler Faktoren – und kann "aus der Ferne" auf verschiedene Arten geformt und gestärkt werden. Um eine starke Teamkultur beizubehalten und zu fördern, sollten Unternehmen, die flexible Arbeitsmodelle anbieten, besonders diese sieben Dinge beachten:

1. Unternehmenswerte leben

Sie sind das Herz des Unternehmens. Von 1:1-Gesprächen über die Art und Weise, wie Feedback gegeben wird, bis hin zu den Leistungen, für die Mitarbeitende belohnt werden: Die Unternehmenswerte sollten verinnerlicht und operationalisiert werden, damit alle im Unternehmen sie nutzen und im Alltag erleben können. Am besten werden die Werte in einem für alle Unternehmenszugehörigen zugänglichen Dokument – beispielsweise einem virtuellen Mitarbeiterhandbuch – festgehalten, an dem sich auch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientieren können.

2. Strategie und Vision vermitteln

Die Vision des Unternehmens wirkt sich auch in hohem Maße auf die Unternehmenskultur aus. Sie sollte daher – ähnlich wie die Werte – klar beschrieben, kommuniziert und gelebt werden. Denn sonst kann es schnell zu Missverständnissen oder Fehlanpassungen einzelner Teammitglieder kommen. Auch die Vision sollte für alle zugänglich festgehalten werden, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sie unabhängig von ihrem Standort bei Bedarf jederzeit noch einmal abrufen und verinnerlichen können.

3. Arbeitsstruktur individualisieren

Ob es sich nun um flexible Arbeitsmodelle handelt oder um ein starres 9-to-5-Arbeitsumfeld: Die Arbeitsstruktur ist vor allem bei Unternehmen, die Hybrid- oder Remote-Work anbieten, ein großer, oftmals unterschätzter Teil der Unternehmenskultur. Denn es handelt sich hierbei um einen selbstbestimmten Faktor, mit dem Unternehmen eine Vertrauensbasis sowie Eigenverantwortung unter ihren Mitarbeitenden fördern können. Die jeweilige Arbeitsstruktur und gegebenenfalls die Möglichkeit, diese individuell anzupassen, sollte für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten, damit das Gleichberechtigungsgefühl im Unternehmen nicht kippt.

4. Miteinander stärken

Die Unternehmenskultur hängt stark von der erlebten Zugehörigkeit und Gleichberechtigung sowie Diversitäts- und Inklusionsinitiativen ab. Dabei ist es völlig egal, ob man sich von Angesicht zu Angesicht oder virtuell gegenübertritt. Gleichberechtigung, Zugehörigkeit, gelebte Diversität, die Weiterbildungspolitik, das Einbeziehen der Beschäftigten sowie die Art und Weise, wie Prioritäten gesetzt werden: All diese Komponenten haben einen großen Einfluss auf die Kultur und sollten für alle Unternehmenszugehörigen gleichermaßen erlebbar sein – vor allem dann, wenn ein Großteil der Kommunikation virtuell stattfindet.

5. Kompetenzen und Fähigkeiten berücksichtigen

Wenn Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur aufgrund von Abschlüssen und akademischen Qualifikationen statt auf Basis von praktischen Fähigkeiten und Kompetenzen einstellen, wirkt sich das auch auf die Unternehmenskultur aus. In einem solchen Fall kann es an Integrität und Vielfalt mangeln und die angestrebten Werte verzerren. Unternehmen sollten also darauf achten, dass ihr personeller Zuwachs auch die nötigen Fertigkeiten mitbringt und nicht nur auf Papier glänzt.

6. Leistungen honorieren

Die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden entlohnen und belohnen – im Grunde die Unternehmensphilosophie der Gesamtvergütung – ist eine wesentliche Komponente der Unternehmenskultur. Es geht dabei nicht nur um das monatliche Gehalt, sondern auch um Zusatzleistungen wie Aktienanteile oder Prämien. Vor allem Remote-First-Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie mit den jeweiligen Anforderungen des Landes, in dem sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, vertraut sind.

7. Feedback institutionalisieren

Eine weitere wichtige Komponente der Unternehmenskultur ist Feedback. Ohne Feedback werden die Erwartungen sehr schnell unscharf und verwirrend. Eine wesentliche Frage, die Unternehmen sich daher regelmäßig stellen sollten, ist, ob man konstruktives und positives Feedback und Entwicklung in den Vordergrund stellt. Denn eine positive Feedback- und Fehlerkultur kann die Unternehmenskultur maßgeblich stärken und sollte vom ersten Tag an Teil dieser sein.

Es gibt noch viele weitere Faktoren, die die Unternehmenskultur beeinflussen können. Die hier aufgeführten sind jedoch heute, in der modernen Arbeitswelt, die wichtigsten. Vor allem Unternehmen, die flexible Arbeitsformen anbieten, sollten diese sieben Punkte verinnerlichen. Denn überlässt man seine Unternehmenskultur dem Zufall, stiftet das Verwirrung in den Teams, was es auf lange Sicht erschwert, Vertrauen und Zugehörigkeit zu empfinden.


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