Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung
Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht eine unionsrechtliche Verpflichtung von Arbeitgebern zur Einrichtung eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems für die Erfassung sämtlicher Arbeitszeiten.
Der Gesetzgeber hat die Vorgaben des EuGH bislang nicht umgesetzt. Im April 2023 wurde ein Entwurf zur Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im ArbZG veröffentlicht. Ob und wann das Gesetz in Kraft tritt, kann derzeit nicht beantwortet werden.
Vom BAG liegen aber mittlerweile 2 Entscheidungen zur Thematik vor.
Das BAG ist der Auffassung, dass Arbeitgeber bereits nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG in unionsrechtskonformer Auslegung verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.
Solange (und soweit) der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum bei der Ausgestaltung der unionsrechtlichen Arbeitszeiterfassungspflicht nicht ausgeübt hat, können die Betriebsparteien und – im Fall ihrer fehlenden Einigung – die Einigungsstelle nach Maßgabe des § 87 Abs. 2 BetrVG entsprechende Regelungen treffen. Ihnen kommt insbesondere ein Gestaltungsspielraum dahingehend zu, in welcher Art und Weise – ggf. differenziert nach der Art der von den Arbeitnehmern ausgeübten Tätigkeiten – die Erfassung von Beginn und Ende der Arbeitszeit im Betrieb zu erfolgen hat.
In einer vorhergehenden Entscheidung hatte das BAG bereits zur Frage der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess Stellung bezogen und dabei auch das Urteil des EuGH und die daraus folgende unionsrechtliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung erörtert. Das BAG hatte auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH die Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer für notwendig erachtet. Die Entscheidung des EuGH sei zur Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und von Art. 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen. Nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH beschränkten sich diese Bestimmungen darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sie fänden aber grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit habe deshalb keine Auswirkung auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess.