Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf EUR 19.166,67 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über den Ort der Arbeitsleistung der Klägerin.
Die 1968 geborene, ledige und kinderlose Verfügungsklägerin trat zum 01.11.2010 in ein Arbeitsverhältnis mit der Verfügungsbeklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen ein. Basis der Zusammenarbeit ist der als Anlage ASt1 vorgelegte Arbeitsvertrag (Bl. 17ff. d.A.).
Die Beklagte erbringt IT-Dienstleistungen für die Bundeswehr und Bundesbehörden. Sie gehört zu 100% der Bundesrepublik Deutschland und beschäftigt bundesweit an etwa 40 Standorten mehr als 6.000 Arbeitnehmer.
Im Ausland unterhielt die Beklagte jedenfalls bis Juni 2021 keine eigenen Betriebe, Niederlassungen oder Zweigstellen. Sie war im Ausland nur in wenigen Fällen einsatzbegleitend mit der und für die Bundeswehr tätig. In der Schweiz unterhält sie keine eigenen Betriebe, Niederlassungen oder Zweigstellen und hat auch keinen geschäftlichen Auftrag, einen solchen zu begründen.
Bis zum 30.04.2020 war die Verfügungsklägerin Head of Sector Controlling in der CRO F GAC BA Cost Center Management und führte dort 6 Beschäftigte. Mit Wirkung zum 01.05.2020 wurde sie Associate Lead Expert im Bereich Finance der Beklagten in der Abteilung CRO F GA&C BA Cost Center Management. Job Grade, Arbeitszeit und Entgelt (etwa EUR 115.000,00 brutto pro Jahr) wurden von dieser Änderung nicht berührt. Zwischen den Parteien ist bei Arbeitsgericht München unter dem Aktenzeichen 5 Ca 8498/20 ein Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit dieser Änderung anhängig.
Die bei der Beklagten verwendete Informations- und Kommunikationstechnik (im Folgenden: „ITK”, damit gemeint sind insbesondere Laptops, Tablets, und Smartphones, umfasst sind Hard- und Software) wird von der Beklagten beschafft und den Mitarbeitern überlassen. Auf Grund ihrer Sicherheits-, Geheimschutz- und Datenschutzrelevanz darf ITK durch Mitarbeiter nur ins Ausland mitgeführt werden, wenn dies vorher beim Chief Information Security Officer angezeigt und genehmigt wurde. Insoweit hält die Beklagte ein standardisiertes Verfahren vor.
Der Verfügungsklägerin wurden im Jahr 2019 drei solche Mitnahmeanträge genehmigt (Anl. ASt5 = Bl. 30ff. d.A.), und zwar jeweils in die Schweiz für verlängerte Wochenenden (1. bis 4. März, 14. bis 17. Juni und 29. November bis 2. Dezember).
Seit Juni 2020 verrichtete die Verfügungsklägerin pandemiebedingt ihre Arbeit – vollständig und technisch störungsfrei – aus dem Homeoffice (in Stadt M) heraus.
Am 04.05.2021 beantragte die Verfügungsklägerin die Erlaubnis zur Mitnahme von Handy und Notebook in die Schweiz für den Zeitraum 21.05.2021 bis 21.06.2021. Auf Nachfrage gab sie an, dass sie in diesem Zeitraum ganz normal von der Schweiz aus arbeiten werde (Anlagen ASt7 und ASt15 = Bl. 37f., 104f. d.A.).
Am 11.05.2021 wurde der Antrag mit der Begründung abgelehnt, durch die dauerhafte Arbeit aus der Schweiz entstünden für die Beklagte Pflichten außerhalb der EU hinsichtlich Steuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht, Migration und Betriebsstättenbegründung (Anlage ASt8 = Bl. 39 d.A.). Die Ablehnung wurde am 18.05.2021 und am 19.05.2021 bestätigte (Anlage ASt12 und ASt14 = Bl. 43, 45 d.A.).
Am 20.05.2021 fand bei der Beklagten im Bereich Finance eine TelCo/Web Conference für alle Beschäftigten und Führungskräfte statt, in der darüber informiert wurde, dass privat motivierte ITK-Mitnahme-Anträge ins Ausland von den Führungskräften nicht mehr freigegeben werden sollten.
Mit Schriftsatz vom 27.05.2021 leitete die Verfügungsklägerin das vorliegende Verfahren ein.
Am 01.07.2021 schloss die Verfügungsbeklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine (neu gefasste) „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Telearbeit” (Bl. 117ff. d.A.). Darin heißt es unter anderem:
„Geltungsbereich
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt
- (…)
- räumlich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die nicht nur kurzfristige und gelegentliche mobile Arbeit aus dem bzw. im Ausland ist grundsätzlich nicht gestattet und bedarf in jedem Fall der Genehmigung durch die zuständige Führungskraft und HR.
- (…)
(…)
Die Verfügungsklägerin behauptet, sie lebe seit Jahren in einer Partnerschaft mit einem Schweizer, der seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz habe. Seit Beginn der Pandemie sei es nur sehr bedingt und über lange Zeiträume gar nicht möglich gewesen, einander zu sehen. Mit dem vorliegenden Verfahren gehe es ihr darum, ihr Grundrecht auf Familie möglichst zeitnah mit ihrem Partner verwirklichen zu können. Hieraus und aus der in der kalten Jahreszeit drohenden nächsten Welle der Pandemie ergebe sich der Verfügungsgrund.
Sie habe bereits in der Vergangenheit (vor der Pandemie) mehrfach längere Aufenthalte in der Schweiz gehabt, in denen sie auch gearbeitet habe.
Viele Kollegen verrichteten ihre Arbeit aus dem Ausland, insbesondere einer ihrer Vorgesetzten aus der Schweiz heraus.
Sie hält ...