Rz. 76
Findet im Urlaubszeitraum des Arbeitnehmers Kurzarbeit statt, so hindert das nicht die Urlaubserteilung an den Arbeitnehmer. Im Gegenteil, aus § 96 Abs. 4, Satz 2 Nr. 2 SGB III ergibt sich, dass gerade zur Vermeidung von Kurzarbeit die Urlaubserteilung vorrangig zu nutzen ist, sofern nicht nach § 7 BUrlG vorrangige Urlaubswünsche des Arbeitnehmers dem entgegenstehen.
Aus der Fachlichen Weisung Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit, Ziff. 2.7.2. Abs. 3 folgt: Wenn der Urlaub, z. B. durch Eintragung in die Urlaubsliste, durch Urlaubsplan oder Betriebsferien auf einen Zeitraum festgelegt ist, der von der Kurzarbeit erfasst wird, und hiervon nur wegen der Kurzarbeit und zulasten der Bundesagentur abgewichen werden soll, ist das Vorliegen eines unvermeidbaren Arbeitsausfalls zu verneinen. Das Gleiche gilt, wenn der Urlaub nur durch Ausfalltage unterbrochen werden soll.
Der in der Literatur ganz überwiegend geäußerten Auffassung, dass dann, wenn an einzelnen Urlaubstagen die Arbeit vollständig (Kurzarbeit null) ausfällt, der Arbeitnehmer an diesen Tagen gar keinen Urlaub gewährt bekommen kann, weil die Gewährung von Urlaub voraussetzt, dass der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht befreit werden kann, widerspricht § 96 Abs. 4 SGB III. Insbesondere dann, wenn der Urlaub bereits festgelegt worden ist und erst dann, aber noch vor Urlaubsantritt Kurzarbeit angeordnet wird, hat es bei dem erteilten Urlaub zu bleiben. Der Arbeitnehmer ist aus der Kurzarbeit für die Dauer des genehmigten Urlaubs herauszunehmen. Entsprechendes gilt, wenn er während der Kurzarbeit mit der Urlaubserteilung einverstanden ist. Handelt der Arbeitgeber dem zuwider und ordnet für einen Arbeitnehmer, dem bereits Urlaub bewilligt worden ist, (wirksam) Kurzarbeit an, ist diese Anordnung gleichwohl wirksam. Dann kann der Zweck des Urlaubs, den Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht zu befreien, mangels Arbeitspflicht aber nicht mehr erfüllt werden. Es handelt sich um einen Fall der vom Arbeitgeber verschuldeten nachträglich eingetretenen Unmöglichkeit i. S. v. § 275 Abs. 1 BGB. Der durch die Kurzarbeit im Nachhinein wieder beseitigte Erholungsurlaub, ist dem Arbeitnehmer als Schadensersatzanspruch später zu gewähren.
Da darüber hinaus die Bundesagentur für Arbeit in diesen Fällen wegen § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 SGB III kein Kurzarbeitergeld zahlen wird, haftet der Arbeitgeber zusätzlich aus § 241 Abs. 2 BGB auch noch auf Schadensersatz in Höhe des Kurzarbeitergeldes.
Unter diesem Gesichtspunkt ist es dringend anzuraten, Arbeitnehmern, denen bereits Erholungsurlaub bewilligt ist, aus der Kurzarbeit ausdrücklich auszunehmen. Das gilt auch für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen über Kurzarbeit, in denen das ausdrücklich geregelt sein sollte.
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Nicht anders ist die Rechtslage, wenn während des Urlaubs Kurzarbeit nur stundenweise angeordnet wird, jedoch keine vollständigen Arbeitstage ausfallen. Dann hat an diesen Tagen trotz der verkürzten Arbeitszeit Arbeitspflicht bestanden, von der der Arbeitnehmer befreit werden konnte. Damit ist der Urlaubsanspruch für diese Tage erfüllt. Auch gilt aber, dass die Kurzarbeit durch die Urlaubserteilung im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer zu vermeiden ist. Folglich ist auch hier der Arbeitnehmer aus der Anordnung oder Vereinbarung der Kurzarbeit auszunehmen. Macht der Arbeitgeber das nicht und ordnet trotz bereits bewilligten Urlaubs Kurzarbeit an, hat dies Auswirkungen auf die Berechnung des Urlaubsentgelts. Da in den Zeitfaktor nur die Stunden einfließen, die der Arbeitnehmer aufgrund seines Erholungsurlaubs nicht leisten kann, nicht aber die Stunden, die aufgrund anderer Umstände ausfallen, ist als Zeitfaktor die tägliche verkürzte Arbeitszeit heranzuziehen. Da der Arbeitnehmer im Übrigen kein Kurzarbeitsgeld erhält, hat der Arbeitgeber ihm entsprechenden Schadensersatz zu leisten.
Während der Dauer des Erholungsurlaubs des Mitarbeiters wird im Betrieb statt täglich 8 Stunden nur 4 Stunden gearbeitet, wovon der Arbeitnehmer nicht ausgenommen wurde. Das Urlaubsentgelt berechnet sich jetzt nach dem aus dem Referenzzeitraum ermittelten durchschnittlichen Stundenlohn multipliziert mit 4 Stunden pro Tag (und nicht 8 Stunden, weil die weiteren 4 Stunden nicht durch Urlaub entfallen sind, sondern durch Kurzarbeit). Für die übrigen Stunden erhält der Arbeitnehmer kein Kurzarbeitergeld, weil der Arbeitsausfall durch den bereits bewilligten Urlaub vermeidbar war. Der Arbeitgeber schuldet wegen der Kurzarbeitsanordnung trotz bereits bewilligten Urlaubs Schadensersatz.
Besser erscheint jedoch die Lösung von Kühn: Grundsätzlich sind Verdienstkürzungen aufgrund von Kurzarbeit nicht zu berücksichtigen. Stattdessen ist eine fiktive Berechnung vorzunehmen. Bei durch Kurzarbeit vollständig ausgefallenen Arbeitstagen sind der Urlaubsentgeltberechnung Arbeitstage mit voller Arbeitsverpflichtung zugrunde zu legen. Ist die Arbeitszeit an Arbeitstagen infolge der Kurzarbeit nur teilweis...