Rz. 39
Bei einem nachträglich gekürzten Urlaubsanspruch kann es vorkommen, dass ein Arbeitnehmer mehr Urlaub erhalten hat als ihm zusteht.
Einem Arbeitnehmer, der zu Jahresbeginn bereits die Wartezeit nach § 4 BUrlG erfüllt hat, werden im April bereits 18 Werktage Urlaub gewährt. Später wird ein Aufhebungsvertrag zum 31.5. geschlossen. Nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG hat der Arbeitnehmer jedoch nur Anspruch auf 5/12 des Jahresurlaubs, damit auf 12 Werktage.
Rz. 40
Für diesen Fall legt § 5 Abs. 3 BUrlG fest, dass das gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden kann.
Zwei Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen:
- Der Arbeitnehmer muss den Urlaub bereits erhalten haben und
- das Urlaubsentgelt muss bereits bezahlt sein.
Diese gesetzlichen Vorgaben führen zu Besonderheiten bei folgenden Fallgestaltungen:
Rz. 41
Fallgestaltung 1:
Der Kürzungstatbestand nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG entsteht nach Gewährung des Urlaubsanspruchs, jedoch vor Urlaubsantritt.
Hier kann der Arbeitgeber nach § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB seine Freistellungserklärung im Umfang der Kürzung kondizieren (zurückziehen), mit der Folge, dass sich auch der Anspruch auf Urlaubsentgelt anteilig kürzt. Der Arbeitnehmer ist entgegen seinen ursprünglichen Wünschen zur Arbeit verpflichtet. Ist nach § 11 Abs. 2 BUrlG das Urlaubsentgelt bereits vor Urlaubsantritt bezahlt worden, kann das Urlaubsentgelt nach den §§ 812 ff. BGB zurückgefordert werden. § 5 Abs. 3 BUrlG steht nicht entgegen, da der Arbeitnehmer den Urlaub noch nicht erhalten hat.
Erfolgt nur eine anteilige Kürzung, sollte mit dem Arbeitnehmer abgeklärt werden, für welche Tage die Arbeitspflicht besteht.
Liegt der Kürzungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers, z. B. bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung, ist es denkbar, dass bei einer fest gebuchten Urlaubsreise der Arbeitnehmer im erforderlichen Umfang Anspruch auf unbezahlte Freistellung hat, sofern dies bei der gebotenen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gegenseite dem Arbeitgeber zumutbar ist.
Rz. 42
Fallgestaltung 2:
Die Kürzungsvoraussetzungen ergeben sich während des Urlaubs, wie z. B. bei Zugang einer Kündigung während des Urlaubs.
Hier erfasst das Rückforderungsverbot nur den bei Feststellung der Kürzungsvoraussetzungen (Zugang der Kündigung) bereits verbrauchten Teil des Urlaubs. Für den restlichen Teil kann der Arbeitgeber anteilig bezahltes Urlaubsentgelt zurückfordern.
Rz. 43
Fallgestaltung 3:
Es ist die Fälligkeitszeit für die Zahlung von Urlaubsentgelt (§ 11 Abs. 2 BUrlG) durch tarifliche Regelung wirksam dahin gehend abbedungen, dass die Zahlung nicht vor Urlaubsantritt erfolgt und während des Urlaubs der Monatslohn am Monatsende weiterbezahlt wird.
Hier hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Urlaubsentgelt für die genommenen Urlaubstage, die über die ihm nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG zustehenden Tage hinausgehen. § 5 Abs. 3 BUrlG enthält ein Rückforderungsverbot bei gezahltem Urlaubsentgelt. Die Vorschrift enthält jedoch keine Anspruchsgrundlage auf Zahlung von Entgelt für eine Zeit der Freistellung, die sich nachträglich nicht als Urlaub erweist.
Trotz des Rückforderungsverbots nach § 5 Abs. 3 BUrlG kann ein Arbeitgeber einen Urlaubsantrag eines Arbeitnehmers in der ersten Jahreshälfte nicht mit der Begründung ablehnen, der Urlaub sei noch nicht erarbeitet und bei Gewährung bestehe ein Rückforderungsverbot. Es kann jedoch eine Rückzahlungsvereinbarung für die den gesetzlichen Urlaub übersteigenden Urlaubstage getroffen werden.