Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufnahme von Schülerpraktikanten
Leitsatz (redaktionell)
Die Aufnahme von Schülerpraktikanten stellt keine Einstellung iS von § 99 Abs 1 BetrVG dar.
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 29.11.1988; Aktenzeichen 3 TaBV 43/88) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 10.05.1988; Aktenzeichen 15 BV 57/88) |
Gründe
A. Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen des Einzelhandels. Er betreibt u.a. in B ein Kaufhaus. Arbeitgeber und Betriebsrat streiten darüber, ob der Arbeitgeber vor der Aufnahme von Schülerpraktikanten die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG einzuholen hat.
Die Schülerpraktikanten waren bei dem Arbeitgeber maximal drei Wochen im Verkauf und in der Dekorationsabteilung tätig. Sie erhielten kein Entgelt. Im Verkauf waren sie von 8.55 Uhr bis 17.00 Uhr und in der Dekorationsabteilung von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr anwesend. Ihre Pausenzeiten betrugen wie bei den Auszubildenden 100 Minuten täglich. Sie benutzten die betrieblichen Kontrolleinrichtungen und erhielten Sozial- bzw. Serviceleistungen wie Personalrabatt und kostenloses Kantinenessen.
Maßgeblich für die Gestaltung der Schülerpraktika in Nordrhein-Westfalen ist der Runderlaß des Kultusministers vom 26. Mai 1987 - II B 5.36 - 11/2 - 410/87 - über das "Schülerbetriebspraktikum in der Sekundarstufe I" (GABl. NW. S. 320). Darin heißt es u.a.:
"1. Allgemeines
Das Schülerbetriebspraktikum bietet die Möglichkeit,
Berufs- und Arbeitswelt unmittelbar kennenzulernen
und mit ihrer sozialen Wirklichkeit vertraut zu
werden.
1.1 Diese Erfahrungen - im Sinne einer kritischen
Auseinandersetzung mit der Wirtschafts- und Arbeits-
welt - sind auch hilfreich für die Berufswahl. Sie
können dazu beitragen, daß Schülerinnen und Schüler
ihre Eignung für bestimmte Tätigkeiten zutreffender
einschätzen, so daß sie ihre bisherigen Berufsvor-
stellungen besser beurteilen und ggfs. Alternativen
entwickeln. Praktika geben darüber hinaus oft posi-
tive Impulse für das schulische Weiterlernen, z.B.
für das Erreichen eines Abschlusses.
...
1.3 Neben der praktischen Arbeit im Betrieb sollen
Informations- und Beobachtungsmöglichkeiten gegeben
werden, die eine möglichst breitgefächerte Berufs-
feldorientierung und die Einsicht in das Sozialgefüge
eines Betriebs erlauben.
...
2. Organisation
Das Praktikum ist eine schulische Veranstaltung. Es
wird als drei- bis vierwöchiges - in der Realschule
und im Gymnasium als zwei- bis dreiwöchiges - Block-
praktikum durchgeführt.
...
2.2. Bei den Schulämtern werden Pädagogische Beiräte
errichtet.
...
2.2.3 Die Pädagogischen Beiräte unterstützen die Schulen
bei der Durchführung von Schülerbetriebspraktika.
....
3. Vorbereitung
3.1 In der Schule wird das Praktikum
- im Pflicht- oder Wahlpflichtunterricht und
- durch Betriebserkundungen mit ausgewählten
Beobachtungsaufträgen vorbereitet.
Grundsätzlich muß dabei gewährleistet sein, daß
- Grundinformationen über die Organisation des Betriebs-
praktikums, die Praktikumsplätze und den Betrieb ver-
mittelt werden;
- mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam allgemeine
Beobachtungsaufträge für das Betriebspraktikum er-
arbeitet sowie verbindliche Formen für die Dokumentation
des Betriebspraktikums vereinbart werden.
...
Fragebögen können die Auswertung und Nachbereitung
des Praktikums in der Schule unterstützen.
...
Die Vorbereitung des Praktikums kann auch im Rahmen
von Projekttagen erfolgen und durch Informationsmaterial
und durch Referenten der Institutionen, die in den Päda-
gogischen Beiräten vertreten sind, unterstützt werden.
...
4. Durchführung
4.1 Die Schülerinnen und Schüler sollen während des
Praktikums Erfahrungen in verschiedenen Tätigkeitsbe-
reichen eines Betriebs sammeln. Dazu gehören auch Be-
sichtigungen der Betriebsabteilungen, in denen sie nicht
unmittelbar tätig sind.
4.2 Sie sollen ihre Erfahrungen und die Ergebnisse
ihrer Beobachtungsaufträge für die persönliche Aus-
wertung und die Nachbereitung in der Schule in
geeigneter Weise dokumentieren.
4.3 Sie werden während des Praktikums durch die Lehrer
betreut und während dieser Zeit wenigstens einmal
besucht.
...
5. Auswertung
Die Auswertung des Praktikums in der Schule hat die
Aufgabe, die gemachten Erfahrungen und die Beobachtungen
zu ordnen und zu klären.
...
Die gemeinsam ausgewerteten Ergebnisse des Prakti-
kums werden in den Unterricht einbezogen und können Grund-
lage für Einzelgespräche mit dem Lehrer und der Berufs-
beratung sein."
Den Zeitpunkt für die Schülerpraktika legte die jeweilige Schule fest. Die in Betracht kommenden Schüler erhielten von ihren Lehrern sog. Praktikumsmappen. In Absprache mit der Schulleitung war jeweils ein Schülerpraktikant einem Mitarbeiter des Warenhauses des Arbeitgebers zugeordnet. Zum Beginn des Praktikums erhielten die Schüler von der Ausbildungsleiterin des Arbeitgebers eine Einführung über die betrieblichen Abläufe. Dabei wurden sie unterwiesen über die Handhabung der Stempelkarten, die Benutzung der Umkleideräume, das Verhalten bei Unfällen und bei Feuer- und Bombenalarm sowie die Regelungen über Arztbesuche und Personalkäufe. Außerdem gab die Ausbildungsleiterin auch einen Überblick über Geschichte, Aufbau und Zweck des Unternehmens.
In der Aufnahme dieser Schülerpraktikanten sieht der Betriebsrat eine Eingliederung dieser Personen in den Betrieb des Arbeitgebers und damit eine mitbestimmungspflichtige Einstellung i.S. von § 99 BetrVG. Sie verrichteten dieselben Arbeiten, wie sie auch eigene Arbeitnehmer des Arbeitgebers, nämlich Verkäuferinnen, Dekorateure und Auszubildende ausführten. So habe ein Schülerpraktikant einmal allein eine Fachabteilung betreut. Die Tätigkeiten im Verkauf seien folgende:
- Absortieren von Waren im Lager
- Sortieren und Einräumen von Waren in der Abteilung
- Auspacken von Waren
- Auszeichnen von Waren
- Beseitigung von leeren Kartons und anderem Verpackungs-
material
- Ware zwecks Versand in andere Filialen verpacken und zur
Absendestelle bringen
- Bedienen der Kunden
- Preisnachlässe für Kunden mit der Führungskraft ab-
sprechen
- Kundenbestellungen aufnehmen
- verkaufte Ware für den Versand bereitstellen
- Warenbestellungen aufnehmen
- Säubern von Regalen und Warenträgern
- Material aus der Materialverwaltung holen
- Fernschreiben zur Aufgabe bringen und abholen
- Wechselgeld im Kundendienstbüro holen
- Fotokopien anfertigen
Die Tätigkeiten in der Dekorationsabteilung seien folgende:
- Unter Anleitung in der Malerei Schilder drucken
- Deko-Lager aufräumen
- Deko-Materialien und Vorrichtungen auspacken
- Verpackungsmaterial, unbrauchbares Material und Abfälle
beseitigen
- Schaufenster unter Anleitung ausräumen
- Schaufensterfiguren entkleiden
- die Fensterware nach Abteilungen sortieren und an die
Abteilungen zurückgeben. Dabei die Rückgabe im Fenster-
buch bestätigen lassen und die Originalbelege mitnehmen
- Glühlampen für den Fensterdienst beim Elektriker holen
- Katalog auf Pappe kleben, einrahmen und ins Schaufenster
legen
- Fensterware aufstapeln (Frottierware, Bettwäsche und
Attrappen stecken; Pullover, Blusen, T-Shirts usw. auf
Stapelhilfe ziehen; Socken auf Sockenbeine aufziehen;
Strümpfe auf Strumpfbeine aufziehen)
- Taschen und Rucksäcke mit Seidenpapier ausstopfen
- Deko-Material säubern
- Fensterware mit Bügeln versehen (z.B. Bettwäsche,
Blusen, T-Shirts usw.)
- Perücken kämmen
- die Vollständigkeit der Schaufensterfiguren kontrollieren
- Material für das Fenster aus der Dekorationsabteilung
holen (Schleifenband, Fensterschuhe, Pappe, Seiden-
papier usw.).
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
dem Arbeitgeber zu untersagen, ohne seine
Zustimmung und ohne Durchführung des Verfahrens
gemäß § 99 BetrVG Schülerpraktikanten einzustellen.
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Schülerpraktikanten seien nicht in die betriebliche Organisation eingegliedert. Die Praktika hätten den Schülern lediglich bei der Entscheidung über ihre berufliche Zukunft helfen sollen. Die Schüler hätten einen Einblick in das Berufsleben der im Einzelhandel beschäftigten Arbeitnehmer bekommen. Sie hätten Gelegenheit gehabt, den Mitarbeiter, dem sie zugewiesen seien, bei seiner Tätigkeit intensiv zu beobachten. Die vom Betriebsrat erwähnten Tätigkeiten hätten ausschließlich ihre Mitarbeiter verantwortlich ausgeführt, wenn auch nicht auszuschließen sei, daß die Schülerpraktikanten gelegentlich freiwillige Handreichungen gemacht hätten.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter, während der Arbeitgeber um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.
Der Antrag genügt den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch im Beschlußverfahren muß der Streitgegenstand nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so genau bezeichnet werden, daß die eigentliche Streitfrage selbst mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Juni 1986, BAGE 52, 160, 164 f. = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B II 2 der Gründe). Die gerichtliche Entscheidung nach § 23 Abs. 3 BetrVG und damit auch der darauf gerichtete Antrag des Betriebsrats müssen daher so bestimmt sein, daß der Arbeitgeber der Entscheidung unschwer entnehmen kann, welches Verhalten ihm aufgegeben worden ist (Senatsbeschluß vom 17. März 1987 - 1 ABR 65/85 - AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, zu B III 1 der Gründe). Inhaltliche Fragen der Pflichten nach § 99 Abs. 1 BetrVG sind zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Der Arbeitgeber stellt in Abrede, bei der Aufnahme von Schülerpraktikanten überhaupt Verpflichtungen nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu haben. Der Betriebsrat vertritt den entgegengesetzten Standpunkt. Damit ist Gegenstand des Rechtsstreits allein die Frage, ob die Rechte des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der Aufnahme von Schülerpraktikanten ausgeschlossen sind. Diese Frage kann nach dem Antrag bejahend oder verneinend entschieden werden.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist nicht begründet.
1. § 101 BetrVG schließt den Anspruch des Betriebsrats auf künftige Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte nach § 23 Abs. 3 BetrVG nicht aus. Dies hat der Senat im Beschluß vom 17. März 1987 (aaO, zu B II der Gründe) näher begründet.
2. Der Arbeitgeber hat seine Pflichten nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der Aufnahme von Schülerpraktikanten i.S. von § 23 Abs. 3 BetrVG nicht grob verletzt. Die Aufnahme der Schülerpraktikanten bedurfte nicht der Zustimmung des Betriebsrats.
a) Das Landesarbeitsgericht hat Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Aufnahme von Schülerpraktikanten mit der Begründung abgelehnt, die Schüler hätten während ihres Praktikums nicht wie die sonstigen Arbeitnehmer zu arbeiten, vielmehr habe ihr Einsatz vorrangig schulischen Charakter. Dies gehe insbesondere auch aus dem Runderlaß des nordrhein-westfälischen Kultusministers vom 26. Mai 1987 über das "Schülerpraktikum in der Sekundarstufe I" (GABl. NW. S. 320) hervor. Der Betriebsrat habe nicht dargelegt, daß der Arbeitgeber von den im Runderlaß zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen vorliegend abgewichen sei. Es habe für die Praktikanten tatsächlich keine Rechtspflicht bestanden, für den Betriebsinhaber zu arbeiten und seinen Anweisungen zu folgen. Die Schülerpraktikanten hätten auch nicht vorrangig den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs verwirklicht. Im Vordergrund habe vielmehr der Zweck der persönlichen Information über einen Teil der sozialen Wirklichkeit gestanden, die den Schülern bislang aus eigener Anschauung nicht bekannt gewesen sei. Daß aus der Menge der Praktikanten der jeweilige Schüler auch einmal eine von dem Betriebsrat geschilderte Tätigkeit verrichte, nehme dem Einsatz noch nicht das schulische Gepräge.
b) Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung.
Nach der Entscheidung des Senats vom 15. April 1986 (BAGE 51, 337 = AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972), von der auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, liegt eine nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Einstellung dann vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. An dieser Rechtsprechung hat der Senat in späteren Entscheidungen festgehalten (Beschluß vom 16. Dezember 1986 - 1 ABR 52/85 - AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972; Beschluß vom 18. April 1989 - 1 ABR 97/87 - zur Veröffentlichung vorgesehen) und diese in dem Beschluß vom 1. August 1989 (- 1 ABR 54/88 - AP Nr. 68 zu § 99 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) dahingehend präzisiert, daß maßgebend ist, ob die von diesen Personen zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes zu dienen bestimmt ist und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muß. Darauf, ob und gegebenenfalls von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeit gegeben werden, kommt es nicht an.
c) Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landesarbeitsgericht zu Recht verneint. Die von den Schülerpraktikanten zu verrichtende Tätigkeit ist ihrer Art nach keine weisungsgebundene Tätigkeit, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes des Arbeitgebers zu dienen bestimmt ist. Der Einsatz der Schülerpraktikanten dient in erster Linie der persönlichen Information über einen Teil der sozialen Wirklichkeit, um den Schülern ihre Ausbildungs- und Berufswahl zu erleichtern; der Einsatz soll zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Arbeits- und Berufswelt führen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt der Umstand, daß die Schülerpraktikanten in einem geringfügigen Umfang auch Tätigkeiten wie die Arbeitnehmer des Betriebes ausführen, noch nicht dazu, daß ihr Einsatz zu einer ihrer Art nach weisungsgebundenen Tätigkeit wird, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes zu dienen bestimmt ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die der Betriebsrat mit zulässigen Rügen nicht angegriffen hat, fehlte dem Einsatz der Schülerpraktikanten, auch wenn sie einzelne Handreichungen machten und nach außen so wirkten, als fungierten sie zeitweilig als Verkäufer oder Dekorateure, nicht das im einzelnen dargelegte schulische Gepräge. Eine weisungsgebundene Tätigkeit lag danach nicht vor, da für die Schülerpraktikanten eine Rechtspflicht, für den Betriebsinhaber zu arbeiten und seinen Anweisungen Folge zu leisten, nicht bestand.
d) Die Aufnahme der Schülerpraktikanten kann auch nicht als Beschäftigung zum Zwecke der Berufsausbildung und aus diesem Grunde als Einstellung angesehen werden. Eine Beschäftigung zur Ausbildung setzt nicht voraus, daß durch diese Beschäftigung der Betriebszweck selbst schon unmittelbar verwirklicht wird. Eine zustimmungsbedürftige Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG liegt daher auch dann vor, wenn Personen im Betrieb für eine in Aussicht genommene Beschäftigung eine Ausbildung erhalten, ohne die eine solche Beschäftigung nicht möglich ist; auch dabei kommt es nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis sie während der Ausbildung zum Betriebsinhaber stehen (Beschluß vom 3. Oktober 1989 - 1 ABR 68/88 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und das Vorbringen der Beteiligten geben aber keine Anhaltspunkte dafür, daß die Aufnahme der Schülerpraktikanten eine Beschäftigung zum Zwecke ihrer Berufsausbildung zum Inhalt haben sollte. Voraussetzung für eine Berufsausbildung im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG ist es gerade, daß eine Eingliederung des Auszubildenden in den Betrieb des Ausbilders vorliegt und keine lediglich schulische, sondern eine zumindest auch betrieblich-praktische Unterweisung erfolgt, in der der Auszubildende auch beruflich aktiv tätig ist (vgl. BAGE 36, 363, 367 = AP Nr. 26 zu § 5 BetrVG 1972, unter III 4 c der Gründe). Die nur informatorische Besichtigung des Betriebs oder das bloße Zuschauen bei der betrieblichen Arbeitsleistung anderer Arbeitnehmer des Betriebs genügt nicht (Beschluß des Siebten Senats vom 25. Oktober 1989 - 7 ABR 1/88 - zu B I 3 der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Aufnahme der Schülerpraktikanten erfolgte vorliegend aber gerade nicht für eine Beschäftigung zum Zwecke der Berufsausbildung, sondern mit dem Ziel, den Schülern eine kritische Auseinandersetzung mit der Arbeits- und Berufswelt zu ermöglichen und ihnen damit verbunden eine Hilfestellung für die spätere Berufswahl zu geben.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Weinmann Paschen
Fundstellen
DB 1990, 2124-2125 (LT1) |
EBE/BAG 1990, 143-144 (LT1) |
AiB 1991, 121 (LT1) |
BetrVG, (3) (LT1) |
EzB BetrVG § 99, Nr 9 (LT1) |
NZA 1990, 896-897 (LT1) |
RdA 1990, 316 |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1), Nr 80 |
AR-Blattei, ES 1740 Nr 3 (LT1) |
AR-Blattei, Volontär und Praktikant Entsch 3 (LT1) |
EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 88 (LT1) |