Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bei unternehmenseinheitlicher Telefonvermittlungsanlage
Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich der Einführung und konkreten Nutzung einer unternehmenseinheitlichen Telefonvermittlungsanlage steht das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat zu.
Normenkette
BetrVG 1972 § 53 Abs. 2, § 76 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 1997 – 18 TaBV 101/96 – aufgehoben.
Das Verfahren wird zur anderweiten Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen des Bankgewerbes mit bundesweit 47 Einzelbetrieben, in denen jeweils ein Betriebsrat besteht. Antragsteller ist der von den Betriebsräten gebildete Gesamtbetriebsrat. Er war von 35 der 47 Einzelbetriebsräten beauftragt worden, mit der Arbeitgeberin über eine Betriebsvereinbarung zur Einführung und zum Betrieb von Telefonvermittlungsanlagen des Typs HICOM zu verhandeln. Da die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat sich über die Modalitäten der Nutzung der Telefonanlage nicht einigen konnten, rief die Arbeitgeberin die Einigungsstelle an. Diese stimmte in der Sitzung vom 19. Juni 1996 über die Entwürfe der Beteiligten ab. Auf den von der Vorsitzenden zunächst zur Abstimmung gestellten Entwurf des Gesamtbetriebsrats entfielen die drei Stimmen der vom Gesamtbetriebsrat bestellten Einigungsstellenmitglieder; Gegenstimmen zum Entwurf des Gesamtbetriebsrats wurden nicht festgestellt. Eine Gegenabstimmung erfolgte nicht. Für den anschließend zur Abstimmung gestellten Entwurf der Arbeitgeberin wurden ebenfalls drei Stimmen abgegeben. Nachdem von den Beteiligten keine weitere Beratung gewünscht wurde, stellte die Vorsitzende den Entwurf der Arbeitgeberin nochmals zur Abstimmung, der mit den Stimmen der von der Arbeitgeberin bestellten Beisitzer und der Vorsitzenden angenommen wurde und dem Gesamtbetriebsrat am 25. Juni 1996 als Spruch der Einigungsstelle zugestellt wurde.
Der Gesamtbetriebsrat hat diesen Spruch für unwirksam gehalten. Er hat die Auffassung vertreten, bereits die erste Abstimmung habe mangels Gegenstimmen der Arbeitgeberseite zur Annahme seines Entwurfs geführt. Darüber hinaus sei der Spruch auch deshalb rechtsunwirksam, weil die Einigungsstelle die Grenzen ihres Ermessens überschritten habe. Der Spruch berücksichtige die Interessen der Arbeitnehmer nicht, sondern eröffne die Möglichkeit einer allgemeinen Überwachung der Arbeitnehmer, ohne daß hierfür eine Notwendigkeit bestehe. Das Grundrecht der persönlichen Freiheit und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz seien nicht beachtet worden. Zweitinstanzlich hat der Gesamtbetriebsrat zusätzlich die Ansicht vertreten, die Einigungsstelle habe außerhalb ihrer Zuständigkeit gehandelt.
Mit seinem beim Arbeitsgericht am 5. Juli 1996 eingegangenen Antrag hat der Gesamtbetriebsrat beantragt
festzustellen, daß der Spruch der Einigungsstelle vom 9. Juni 1996 zur Einführung und zum Betrieb von Telefonvermittlungsanlagen des Typs HICOM unwirksam ist.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat den Gesamtbetriebsrat für zuständig gehalten, da die Notwendigkeit einer unternehmensweit einheitlichen Gestaltung der Telefonanlagen bestehe. Das Ziel eines vernetzten bankweiten Telefonsystems mit zentraler Kostenüberwachung und zentraler Netzsteuerung aller bankinternen Telefongespräche könne nur erreicht werden, wenn in allen Betrieben Telefonanlagen installiert seien, deren Konfiguration einheitlich ausgerichtet sei. Nur so könne sichergestellt werden, daß die anonymisierten Daten aufbereitet und verarbeitet werden könnten. Der Einsatz von Telefonvermittlungsanlagen des Typs HICOM diene der Vereinheitlichung des Telekommunikationsstandards und der Telefonkostenoptimierung, insbesondere bezogen auf zukünftig konkurrierende Netzbetreiber. Darüber hinaus ergebe sich die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats auch aus abgeleitetem Recht durch die Beauftragung einzelner örtlicher Betriebsräte. Im übrigen sei der Spruch der Einigungsstelle ordnungsgemäß zustande gekommen und auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Gesamtbetriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihm auf die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Der Gesamtbetriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zu Unrecht verneint und damit den Spruch der Einigungsstelle mit rechtsfehlerhafter Begründung als rechtsunwirksam angesehen. Ob der Spruch der Einigungsstelle wegen Ermessensüberschreitung (§ 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG) rechtsunwirksam ist, kann der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das Verfahren war daher an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war der Gesamtbetriebsrat für den Abschluß der vorliegenden Betriebsvereinbarung gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG originär zuständig, so daß aus diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle bestehen. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob der Gesamtbetriebsrat auch kraft Delegation gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG zuständig war.
1. Bei der Einführung und dem Betrieb einer Telefonanlage handelt es sich hierbei um eine nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtige Angelegenheit. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Die Telefonanlage des Typs HICOM ist eine technische Einrichtung, die auch dazu bestimmt ist, das Verhalten und/oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Die Überwachung besteht darin, daß die Anlage auf technischem Wege Leistungsdaten, z.B. die Zahl und die Dauer von Telefonaten, bezogen auf einzelne Arbeitnehmer erfaßt und zu Aussagen über Verhalten und/oder Leistung des Arbeitnehmers verarbeitet (vgl. BAG Beschluß vom 30. August 1995 – 1 ABR 4/95 – BAGE 80, 366, 371 = AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, zu B I 1 der Gründe). Dies ist unter den Beteiligten nicht im Streit.
2. Das Landesarbeitsgericht hat die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats und damit der unter seiner Beteiligung gebildeten Einigungsstelle im wesentlichen mit der Begründung verneint, die Einführung eines einheitlichen Telefonsystems im gesamten Unternehmen der Arbeitgeberin sei nicht zwingend erforderlich. Selbst bei Unterstellung eines originären Mitbestimmungsrechts des Gesamtbetriebsrats hinsichtlich der Entscheidung, welche Telefonanlage zum Einsatz kommen solle, folge hieraus noch nicht die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Art und Weise der konkreten Nutzung.
3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Gemäß § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Letzteres ist nicht nur bei Angelegenheiten anzunehmen, deren Regelung den Einzelbetriebsräten objektiv unmöglich ist. Zuständig ist der Gesamtbetriebsrat auch dann, wenn ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder jedenfalls betriebsübergreifende Regelung besteht, wobei auf die Verhältnisse des einzelnen Unternehmens und der konkreten Betriebe abzustellen ist (BAG Beschluß vom 30. August 1995 – 1 ABR 4/95 – BAGE 80, 366, 372 = AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, zu B I 2 b der Gründe, m.w.N.). Die bloße Zweckmäßigkeit einer einheitlichen Regelung oder das Koordinationsinteresse des Arbeitgebers allein genügt jedoch nicht (BAG Beschluß vom 6. Dezember 1988 – 1 ABR 44/87 – BAGE 60, 244, 252 = AP Nr. 37 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, zu III 2 der Gründe; BAG Urteil vom 26. Januar 1993 – 1 AZR 303/92 – AP Nr. 102 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 b aa der Gründe, m.w.N.). Auch das Verlangen des Arbeitgebers kann eine einheitliche Regelung nur dann notwendig machen, wenn der Arbeitgeber allein unter diesen Voraussetzungen zu der regelungsbedürftigen Maßnahme bereit ist und insoweit mitbestimmungsfrei entscheiden kann, z.B. bei Gewährung freiwilliger Zulagen. Dagegen kann der Arbeitgeber nicht schon dadurch die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats begründen, daß er bei seiner mitbestimmungspflichtigen Entscheidung eine betriebsübergreifende Regelung verlangt. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist zwingend (BAG Beschluß vom 30. August 1995 – 1 ABR 4/95 – BAGE 80, 366, 372 = AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, zu B I 2 b der Gründe).
4. Nach diesen Maßstäben ist eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats im vorliegenden Fall gegeben.
a) Die Regelung betrifft zum einen eine überbetriebliche Angelegenheit. Die Arbeitgeberin plant die unternehmenseinheitliche Einführung und Nutzung von Telefonvermittlungsanlagen des Typs HICOM. Die mit diesem System verfolgten Ziele wie Kostenoptimierung und zentrale Servicefunktion sollen auf der gesamten Unternehmensebene erreicht werden.
b) Zum anderen besteht ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder jedenfalls betriebsübergreifende Regelung. Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner gegenteiligen Würdigung die Komplexität der Telefonvermittlungsanlage des Typs HICOM sowie den Umfang der von der Arbeitgeberin geplanten Nutzung verkannt. Die Arbeitgeberin bezweckt mit der Telefondatenverarbeitung nicht lediglich festzuhalten, welche Kosten die einzelnen Arbeitnehmer durch Privatgespräche verursachen. Eine solche Regelung könnte in der Tat auch von den Einzelbetriebsräten getroffen werden. Mit der Telekommunikationsanlage des Typs HICOM soll jedoch ein unternehmensweit vernetztes Telefonsystem mit zentraler Kostenüberwachung und der Möglichkeit zur einheitlichen Steuerung geschaffen werden. Anhand einer zentralen Kosten- und Streckennutzungsanalyse soll unternehmenseinheitlich entschieden werden, welche zukünftigen Wege der Telekommunikation nach der Beendigung des Telefonvermittlungsmonopols der Telekom genutzt werden, um die erheblichen Telefonkosten im Unternehmen zu optimieren. Diese Zwecksetzung der Kostenoptimierung ist in § 4 Abs. 2 sowie § 7 Abs. 3 des Einigungsstellenspruchs festgehalten. Dieses Ziel kann nur mit einer einheitlichen Telefonanlage erreicht werden, da eine Auswertung der entsprechenden Streckennutzungen und anfallenden Kosten nur bei einer unternehmensweiten Vernetzung möglich ist.
c) Auch der mit der Telefonanlage verfolgte technische Zweck der Arbeitgeberin, eine zentrale Steuerung des Telefonsystems mit einer filialweiten Rufweiterschaltung auch zu Zeiten außerhalb der Schalter- bzw. Bürostunden sowie eine einheitliche Servicenummer im gesamten Bundesgebiet einzurichten, erfordert ein standortübergreifendes Telekommunikationssystem. Für eine selbständige automatische Verarbeitung der Daten ist die Kompatibilität der einzelnen Datenerhebungssysteme zwingend erforderlich. Eine unterschiedliche Ausgestaltung des Telefonanlagensystems in den einzelnen Betrieben ließe sich mit diesen Zielen und der Funktion des Systems nicht vereinbaren. Die Einführung der Telefonanlage betrifft damit alle Betriebe des Unternehmens gleichermaßen und kann nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb der Betriebe geregelt werden.
d) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Gesamtbetriebsrat auch für die Regelung der konkreten Nutzung der Telefonvermittlungsanlage des Typs HICOM zuständig. Bei der Einführung eines unternehmenseinheitlichen Telefonsystems ist die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht nur für die Regelung zur Einführung der Telefonanlage, sondern auch für die nähere Ausgestaltung der Nutzung gegeben. Die durch die Anlage eröffneten Überwachungsmöglichkeiten, die das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG begründen, folgen aus Art und Beschaffenheit der verwendeten Geräte und Programme. Da diese ihrerseits durch die unternehmenseinheitlich zu erfüllenden Aufgaben bestimmt sind, ist auch das Mitbestimmungsrecht betriebsübergreifend auszuüben (vgl. BAG Beschluß vom 30. August 1995 – 1 ABR 4/95 – BAGE 80, 366, 373 = AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, zu B I 2 b der Gründe). Daher umfaßt die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht nur die Kompetenz zum Abschluß von Rahmenvereinbarungen, sondern auch die Kompetenz zur näheren Ausgestaltung der örtlichen Nutzung der Telekommunikationsanlage.
II. Der Spruch der Einigungsstelle ist auch formal ordnungsgemäß zustande gekommen. Ein Verfahrensfehler liegt nicht vor. Verfehlt ist insbesondere die Auffassung des Gesamtbetriebsrats, sein Vorschlag sei aufgrund der Tatsache, daß für diesen in der ersten Abstimmungsrunde drei Mitglieder ausdrücklich mit „Ja”, aber keines ausdrücklich mit „Nein” gestimmt hat, von der Einigungsstelle angenommen worden, so daß für eine Abstimmung über den Vorschlag der Arbeitgeberin kein Raum mehr gewesen sei.
1. Das Verfahren vor der Einigungsstelle ist im Betriebsverfassungsgesetz nicht abschließend geregelt. § 76 Abs. 3 BetrVG schreibt lediglich die mündliche Beratung, die Abstimmung, den Abstimmungsmodus und die Niederlegung sowie die Zuleitung der Beschlüsse vor. Darüber hinaus befinden sich im Gesetz keine Regelungen über das Verfahren vor der Einigungsstelle; insoweit bestimmt vielmehr die Einigungsstelle ihr weiteres Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen selbst (BAG Beschluß vom 18. Januar 1994 – 1 ABR 43/93 – BAGE 75, 261, 263 = AP Nr. 51 zu § 76 BetrVG 1972, zu II 1 der Gründe).
2. Nach diesen Maßstäben bestehen vorliegend hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung des Einigungsstellenverfahrens keine Bedenken. Nachdem eine Einigung der Beteiligten nicht erzielt werden konnte, stellte die Vorsitzende der Einigungsstelle jeweils deren Vorschläge zur Abstimmung. Sowohl auf den zunächst zur Abstimmung gestellten Entwurf des Gesamtbetriebsrats wie auch auf den Entwurf der Arbeitgeberseite entfielen jeweils drei Ja-Stimmen. Insoweit ist es verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, daß die Vorsitzende nicht ausdrücklich nach Nein-Stimmen gefragt hatte. Zwar ist auch eine Stimmenthaltung der Beisitzer zulässig und die Stimmenthaltung nicht als „Nein-Stimme” zu werten (BAG Beschluß vom 17. September 1991 – 1 ABR 23/91 – BAGE 68, 277, 285 = AP Nr. 59 zu § 112 BetrVG 1972, zu B A I der Gründe), doch haben sich die Beisitzer der Arbeitgeberseite vorliegend nicht der Stimme enthalten. Die Beisitzer der Arbeitgeberseite haben mit ihrer Stimmabgabe für ihren Entwurf konkludent den Vorschlag des Gesamtbetriebsrats abgelehnt. Der Wille der Mitglieder der Einigungsstelle ist in der ersten Abstimmung deutlich zum Ausdruck gekommen. Die Beisitzer jeder Seite beharrten endgültig auf ihrem Standpunkt. Für keinen der zur Abstimmung gestellten Entwürfe konnte eine Stimmenmehrheit erzielt werden.
3. Insbesondere ist auch der Gesamtbetriebsrat selbst erkennbar davon ausgegangen, daß sein Vorschlag in der ersten Abstimmungsrunde abgelehnt worden war. Dies wird vor allem daraus deutlich, daß der Gesamtbetriebsrat, ohne Einspruch zu erheben, an der zweiten Abstimmungsrunde teilgenommen hat. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, daß er selbst nicht von der Annahme seines zur Abstimmung gestellten Entwurfs ausgegangen ist. Erst nachdem die zweite Abstimmung nicht zur Zufriedenheit des Gesamtbetriebsrats verlaufen ist, vielmehr die Mehrheit der Stimmen auf den Vorschlag der Arbeitgeberseite entfiel, berief sich der Gesamtbetriebsrat auf einen angeblichen Verfahrensfehler.
III. Der Senat kann allerdings nicht abschließend entscheiden, ob der Spruch der Einigungsstelle auch inhaltlich rechtswirksam ist, insbesondere ob die Einigungsstelle gemäß § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG die Grenzen billigen Ermessens eingehalten hat. Da sich das Landesarbeitsgericht mit dieser Frage noch nicht befaßt hat, fehlen hierzu jegliche tatsächlichen Feststellungen. Diese Feststellungen kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht selbst treffen. Auch aus dem übereinstimmenden Sachvortrag kann der Senat insbesondere nicht zuverlässig beurteilen, inwieweit Regelungen des angefochtenen Spruchs unangemessen in berechtigte Belange der Arbeitnehmer eingreifen bzw. zur Wahrung berechtigter Interessen der Arbeitgeberin erforderlich sind. Das Verfahren war daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Schmidt, Dr. Koch, Hökenschnieder
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 11.11.1998 durch Siegel, Amtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1999, 1327 |
DB 1999, 1457 |
FA 1999, 233 |
NZA 1999, 947 |
RdA 1999, 359 |
SAE 1999, 251 |
ZTR 1999, 383 |
AP, 0 |
K&R 2000, 262 |