Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung. Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband. Auslegung einer Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede
Leitsatz (amtlich)
Macht ein tarifgebundener Arbeitgeber in einer von ihm formulierten Bezugnahmeklausel die Anwendbarkeit tariflicher Bestimmungen ausdrücklich davon abhängig, dass diese für ihn „verbindlich” sind, bringt er damit in der Regel mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass mit der Klausel nur die Gleichstellung nicht tarifgebundener Arbeitnehmer mit Gewerkschaftsmitgliedern bezweckt wird.
Orientierungssatz
1. Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es einem tarifgebundenen Arbeitgeber als Klauselverwender möglich, eine Gleichstellungsabrede im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, die seine Tarifgebundenheit zur Bedingung für die Anwendbarkeit der Tarifverträge macht.
2. Die Rechtsordnung verlangt aber von dem Verwender allgemeiner Vertragsbedingungen, dass das Regelungsziel für den Vertragspartner mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt. Für die Annahme einer Gleichstellungsabrede bedarf es bei nach dem 1. Januar 2002 geschlossenen Arbeitsverträgen nicht der ausdrücklichen Nennung der entsprechenden Normen des Tarifvertragsgesetzes in der Klausel.
3. Die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers als Bedingung für die Anwendbarkeit des jeweiligen Tarifvertrags kann im Sinne einer Gleichstellungsabrede schon dann deutlich genug zum Ausdruck kommen, wenn in der Bezugnahmeklausel vereinbart ist, dass die Bestimmungen näher bezeichneter Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommen sollen, soweit sie für den Arbeitgeber verbindlich sind.
Normenkette
BGB § 305c Abs. 2, § 613a Abs. 1 S. 1; TVG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 4
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. November 2016 – 6 Sa 110/16 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf ihr Arbeitsverhältnis und daraus folgende Vergütungsansprüche der Klägerin.
Die Beklagte betreibt Duty-Free-Shops an Flughäfen. Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Firma H, in NordrheinWestfalen beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag vom 26. Mai 1992 finden sich ua. die folgenden Regelungen:
„1. |
Der Mitarbeiter wird ab dem 01.05.1992 für H als |
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Verkäuferin/Kassiererin |
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tätig. |
… |
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3. |
Es gelten die Bestimmungen der für den Einsatzort einschlägigen Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel – soweit sie für H verbindlich sind – sowie etwaige Betriebsvereinbarungen/ -ordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung. |
… |
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6. |
Der Mitarbeiter wird in die Gehaltsgruppe II, Stufe 3-5 des geltenden Gehaltstarifvertrages eingestuft (Tarifgehalt derzeit DM 2.706.–). Die Vergütung (nachfolgend kurz: Gehalt) wird monatlich nachträglich auf ein vom Mitarbeiter einzurichtendes Konto gezahlt. |
…” |
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Der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei Vertragsbeginn noch geltende Gehaltstarifvertrag ua. zwischen dem Einzelhandelsverband Nordrhein e.V. und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im DGB sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft vom 21. Juni 1991 (im Folgenden GTV 1992) enthielt in § 3 (Beschäftigungsgruppen) unter Buchst. B folgende Regelungen:
Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit Beispiele:
VerkäuferIn
KassiererIn mit einfacher Tätigkeit
…
Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordern.
Beispiele:
Erster VerkäuferIn
…
KassiererIn mit gehobener Tätigkeit
…
3. bis 5. Jahr der Tätigkeit |
DM 2.706,00 |
…”
Unter dem Datum des 7. Januar 2002 trafen die Parteien unter der Überschrift „Ergänzung des Arbeitsvertrages vom 26. Mai 1992” die folgenden Vereinbarungen:
- „In der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. März 2002 reduzieren wir Ihre monatliche Arbeitszeit von derzeit 163,0 Stunden auf 120,0 Stunden. Rechtzeitig vor Ablauf der drei Monate werden wir in einem gemeinsamen Gespräch darüber entscheiden, ob Sie für einen weiteren Monat 120 Stunden arbeiten werden
Analog zu Ihrer neuen monatlichen Arbeitszeit kürzen sich Ihre monatlichen Bezüge wie folgt:
Tarifgehalt G II nach dem 5. Tätigkeitsjahr |
EUR |
1.610,80 |
Essengeld brutto |
EUR |
15,83 |
Mankogeld |
EUR |
11,78 |
gesamt |
EUR |
1.638,41 |
- Entsprechend Ihrer monatlichen Arbeitszeit kürzen wir das Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld und Ihren Urlaubsanspruch.
- Alle übrigen Punkte behalten weiterhin ihre Gültigkeit.”
Für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 2006 schlossen die Parteien am 19. Mai 2006 erneut eine entsprechend formulierte Vereinbarung über die Kürzung der Arbeitszeit.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten trat mit Ablauf des 31. Dezember 2011 aus dem Arbeitgeberverband „Rheinischer Einzelhandels- und Dienstleistungsverband” aus. Die zum 1. Juli 2012 im Gehaltstarifvertrag zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di vom 29. Juni 2011 (im Folgenden GTV 2011) vorgesehene Erhöhung der Vergütung in der Gehaltsgruppe II nach dem 5. Tätigkeitsjahr von monatlich 2.589,00 Euro brutto auf monatlich 2.641,00 Euro brutto gab sie an die Klägerin weiter.
Am 1. Januar 2013 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die nicht tarifgebundenes Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist.
Der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di vereinbarte Tarifvertrag vom 10. Dezember 2013 (im Folgenden TV 2013) sah zum 1. August 2013 eine 3-prozentige Entgelterhöhung in der Gehaltsgruppe II auf monatlich 2.720,00 Euro brutto und zum 1. Mai 2014 eine 2,1-prozentige Erhöhung der Vergütung auf monatlich 2.777,00 Euro brutto vor. Eine weitere 2,5-prozentige Tariferhöhung erfolgte ab dem 1. August 2015 auf monatlich 2.848,00 Euro brutto. Die Beklagte zahlte der Klägerin unverändert ein monatliches Entgelt iHv. 2.641,00 Euro zuzüglich einer Reinigungspauschale, vermögenswirksamen Leistungen, Essens- sowie Mankogeld.
Die Klägerin wies außergerichtlich mit Schreiben vom 10. Februar 2014 auf die letzten beiden Tariflohnerhöhungen sowie darauf hin, dass die Erhöhungen in ihrer Gehaltsabrechnung von Januar 2014 nicht berücksichtigt worden seien. Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Juni 2015 machte sie erfolglos die Weitergabe von Tariflohnerhöhungen geltend.
Mit ihrer der Beklagten am 24. Juli 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt noch die monatliche Differenz zwischen dem ihr gezahlten Gehalt iHv. 2.641,00 Euro und dem Entgelt der Gehaltsgruppe II (ab dem 5. Tätigkeitsjahr) des jeweils aktuellen Gehaltstarifvertrags für die Zeit vom Februar 2014 bis November 2015 eingeklagt. Sie hat die Ansicht vertreten, arbeitsvertraglich sei eine Bezugnahme auf den jeweils gültigen Tarifvertrag vereinbart worden und nicht lediglich eine Gleichstellung mit tarifgebundenen Arbeitnehmern beabsichtigt gewesen, was die Regelung zur Eingruppierung verdeutliche. Durch die Vereinbarungen in den Jahren 2002 und 2006 sei die Bezugnahmeregelung im Übrigen erneut zum Gegenstand der Willensbildung der Parteien gemacht worden, weshalb keine Vermutung gelte, dass bei Verbandsaustritt des Arbeitgebers zukünftige Tarifverträge nicht mehr zur Anwendung kommen sollten.
Nach einer teilweisen Klagerücknahme hat die Klägerin zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.097,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab 1. Dezember 2015 ein Entgelt nach der Gehaltsgruppe G II (nach 5 Jahren der Tätigkeit) gemäß den zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regelungen der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1992 enthalte zur Anwendung der Tarifverträge für den Einzelhandel eine Gleichstellungsklausel.
Der Gleichstellungszweck ergebe sich bereits hinreichend deutlich aus dem Wortlaut der Klausel. Diese rechtliche Einordnung habe sich durch die Vereinbarungen in den Jahren 2002 und 2006 nicht verändert. Aufgrund des Austritts der Rechtsvorgängerin aus dem Arbeitgeberverband habe auch die Geltung der Bezugnahmeklausel ihr Ende gefunden. Jedenfalls habe die Dynamik mit dem Betriebsübergang geendet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen.
I. Die Klageanträge sind zulässig. Insbesondere ist der Feststellungsantrag zu 2. in der zuletzt gestellten Fassung hinreichend bestimmt.
1. Wird mit der Klage die Feststellung begehrt, dass ein bestimmter Tarifvertrag auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung findet (vgl. zur grds. Zulässigkeit solcher Elementenfeststellungsklagen BAG 22. Oktober 2008 – 4 AZR 784/07 – Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165), ist dieser Tarifvertrag so im Antrag zu benennen, dass keine Zweifel darüber bestehen, welcher Tarifvertrag gemeint ist. Nur dann ist zuverlässig erkennbar, worüber das Gericht eine Sachentscheidung erlassen soll. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verbindlichkeit eines Tarifvertrags in der „jeweils gültigen” Fassung – oder wie hier in der „zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden” Fassung – festgestellt werden soll. Es muss zweifelsfrei feststehen, welchem Tarifvertrag welcher Tarifvertragsparteien nach dem in der Vereinbarung einer vertraglichen Verweisungsklausel zum Ausdruck kommenden Willen der Arbeitsvertragsparteien die Arbeitsbedingungen folgen sollen (BAG 25. Januar 2017 – 4 AZR 517/15 –). Diese Zuweisung erfolgt tarifvertragsbezogen und damit bei einer dynamischen Verweisungsklausel auch auf die Folgetarifverträge, die die jeweiligen konkreten Tarifvertragsparteien – und nur diese – vereinbaren. An die Tarifverträge anderer Tarifvertragsparteien wollten die Arbeitsvertragsparteien sich mit einer dynamischen Verweisungsklausel nicht binden, wenn es hierfür nicht besondere Anhaltspunkte gibt (vgl. zB BAG 6. Juli 2011 – 4 AZR 706/09 – Rn. 39, BAGE 138, 269).
2. Die Klägerin hat klargestellt, dass sich ihr Antrag nur auf die Anwendbarkeit der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Tarifverträge für die Beschäftigten des Einzelhandels NRW bezieht. Im Einklang hiermit hatte sie den zwischen diesen Tarifvertragsparteien unter dem 10. Dezember 2013 abgeschlossenen Tarifvertrag bereits mit der Klageschrift als Anlage zur Gerichtsakte gereicht und den bezifferten Klageantrag zu 1. auf dessen Grundlage berechnet.
II. Die Klageanträge sind jedoch unbegründet. Die Beklagte ist nach den zwischen ihrer Rechtsvorgängerin und der Klägerin getroffenen vertraglichen Vereinbarungen, die gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unverändert übergegangen sind, nicht verpflichtet, eine Vergütung gemäß der Gehaltsgruppe II (nach dem 5. Tätigkeitsjahr) der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen und nach dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Gehaltstarifverträge zu zahlen. Die Beklagte hat die streitigen Entgeltansprüche der Klägerin für den Zeitraum vom Februar 2014 bis November 2015 daher bereits vollständig erfüllt (§ 362 BGB).
1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es keines Rückgriffs auf die – widerlegbare – Vermutungsregel zu Gleichstellungsabreden bei sogenannten Altverträgen (vgl. BAG 23. Februar 2011 – 4 AZR 536/09 – Rn. 17 f. mwN) bedarf. Es kann deshalb im Ergebnis offenbleiben, ob es sich bei dem Arbeitsvertrag, der dem Arbeitsverhältnis der Parteien zugrunde liegt, aufgrund der Änderungsvereinbarungen vom 7. Januar 2002 und vom 19. Mai 2006 um einen sog. Neuvertrag im Sinne der jüngeren Rechtsprechung des Senats (vgl. BAG 7. Dezember 2016 – 4 AZR 414/14 – Rn. 29 ff. mwN) handelt. Auch die Anwendung der Auslegungsgrundsätze bei Neuverträgen führt nicht zu einer Anwendbarkeit der Entgelttarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung.
Die Parteien haben in ihrem Arbeitsvertrag eine ausdrückliche Gleichstellungsabrede vereinbart. Die Auslegung des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien vom 26. Mai 1992, dessen Wortlaut in den Ziffern 3 und 6 durch die Änderungsvereinbarungen in den Jahren 2002 und 2006 unverändert geblieben ist, ergibt, dass die einschlägigen Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel nur dann in ihrer jeweils geltenden Fassung zur Anwendung kommen sollen, wenn die Arbeitgeberin ihrerseits an diese Tarifverträge iSd. TVG gebunden ist. Es handelt sich um eine nur bedingte zeitdynamische Verweisung.
a) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind (zu den Maßstäben sh. nur BAG 14. Dezember 2011 – 4 AZR 28/10 – Rn. 29 mwN). Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr. vgl. BAG 7. Dezember 2016 – 4 AZR 414/14 – Rn. 21 mwN). Das gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – Rn. 24, BAGE 122, 74).
b) Eine Gleichstellungsabrede im Sinne einer nur bedingten zeitdynamischen Verweisung auf Tarifverträge setzt voraus, dass die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden ist. Dies ist – auch bei nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossenen Neuverträgen – jedenfalls dann anzunehmen, wenn bereits im Wortlaut der Klausel mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, dass die Anwendung der Tarifverträge von der Tarifbindung des Arbeitgebers abhängig ist (vgl. BAG 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – Rn. 26, 28, BAGE 122, 74; 18. November 2009 – 4 AZR 514/08 – Rn. 22, BAGE 132, 261; vgl. auch JKOS/Oetker 2. Aufl. § 6 Rn. 202).
c) Dies ist vorliegend der Fall.
aa) Im Wortlaut kommt der Gleichstellungszweck jedenfalls dann ausreichend zum Ausdruck, wenn die einschlägigen Gesetzesvorschriften in die Bezugnahmeklausel aufgenommen werden (vgl. BAG 23. September 2009 – 4 AZR 331/08 – Rn. 38, BAGE 132, 169; 21. Oktober 2010 – 4 AZR 396/08 – Rn. 52, jew. unter Hinweis auf die Formulierungsvorschläge von Jacobs FS Birk S. 243, 261 ff. und Olbertz BB 2007, 2737, 2740, sh. auch Jacobs BB 2011, 2037, 2041). Die Aufnahme der Normen des TVG zur Tarifbindung ist jedoch für die Vereinbarung einer Gleichstellungsabrede nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber, der die Klausel vorformuliert, den Zweck und die Folgen der Regelung ausreichend zum Ausdruck bringt (vgl. die Formulierungsvorschläge bei Giesen NZA 2006, 625, 630; Lingemann in Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht 6. Aufl. Kap. 2 M 2.2 Nr. 5; Thüsing/Braun/Reufels Tarifrecht 2. Aufl. 8. Kap. Klausel 2 zu Rn. 52; sh. auch bereits Hanau/Kania FS Schaub S. 239, 261; Thüsing/ Lambrich NZA 2002, 1361, 1368).
bb) Mit dem Vorbehalt in Ziffer 3 des Anstellungsvertrags „soweit sie für H verbindlich sind” hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Tarifgebundenheit an den in Bezug genommenen Tarifvertrag in hinreichend erkennbarer Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht, auch wenn die Folgen der Beendigung der Tarifbindung in der Klausel nicht ausdrücklich beschrieben werden. Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht lässt insofern keinen Rechtsfehler erkennen.
(1) Das Wort „soweit” schränkt die im vorangegangenen Satzteil aufgestellte Aussage ausdrücklich ein. Erkennbar soll die Geltung der Bestimmungen der für den Einsatzort einschlägigen Tarifverträge im Einzelhandel unter eine Bedingung gestellt werden. Sind die Voraussetzungen der Bedingung nicht erfüllt, sollen die Tarifverträge nicht „gelten”. Insofern ist es unschädlich, dass die Rechtsfolgen des Wegfalls der Bedingung nicht noch einmal ausdrücklich formuliert sind.
(2) Auch die Bedingung selbst ist inhaltlich hinreichend klar formuliert. Zwar wird nicht der Begriff „tarifgebunden” verwandt. Durch das Wort „verbindlich” wird aber zum Ausdruck gebracht, dass eine Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin iSd. TVG Voraussetzung für die Anwendung der Tarifverträge sein soll. Das Wort „verbindlich” wird synonym gebraucht zu „bindend” oder „verpflichtend” (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl.). Voraussetzung ist mithin eine unabhängig vom Arbeitsvertrag bestehende Bindung der Arbeitgeberin an den fraglichen Tarifvertrag. Die Tarifgebundenheit ist gesetzlich in § 3 TVG geregelt, danach sind tarifgebunden die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. Zudem erfassen nach § 5 Abs. 4 TVG mit ihrer Allgemeinverbindlicherklärung die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
(3) Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die vertraglichen Bezugnahmeregelungen auch nicht widersprüchlich oder intransparent. Insbesondere besteht kein Widerspruch zwischen den Ziffern 3 und 6 des Arbeitsvertrags. Durch die Formulierung „geltenden” Gehaltstarifvertrags nimmt der Arbeitsvertrag in Ziffer 6 auf die gesamte Regelung in Ziffer 3 Bezug. Ziffer 6 enthält erkennbar keine eigene konstitutive Bezugnahme auf die Tarifverträge des Einzelhandels. Die Klausel regelt vielmehr ausdrücklich nur die Einstufung in den Tarifvertrag, wenn er nach Ziffer 3 gilt.
(4) Schließlich kann auch in dem Inhalt der Lohnabrechnungen kein Indiz für eine unbedingte zeitdynamische Verweisung gesehen werden. Eine Lohnabrechnung stellt regelmäßig nur eine Wissens- und keine rechtsgestaltende Willenserklärung dar (vgl. BAG 10. März 1987 – 8 AZR 610/84 – zu I 4 b aa der Gründe, BAGE 54, 242; AR-Kolbe 8. Aufl. § 108 GewO Rn. 2). Im Übrigen handelte es sich bei dem abgerechneten Entgelt auch der Höhe nach um das Tarifentgelt. Wodurch mit der Entgeltabrechnung bei der Klägerin die Erwartung geweckt worden sein soll, auch zukünftige Erhöhungen des Tarifentgelts zu erhalten, erklärt die Revisionsbegründung nicht.
(5) Vor diesem Hintergrund hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass für die Anwendung der Zweifelsfallregelung in § 305c Abs. 2 BGB kein Raum ist. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung nach den einschlägigen Auslegungsregeln zu nicht behebbaren Zweifeln führt (BAG 17. Oktober 2007 – 4 AZR 812/06 – Rn. 23; JKOS/Oetker 2. Aufl. § 6 Rn. 232). Dies ist hier auch deshalb nicht der Fall, weil es an einer ernsthaft in Betracht kommenden anderen Bedeutung der Klausel fehlt. Insbesondere kann – entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts – nicht angenommen werden, es solle auch auf die vertragliche Bindung an die Tarifverträge im ersten Halbsatz ankommen. Durch die Einleitung mit dem Wort „soweit” wird deutlich gemacht, dass es sich gerade um eine Ausnahme zur Regelung im ersten Halbsatz handeln soll.
2. Die hinsichtlich der Dynamik der Verweisung vereinbarte auflösende Bedingung ist eingetreten. Die Tarifgebundenheit der Rechtsvorgängerin der Beklagten endete aufgrund ihres Austritts aus dem Arbeitgeberverband zum 31. Dezember 2011. Insoweit bestand lediglich noch eine Nachbindung gem. § 3 Abs. 3 TVG an die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tarifverträge, nicht jedoch eine Tarifgebundenheit an die nach diesem Zeitpunkt vereinbarten Tarifverträge. Die nach dem 31. Dezember 2011 vereinbarten Gehaltstarifverträge für den Einzelhandel in NRW, auf die die Klägerin ihre Ansprüche stützt, kamen im Arbeitsverhältnis nach § 3 des Arbeitsvertrags damit nicht zur Anwendung.
3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten nach ihrem Austritt aus dem Arbeitgeberverband noch eine tarifliche Gehaltserhöhung an die Klägerin weitergegeben hat. Hierin liegt nicht das konkludente Angebot, abweichend von § 3 des Anstellungsvertrags unabhängig von ihrer Tarifbindung zukünftig alle Tariflohnerhöhungen weiterzugeben (sh. zu den Voraussetzungen des Entstehens einer entsprechenden betrieblichen Übung BAG 9. Februar 2005 – 5 AZR 284/04 – Rn. 20 f. mwN). Dies behauptet die Klägerin selbst nicht.
4. Auch nachdem das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 1. Januar 2013 auf die Beklagte übergegangen und die Bezugnahmeklausel nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden war, kamen diese Tarifverträge nicht zur Anwendung. Die Beklagte ist nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat OT-Mitglied im Arbeitgeberverband Rheinischer Einzelhandelsund Dienstleistungsverband. Damit ist sie an die Gehaltstarifverträge, auf die die Klägerin ihren Anspruch stützt, nicht gebunden iSd. § 3 TVG (vgl. BAG 21. Januar 2015 – 4 AZR 797/13 – Rn. 16 ff. mwN, BAGE 150, 304). Die Tarifverträge sind auch nicht nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Eylert, Creutzfeldt, Klose, Redeker, Bredendiek
Fundstellen
Haufe-Index 11373570 |
BAGE 2018, 351 |
BB 2017, 2996 |
BB 2018, 125 |
DB 2017, 7 |