Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertarifliche Ausgleichszahlung. Gleichbehandlung
Orientierungssatz
Die auf den Zeitpunkt der Weisung zu weiteren Strukturveränderungen rückwirkende Verbesserung tariflicher Leistungen im Zusammenhang mit dem freiwilligen Ausscheiden der Angehörigen des Zivilpersonals der Bundeswehr widerspricht nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Arbeitnehmer, die vor diesem Zeitpunkt ausgeschieden sind, haben keinen Anspruch auf die erhöhte Ausgleichszahlung.
Normenkette
Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 § 11 iVm. dem Erlass des Bundesministers der Verteidigung vom 5. November 2004
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 29. November 2006 – 3 Sa 278/06 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine übertarifliche zusätzliche Ausgleichszahlung.
Der 1947 geborene Kläger war seit dem 22. November 1966 als Zivilkraftfahrer bei der Beklagten im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung beschäftigt. Er erhielt durchschnittlich 2.617,00 Euro brutto monatlich.
Die beklagte Bundesrepublik Deutschland legte mit dem Kabinettsbeschluss vom 14. Juni 2000 “Die Bundeswehr auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Eckpfeiler für eine Erneuerung von Grund auf” unter anderem fest, dass das zivile Personal auf 80.000 bis 90.000 Mitarbeiter reduziert werden sollte. Seit dem Jahr 2001 verringerte und verkleinerte sie kontinuierlich Dienststellen und strukturierte diese um. Weiterhin modernisierte und privatisierte sie Aufgaben. Damit verbunden war ein Personalabbau. Um diesen sozialverträglich und ohne den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen zu gestalten, vereinbarten die Tarifvertragsparteien am 18. Juli 2001 den “Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr” (im Folgenden: TV UmBw). Auch die Aufgaben der Zivilkraftfahrer wurden privatisiert. Die Bw-Fuhrparkservice GmbH übernahm die Zivilkraftfahrer und den Fuhrpark der Beklagten und erfüllte anschließend selbständig unternehmerisch alle Transportaufgaben der Beklagten. Nachdem der Kläger signalisiert hatte, vorzeitig auszuscheiden, wurde sein Arbeitsplatz nicht in die neue Gesellschaft verlagert, sondern ersatzlos gestrichen.
Gem. § 11 TV UmBw konnte bei Wegfall des Arbeitsplatzes unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2006 im Rahmen der hierfür festzulegenden Höchstzahl ein Verzicht auf die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung vereinbart werden. Statt der Vergütung sollte der Arbeitnehmer eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 72 % des bisherigen Einkommens erhalten.
Hierauf gestützt schlossen die Parteien am 27. November 2002 eine Vereinbarung, wonach der Kläger ab dem 1. Dezember 2002 bis zum Rentenbezug von der Arbeitsleistung gegen Zahlung von 72 % des letzten Bruttogehaltes freigestellt wurde.
Am 1. Oktober 2003 erließ der Bundesminister der Verteidigung eine “Weisung für die Weiterentwicklung für die Bundeswehr”, in der es heißt:
Lage
I. Die laufende Reform der Bundeswehr gründet sich auf weitreichende Entscheidungen aus den Jahren 2000/2001
– Mit Kabinettsbeschluss vom 14.06.2000 “Die Bundeswehr auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Eckpfeiler für eine Erneuerung von Grund auf” wurden die operativen Vorgaben für Art, Anzahl, Dauer der Einsätze, der Umfang des militärischen (277.000 ohne Wehrübungsplätze) und zivilen (80.000 bis 90.000) Personals, die Anzahl der Einsatzkräfte im Verhältnis zu der Militärischen Grundorganisation sowie die Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr beschlossen.
– Mit dem “Ressortkonzept Stationierung” vom 16.02.2001 wurden Stationierungskriterien festgelegt …
2. …
Die internationale Lage hat sich signifikant weiterentwickelt:
Die Bedrohungslage hat sich verändert. Vor allem die Anschläge auf das World Trade Center in New York und auf das Pentagon in Washington am 11. September 2001 haben dies deutlich gemacht.
Der weltweite Kampf gegen den internationalen Terrorismus steht im Mittelpunkt der militärischen Planung. …
3. Die Bedingungen der Auslandseinsätze haben sich hinsichtlich Anzahl, Art und Dauer erheblich verändert. …
4. Der Verteidigungshaushalt sieht für den Epl. 14 bis zum Jahr 2006 24,25 Mrd. € jährlich und für das Jahr 2007 25,2 Mrd. € vor.
Wir sind mit der Reform weit voran gekommen. Das Attraktivitätsprogramm ist erfolgreich umgesetzt. Die Umstrukturierung sowohl im militärischen wie im zivilen Bereich ist weit fortgeschritten. Die Bw-Fuhrparkservice GmbH und die LH Bw-Bekleidung GmbH sind im Public Private Partnership erfolgreich, die g.e.b.b. bewährt sich.
Dennoch steht die Bundeswehrplanung nicht mehr im Einklang mit der finanziellen Gesamtsituation.
…
6. Mit den heutigen, an teilweise überholten Aufgaben ausgerichteten Strukturen und dem dringend modernisierungsbedürftigen Zustand von Material und Ausrüstung können die Anforderungen der Einsätze auf Dauer nicht erfüllt werden. Ziel ist es, die Investitionsquote des Verteidigungshaushalts zu erhöhen.
…
Handlungsbedarf
8. Unter diesen dargestellten Rahmenbedingungen sind zur Vermeidung der aufgezeigten Gefährdungen und Einschränkungen für Einsätze und Betrieb weitreichende Entscheidungen erforderlich.
9. Die durchzuführenden Einschnitte beeinflussen sich wechselseitig und zwingen zu einer synchronisierten Veränderung aller Bestimmungsgrößen. …
10. Folgende Veränderungen sind notwendig und unabdingbar:
…
– Struktur und Organisation müssen von der Leitung bis zur untersten Organisationseinheit im militärischen und im zivilen Bereich noch konsequenter gestrafft und auf die Unterstützung der Einsätze ausgerichtet werden.
…
– Die Reduzierung des Umfangs des militärischen und des zivilen Personals ist unumgänglich. Sie bringt eine deutliche Senkung der Betriebskosten und vermag Handlungsspielraum zu schaffen. Damit verbunden sind Absenkungen bei den korrespondierenden übrigen Betriebsausgaben.
– Eine Umfangsreduzierung hat Auswirkungen auf die Anzahl der Standorte. …
Zeitplan
12. Bis zum Ende des Jahres muss ich alle grundlegenden Entscheidungen so treffen können, dass auf dieser Grundlage ein langfristig tragfähiger Bundeswehrplan 2005 und darauf aufbauend der Haushalt 2005 mit dem 38. Finanzplan erarbeitet werden können.
Die getroffenen Entscheidungen leiten die langfristige Planung ein und werden in den konzeptionellen Folgedokumenten weiterentwickelt. Sie wirken sich aber im Wesentlichen nicht sofort aus, vor allem nicht auf den Haushalt 2004. Die laufende Reform kann bis 2007 mit Modifikationen fortgesetzt werden.
Die Implementierung und Umsetzung der Entscheidungen wird in sinnvollen Schritten erfolgen. Die wesentlichen Effekte sind ab 2007/2008 zu erwarten. …
Weisung
13. Ich bitte Herrn Generalinspekteur als den Gesamtverantwortlichen für die Bundeswehrplanung,
…
Zusätzliche Vorgaben hierfür sind:
– Die Ausformung der Bundeswehr wird einen Personalumfang von 250.000 für die Soldatinnen und Soldaten (ohne Reserve) haben, der bis 2010 zu erreichen ist. Der Umfang der Dienstposten für zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Streitkräften ist entsprechend anzupassen.
…
16. Darüber hinaus bitte ich Herrn Sts B…,
• bis Ende November 2003 in Zusammenarbeit mit Herrn Sts Dr. E… eine knapp gehaltene Struktur- und Organisationsplanung vorzulegen, in der der zukünftige Umfang der zivilen Organisationsbereiche umgesetzt wird,
• bis April 2004 einen Vorschlag für die Ausgestaltung des zivilen Personalumfangs der Bundeswehr von 75.000 Dienstposten bis 2010 und der für die Umsetzung erforderlichen Instrumente vorzulegen,
…
Dieser Erlass war mit dem Vermerk “VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH” versehen.
Am 5. November 2004 erließ der Bundesminister der Verteidigung Folgendes:
“Bundesminister Dr. Struck hat am 2. November 2004 die Standortentscheidungen bekanntgegeben. Durch die nachfolgenden Organisationsentscheidungen Anfang kommenden Jahres nimmt die Transformation der Bundeswehr organisatorisch konkrete Gestalt an. Militärische und zivile Dienststellen werden aufgelöst, verlegt, umstrukturiert oder neu eingerichtet.
Der damit einhergehende “Rückzug aus der Fläche” sowie die bereits mit Ministerweisung vom 1. Oktober 2003 entschiedene Zielgröße für das zivile Personal von 75.000 Dienstposten/Haushaltsstellen bis zum Jahre 2010 erfordert alle Anstrengungen bei der sozialverträglichen Umsetzung der Stationierungsentscheidungen.
Um diese Ziele in dem vorgegebenen Zeitrahmen realisieren zu können, wurden über die im TV UmBw zur Verfügung stehenden Instrumente hinaus weitere Anreize geschaffen. … Darüber hinaus finden folgende im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Finanzen getroffene ergänzende übertarifliche Regelungen Anwendung:
…
III.
Zusätzliche Einmalzahlung bei Inanspruchnahme der Härtefallregelung nach § 11 TV UmBw
Bei Inanspruchnahme der Härtefallregelung nach § 11 TV UmBw wird zusätzlich eine Einmalzahlung gewährt. Die Höhe der Einmalzahlung ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen
1. dem nach § 11 Abs. 2 TV UmBw (72 %) ermittelten Produkt aus Ausgleichszahlung im Basismonat und der Laufzeit der Härtefallregelung in Monaten
und
2. dem in gleicher Weise ermittelten Produkt auf der Basis von 80 %.
Formel: …
…
IV.
Zeitliche Geltungsdauer der übertariflichen Maßnahmen
Vorstehende übertarifliche Regelungen gelten bis auf Widerruf für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze nach dem 30. September 2003 im Sinne des § 1 Abs. 1 TV UmBw weggefallen sind bzw. wegfallen werden, soweit die übrigen tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sie gelten nicht für ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die nach dem 30. September 2003 unter Zahlung einer Abfindung nach § 9 TV UmBw ausgeschieden sind.
…”
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 verlangte der Kläger die Zahlung einer Ausgleichszahlung in Höhe des Differenzbetrages von 8 %, was die Beklagte ablehnte. Am 2. Dezember 2005 erhob er die vorliegende Klage.
Der Kläger ist der Ansicht, sein Anspruch beruhe auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum Arbeitnehmer, die nach dem 30. September 2003 und vor dem 5. November 2004 von der Vereinbarung nach § 11 TV UmBw Gebrauch gemacht hätten, nachträglich durch den Erlass vom 5. November 2004 begünstigt würden, der Kläger jedoch ausgeschlossen werde. Ein Mitarbeiter, der zwischen dem 30. September 2003 und dem 5. November 2004 von der Härtefallregelung ohne Kenntnis der beabsichtigten Neuregelung Gebrauch gemacht habe, habe die Aufstockungszahlung nachträglich erhalten. Die gewählte Stichtagsregelung sei willkürlich. Wenn die Beklagte geltend mache, dass sie damit einen attraktiveren Anreiz über die tarifliche Härtefallregelung hinaus dafür bieten wollte, Mitarbeiter zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung zu bewegen, könne dieser Zweck bei bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern nicht erreicht werden. Die Weisung vom 1. Oktober 2003 sei keine neue unternehmerische Entscheidung, die die Ungleichbehandlung rechtfertige. Es handele sich vielmehr um eine nahtlose Fortsetzung der vorher stattgefundenen Umstrukturierungsmaßnahmen aus dem Jahre 2000. Dies sei auch der Weisung selbst zu entnehmen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 23.468,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2005 zu zahlen.
Die Beklagte begründet ihren Klageabweisungsantrag damit, dass der sachliche Grund für die gewählte Stichtagsregelung darin bestehe, dass durch den Erlass vom 1. Oktober 2003 eine neue Organisationsentscheidung getroffen worden sei, in dem das zivile Personal über die bereits angestrebte Zahl von 80.000 bis 90.000 Personen hinaus noch weiter auf 75.000 Dienstposten bis zum Jahre 2010 reduziert werden sollte. Dies beruhe auf der Weiterentwicklung der internationalen Lage seit dem Jahr 2000 und den darauf fußenden Entscheidungen der NATO. Auch die Rückwirkung auf den 1. Oktober 2003 sei sachlich begründet. Das späte Datum des Einführungserlasses für die Aufstockungszahlung vom 5. November 2004 sei nur dem behördenintern erforderlichen langen Abstimmungsbedarf zwischen den verschiedenen beteiligten Ministerien geschuldet. Es hätte im Gegenteil einer zusätzlichen sachlichen Begründung bedurft, wenn die in der Zwischenzeit ausgeschiedenen Arbeitnehmer nur die geringere Härtefallregelung in Anspruch hätten nehmen können. Die durch die Neustrukturierung zu erwartende Verbesserung der Leistungen habe Mitarbeiter zu einem vorzeitigen Ausscheiden motivieren können unabhängig davon, ob die konkrete Aufstockungsleistung bereits per Erlass festgelegt sei. Wäre die Rückwirkung nicht beschlossen worden, hätte dies im Gegenteil extrem demotivierend gewirkt, da bei zukünftigen Maßnahmen kein Arbeitnehmer mehr freiwillig ausgeschieden wäre, weil er hätte befürchten müssen, durch eine “frühzeitige” Vereinbarung aus dem Kreis der später Begünstigten ausgeschlossen zu werden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem nunmehr noch streitigen Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, die sie für unzulässig und unbegründet hält.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Aufstockungszahlung, da sein Arbeitsplatz vor dem 30. September 2003 weggefallen sei. Die Beklagte habe nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Die Stichtagsregelung habe sich am gegebenen Sachverhalt orientiert und sei vertretbar. Sachgrund für die im Erlass vom 5. November 2004 festgelegte Rückwirkung auf die Zeit nach dem 30. September 2003 sei die Weisung des Verteidigungsministers vom 1. Oktober 2003 gewesen. Insofern handele es sich nicht nur um eine schlichte Fortsetzung einer alten Umstrukturierungsentscheidung aus dem Jahre 2000, sondern sei vergleichbar mit einer neuen unternehmerischen Entscheidung zu einer Betriebsänderung mittels Personalabbau. Die Beklagte habe die von dieser neuen Weisung erfassbaren Mitarbeiter zu einer eigenen einheitlichen Sachgruppe zusammengefasst. Mehrere tausend zusätzliche Mitarbeiter hätten dazu bewogen werden sollen, sozialverträglich freiwillig auszuscheiden. Der Sachgrund für die Gruppenbildung, nämlich die mit dem 1. Oktober 2003 geplante weitere Personalreduzierung, habe den Stichtag geradezu bedingt, wollte die Beklagte nicht Gefahr laufen, von den auf Grund der Weisung des Verteidigungsministers vom 1. Oktober 2003 zum vorzeitigen Ausscheiden motivierten und bereits zwischen dem 1. Oktober 2003 und dem 5. November 2004 ausgeschiedenen Arbeitnehmern in Anspruch genommen zu werden. Zwar habe die Anreizwirkung ihren Schwerpunkt in der Zukunft, gleichwohl sei die Rückwirkung auf dem 1. Oktober 2003 nicht willkürlich. Die zusätzlichen Anreize hätten bereits seit dem 1. Oktober 2003 im Raum gestanden und seien sodann monatelang verhandelt worden. Auch hierdurch bestehe bereits eine latente Anreizfunktion. Ob jeder Mitarbeiter, der die individuelle Entscheidung zum Abschluss eines Freistellungsvertrages geschlossen habe, gewusst habe, dass er “hinzugewinnen” könne, sei unbeachtlich. Die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei objektiv zu beurteilen und nicht von subjektiven Voraussetzungen abhängig.
B. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
I. Die Revision ist entgegen der Ansicht der Beklagten zulässig. Insbesondere setzt sich der Kläger ausreichend mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils auseinander (§ 551 Abs. 3 ZPO). Über den Umfang und Zweck der Revision bestehen nach der Begründung keine Zweifel. Der Kläger legt im Einzelnen dar, warum er meint, dass die Erwägungen des angefochtenen Urteils unrichtig seien (BAG 29. Oktober 1997 – 5 AZR 624/96 – BAGE 87, 41). Gegenstand und Richtung der Revisionsangriffe sind erkennbar, die Rechtsfehler des Berufungsurteils werden aufgezeigt. Diese bestehen nach Ansicht des Klägers in der Verkennung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
II. Die Revision ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte höhere Ausgleichszahlung aus § 11 TV UmBw iVm. Ziff. III des Erlasses des Bundesministers der Verteidigung vom 5. November 2004.
1. Der Anspruch setzt voraus, dass der Arbeitsplatz des Klägers nach dem 30. September 2003 weggefallen ist. Dies ist nicht der Fall.
2. Auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann der Kläger seinen Anspruch nicht herleiten.
a) Da die Beklagte Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt hat, ist ihr Handeln am Gebot der Gleichbehandlung zu messen. Dabei ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung unzulässig. Eine Gruppenbildung ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung der Personenkreise keine billigenswerten Gründe gibt (BAG 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29). Die Differenzierungsgründe, dh. die Gründe für die Ungleichbehandlung, müssen auf vernünftigen einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürften nicht gegen verfassungsrechtliche oder sonstige übergeordnete Wertentscheidungen verstoßen (BAG 21. August 2007 – 3 AZR 269/06 –). Die Grenze zur Willkür wird durch eine Regelung nicht schon dann überschritten, wenn die getroffene Lösung nicht die zweckmäßigste und vernünftigste ist, sondern erst dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für die Regelung nicht finden lässt (BAG 18. April 2002 – 8 AZR 615/01 – EzA GG Art. 9 Nr. 79).
b) Danach verstößt der Erlass vom 5. November 2004 nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte kann billigenswerte Gründe sowohl für die Differenzierung hinsichtlich der Höhe der Leistung als auch hinsichtlich des durch die Stichtagsregelung begünstigten Personenkreises für sich in Anspruch nehmen.
aa) Die Beklagte hat zunächst insofern eine Gruppenbildung vorgenommen, als sie nicht allen Arbeitnehmern, die auf Grund der Maßnahmen ausschieden, die dem Reduzierungsbeschluss vom 14. Juni 2000 folgten, eine höhere Ausgleichszahlung nach § 11 TV UmBw gewährt hat, sondern nur denjenigen, die auf Grund der angestrebten Reduzierung des Zivilpersonals nach dem Erlass vom 1. Oktober 2003 ausschieden. Dies war sachgerecht. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der zuletzt genannte Personenkreis dabei von einer neuen Strukturentscheidung betroffen war, die nicht lediglich die Maßnahme aus dem Jahre 2000 fortsetzte. Zwar nimmt die Weisung vom 1. Oktober 2003 ausdrücklich auf den Kabinettsbeschluss vom 14. Juni 2000 Bezug, beschreibt jedoch ausführlich die Umstände, die dazu führen, dass die danach getroffenen Maßnahmen nicht ausreichten, um den neuen geschilderten Entwicklungen Rechnung zu tragen. Diese führten dazu, dass die begrenzten Mittel der Bundeswehr entsprechend der neuen Gewichtungen anders eingesetzt werden mussten. Dazu gehörte eine noch weitere Reduzierung des zivilen Personals als im Jahre 2000 beabsichtigt. Auch wenn es im Zeitplan der Weisung vom 1. Oktober 2003 heißt, dass die getroffenen Entscheidungen eine langfristige Planung einleiten sollten, die sich im Wesentlichen nicht sofort auswirken werde, und die laufende Reform bis 2007 mit Modifikationen fortgesetzt werden könne, ist doch bezüglich der Reduzierung des zivilen Personals auf 75.000 Dienstposten bis zum Jahre 2010 ein Vorschlag bis zum April 2004 gefordert worden, der einen der einzuleitenden Schritte darstellen sollte. In diesem Zusammenhang ist es konsequent, sofort einen höheren Anreiz zu einem frühzeitigen Ausscheiden aus dem zivilen Dienst zu schaffen. Diese Gruppenbildung ist demnach nicht sachfremd. Dies sieht letztlich auch der Kläger so, wenn er vorträgt, der Erlass des Ministers der Verteidigung vom 5. November 2004 sei allenfalls dann gerechtfertigt, wenn dieser nur solche Arbeitsverhältnisse erfasse, die nach dem 5. November 2004 freiwillig beendet worden seien.
bb) Auch die Gruppenbildung, die durch die Stichtagsregelung vom 1. Oktober 2003 vorgenommen worden ist, ist nicht zu beanstanden. Stichtagsregelungen sind Ausdruck einer gebotenen pauschalierten Betrachtung und aus Gründen der Praktikabilität ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gerechtfertigt, wenn sich die Wahl der Stichtagsregelung am gegeben Sachverhalt orientiert und demnach vertretbar ist (BAG 25. Juni 2003 – 4 AZR 405/02 – BAGE 106, 374). Daran gemessen ist die Wahl des Stichtags vom 1. Oktober 2003 nicht willkürlich, sondern sachgerecht.
Ob eine vorgenommene Differenzierung sachgerecht ist und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, ist immer am Zweck der Leistung zu messen, der sich aus ihren Voraussetzungen und Einschränkungen ergibt. Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe mit der Regelung einen zusätzlichen Anreiz schaffen wollen, vorzeitig aus dem Dienst des zivilen Personals auszuscheiden. Dem Kläger ist zuzugeben, dass dieser Anreiz bei bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern nicht mehr geschaffen werden kann, sofern diese von der Regelung noch nichts wussten. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass sie den Erlass vom 1. Oktober 2003 veröffentlicht hätte. Dagegen spricht sogar, dass er mit dem Vermerk “VS – Nur für den Dienstgebrauch” versehen, also gerade nicht dazu bestimmt war, veröffentlicht zu werden.
Die Beklagte hat sich allerdings darauf bezogen, dass auf Grund der am 1. Oktober 2003 “bekanntgemachten” Weisung für die Weiterentwicklung der Bundeswehr es “allgemein bekannt” gewesen sei, dass die Beklagte für die auf Grund der Weisung neu geplanten Personalreduzierungsmaßnahmen ergänzende und verbesserte finanzielle Förderungen bereitstellen werde, wie sich aus Ziff. 16 ergebe. Die betroffenen Arbeitnehmer hätten daher auch vor Bekanntgabe des Erlasses vom 5. November 2004 von einer verbesserten Förderung ausgehen können. Das Landesarbeitsgericht hat – darauf gestützt – argumentiert, dass nach dem 1. Oktober 2003 schon Einzelheiten der anreizbildenden Maßnahmen “im Raum gestanden” hätten und monatelang verhandelt worden seien. Es geht damit davon aus, dass die Pläne zumindest teilweise nach außen gedrungen sind. Hierin liegt eine Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die der Kläger in seiner Revisionsbegründung nicht in revisionsrechtlich erheblicher Weise angegriffen hat.
Der Kläger hatte den Vortrag der Beklagten in der Weise bestritten, dass jedenfalls sein Kollege J…, als er die Härtefallregelung unterzeichnete, nicht gewusst habe, dass es eine ergänzende und verbessernde finanzielle Förderung geben werde. Es sei nicht ersichtlich, warum in Bezug auf die Beschäftigten, deren Arbeitsplatz nach dem 30. September 2003 entfallen sei, die jedoch eine entsprechende Härtefallregelung abgeschlossen hätten, ein weiterer Anreiz geschaffen werden solle. Damit ist aber nicht bestritten, dass abgesehen von der konkreten Kenntnis des Kollegen J… der Inhalt des Erlasses vom 1. Oktober 2003 und die sich darauf stützenden Maßnahmen bereits in der bundeswehrinternen Öffentlichkeit “durchgesickert” waren. Wenn die Beklagte dann nicht ausschließen konnte, dass Mitarbeiter bereits in Erwartung einer besseren Regelung frühzeitig ihren Arbeitsplatz aufgeben würden, ist es sachgerecht, allen Mitarbeitern, die nach dem 1. Oktober 2003 freiwillig ausschieden, die höhere Leistung zukommen zu lassen. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass es auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Arbeitnehmers, also auch diejenige des Kollegen J…, nicht ankommt.
In diesem Zusammenhang ist es nicht widersprüchlich, wenn die Beklagte argumentiert, dass eine Nichtberücksichtigung der Mitarbeiter, die zwischen dem 1. Oktober 2003 und dem 4. November 2004 ausschieden, möglicherweise dazu geführt hätte, dass auch nach dem 5. November 2004 Mitarbeiter in Erwartung eventuell noch besserer Regelungen zugewartet und die Angebote des frühzeitigen Ausscheidens nicht angenommen hätten.
cc) Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Beklagte den Personenkreis, der nach dem Abschluss des TV UmBw bis zum 30. September 2003 aus dem Kreis des zivilen Personals ausgeschieden ist, unangemessen benachteiligen wollte. Im Gegenteil dürfte es dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung widersprechen, ohne zwingende Notwendigkeit bereits ausgeschiedenen Mitarbeitern noch höhere Leistungen zu gewähren, nur weil später weitere Maßnahmen erforderlich waren.
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Bittelmeyer, Trümner
Fundstellen
ZTR 2008, 317 |
AP, 0 |
EzA-SD 2008, 15 |
EzA |